Das Finanzamt Schweinfurt hat dem Tierschutzverein Haßfurt Stadt und Land e. V. Anfang November die Gemeinnützigkeit widerrufen. Die Folge: Der eingetragene Verein darf seitdem keine Spendenbescheide nach amtlichem Muster mehr ausstellen, die von Finanzämtern als steuerwirksam anerkannt werden. Ein Verstoß dagegen wäre eine Straftat, ist beim Finanzamt zu erfahren. Gegebenenfalls müsste der Verein beziehungsweise der Vorstand für entgangene Steuern haften.
Christian Licha, Vorsitzender des Tierschutzvereins, bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung den Verlust der Gemeinnützigkeit. Der Verein habe keinen Einspruch dagegen erhoben. Damit ist die Entscheidung des Finanzamtes rechtswirksam. Laut Licha habe das Finanzamt Schweinfurt, das für die Vereine im Landkreis Haßberge zuständig ist, seinen Schritt damit begründet, dass es – vor Lichas Amtszeit – im Tierschutzverein „Versäumnisse bei der Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben gab“.
Auf der Internetseite des Tierschutzvereins Haßfurt ist kein Hinweis auf den Widerruf der Gemeinnützigkeit zu finden; der jüngste Eintrag unter „Aktuelles“ ist fast ein Jahr alt. Auf der Facebook-Seite des Vereins ist ebenfalls kein Hinweis zu finden. Dem Registergericht Bamberg, wo der Verein eingetragen ist, wurde die zu ändernde Vereinssatzung ebenfalls noch nicht mitgeteilt. Die hinterlegte Satzung stammt aus dem Jahr 1992, heißt es dort.
Es geht um über 100 000 Euro
Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat, wie berichtet, bereits vor Monaten Anklage erhoben gegen die Betreiber des im Juli 2011 vom Landratsamt zwangsgeschlossenen Haßfurter Tierheims: wegen des Verdachts der Veruntreuung von Geld – laut sicherer Quelle geht es um einen Betrag von deutlich über 100 000 Euro – sowie wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Der bereits angesetzte Prozess vor dem Amtsgericht Haßfurt gegen das ehemalige Betreiberehepaar des Tierheims musste bekanntlich wegen Erkrankung der Angeklagten entfallen. Nach Auskunft des Leitenden Oberstaatsanwalts Bardo Backert (Bamberg) wird es wohl Ende Januar 2013 werden, bis über die vom Gericht vorgeschlagene Umwandlung der Anklage in einen Strafbefehl – schriftlich, ohne Prozesstermin – entschieden werden kann.
Steuerpflichten verletzt
Die bekannt gewordenen Missstände im Tierheim sind neben dem Vorwurf der Veruntreuung offenkundig der Grund, dass der Tierschutzverein nicht mehr als gemeinnützig auftreten darf. Der Leiter des Schweinfurter Finanzamtes, Claus Zeisner, kann, um das Steuergeheimnis nicht zu verletzen, nur allgemeine Auskunft erteilen, wann ein Verein seine Gemeinnützigkeit einbüßt.
Infrage käme ein Verstoß gegen die in der Vereinssatzung festgelegten gemeinnützigen Aufgaben und eine Missachtung der Pflicht, dem Finanzamt alle drei Jahre eine Steuererklärung sowie Tätigkeitsberichte vorzulegen, aus denen die Erfüllung der gemeinnützigen Aufgaben hervorgehen. Erst wenn alles wieder korrekt läuft, so Zeisner, könne ein Verein erneut beantragen, als gemeinnützig eingestuft zu werden.
Beim Tierschutzverein Haßfurt dürften diese Voraussetzungen auf absehbare Zeit nicht erfüllbar sein. Der Verein ist verschuldet. Die Beiträge der circa 100 Mitglieder würden laut des Vorsitzenden Licha vorrangig zum Schuldenabbau verwendet. Für die Verwirklichung der vor über einem Jahr vorgestellte Idee, in Haßfurt eine Tierfutter-Tafel aufzumachen, fehle das Geld. Dennoch wolle sich der Verein weiter „für das Wohlergehen aller Tiere einsetzen“ und Tierheimplätze vermitteln.
Seit Schließung des Haßfurter Tierheims betreut die Tierschutzinitiative (TI) Haßberge im Auftrag des Landratsamtes die Fundtiere im Haßbergkreis, bis ein Tierheim zur Verfügung steht. Ende Dezember läuft der Fundtiervertrag zwischen Landratsamt und TI aus – und wird nach Stand der Dinge nicht verlängert werden. TI-Vorsitzende Britta Merkel begründet dies damit, dass die TI die Fundtiere – aktuell fünf Hunde, 21 Katzen – nicht länger auf ihrem Privatgrundstück in Oberschwappach betreuen kann.
Dies sei von Beginn an als Übergangslösung gedacht gewesen, bis ein Anwesen für ein Tierheim gefunden ist, das die TI, mit Unterstützung des Deutschen Tierschutzbundes, auch führen würde.
Grundstück begutachtet
Laut Merkel waren Verhandlungen über ein passendes Grundstück im Maintal weit fortgeschritten, als sich diese im Herbst zerschlugen. Die „verzweifelte“ Suche nach einem anderen Grundstück seien bislang erfolglos gewesen, schildert die TI-Vorsitzende. Die TI habe das Landratsamt im September informiert, dass sie die Fundtiere nicht länger betreuen wird, falls nicht ein Grundstück für ein Tierheim gefunden wird.
Das zuständige Veterinäramt am Landratsamt bestätigt die missliche Lage, dass die Fundtierbetreuung ab Januar bislang nicht gesichert sei. Das Amt hofft auf eine mögliche kurzfristige Lösung, man habe „mehrere Liegenschaften“ im Auge. An diesem Freitag sollte ein zum Verkauf stehendes Grundstück in Ortsrandlage, im Zehn-Kilometer-Radius um Haßfurt, von Vertretern des Veterinäramts und der TI begutachtet werden; dem äußeren Anschein nach könnte sich das Anwesen für die Einrichtung eines Tierheims eignen.