Großes Interesse an Waffen hatte er schon frühzeitig. Ab 2013 hat ihn dieses dazu verführt, sein großes Hobby „Scheibenschießen“ mit Waffenhandel zu finanzieren. Dazu kaufte er bei einer Firma in der Slowakei zu Deko-Waffen entschärfte alte Waffen. An diesen entfernte er in seiner Werkstatt zwei Bolzen, bohrte die Läufe wieder auf und verwandelte sie so zu scharfen Waffen zurück. Dann verkaufte er die Maschinen-, halb- und vollautomatischen Pistolen, Revolver sowie Munition über versteckte „Darknet“-Plattformen des Internets im In- und europäischen Ausland.
Zwei Jahre lang währte, so die Oberstaatsanwältin, der „schwunghafte Waffenhandel“, doch irgendwann kamen verdeckte Ermittler in England und Deutschland dem 26-Jährigen aus dem Landkreis Main-Spessart auf die Schliche. Ende Januar 2015 nahm ein Sondereinsatzkommando der Polizei den Mechatronik-Stundenten bei einem spektakulären Einsatz in der Fachhochschule (FH) Schweinfurt fest.
Eine Erlaubnis zum Waffenumbau und -handel hatte der Student nie, nicht einmal eine Waffenbesitzkarte. Wegen 20 Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz ist er angeklagt und muss sich seit Donnerstagmorgen vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt verantworten. Zum Prozessauftakt räumte er alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft – bis auf einen Fall – pauschal ein. Das gilt auch für den Verkauf von mehreren Tausend Schuss Munition an Abnehmer in England, Irland, Frankreich, die Niederlande und Deutschland.
Engländer zahlten am besten
Die meisten Aufträge zur Lieferung insbesondere von „Skorpion“-Maschinenpistolen kamen aus England. Engländer hätten am besten bezahlt – 2000 bis 2500 Euro pro Waffe. Viele hätten ihn runtergehandelt bis auf 1500 Euro, erzählt der Angeklagte. Eingekauft habe er sie für 180 bis 250 Euro.
Laut Anklageschrift hat der studentische Waffenbauer und -händler von seiner „Darknet“-Kundschaft innerhalb von zwei Jahren rund 20 000 Euro kassiert – oft allerdings in der Internet-Kunstwährung „Bitcoin“, die starken Schranken unterliege. „Wieviel ich genau verdient habe, weiß ich nicht“, sagt er. Sein Zweitmotiv, neben dem finanziellen Anreiz: „Es war auch der Nervenkitzel und ein angenehmer Ausgleich zum Lernen.“ Seine „Nicknames“ im digitalen Forum lauteten „Max Mustermann“ und Max Mustermann 1“.
Der erste Kunde war laut dem Hauptangeklagten ein Ire, der im dunklen Internet-Forum zehn scharfe „Skorpion“-Maschinenpistolen auf einmal bestellt habe. Dieser habe mit Mitstudenten auf Scheiben schießen wollen. „Woher wollen Sie wissen, dass er damit nicht die IRA wiederbewaffnen wollte?“, fragte der Beisitzer. „Das habe ich nachgegoogelt“, antwortete der Angeklagte, „die (gemeint: IRA) machen nichts mehr.“ Das sorgte für Heiterkeit im Gerichtssaal. Eine bis zwei Stunden habe er für den Waffenumbau gebraucht und jede einzelne vor Versand auf Funktionsfähigkeit getestet, so der 26-Jährige.
Munition vom Vater der Freundin
Munition bekam der Student zum Teil von seinem Schwiegervater in spe, einem 56-jährigen Schlosser aus dem Landkreis Würzburg. Der war legal im Besitz dreier Waffen und gab, wie er nach einigem Drängen vor Gericht einräumte, etwa 2600 Patronen an den Freund seiner Tochter weiter. Der Mann, Vereinsschütze und einst Drittplatzierter bei der Gaumeisterschaft, räumte ein, dass er dem Hauptangeklagten keine Munition hätte geben dürfen. Seine Waffenbesitzkarten sind längst beschlagnahmt. Er muss sich wegen unerlaubten Erwerbs und Überlassens von Munition verantworten.
Der dritte Angeklagte ist ein 25-jähriger FH-Student, der wohl aus Gefälligkeit für den 26-jährigen einige Pakete mit Waffen in seinem Auto aufbewahrt hatte, als dieser eine Wohnungsdurchsuchung befürchtete hatte. Ihm wird Beihilfe zum Waffenhandel vorgeworfen. Für den Prozess sind vier weitere Verhandlungstage angesetzt. Er wird am Montag fortgesetzt.