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SCHWEINFURT
Feuer und Flamme für Schweinfurt
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 02.04.2019 11:35 Uhr

Das Element Feuer spielt in der Geschichte Schweinfurts, insbesondere in der des Rathauses, eine bedeutende Rolle. So war es das Feuer, das überhaupt erst dafür sorgte, dass wir uns mit den Giebelfiguren in ihrer jetzigen Form beschäftigen können. Mussten diese ja nach dem verheerenden Brand 1959 komplett erneuert werden. Anlass genug, um sich mit Feuer, dem Rathaus und vor allem der örtlichen Feuerwehr in Schweinfurt genauer zu befassen. Denn was wäre, wenn heute im Rathaus ein vergleichbarer Brand ausbrechen werden würde?

Am 20. April 1959 sorgte eine Unachtsamkeit für die Katastrophe, bei der der komplette Dachstuhl des Rathauses abbrannte. Das Schweinfurter Tagblatt berichtete damals über den „schwärzesten Tag der Nachkriegsgeschichte in der Chronik der Stadt Schweinfurt“. Bei Schweißarbeiten eines Installateurs setzten sich vermutlich Funken in den Balkenritzen fest. Infolge dessen wurde eine der bedeutendsten Bauten der Stadt zu einem Großteil zerstört. Ein Löschfahrzeug, das damals im Einsatz war, steht auf der ständig besetzten Wache in Schweinfurt. Der Oldtimer, Baujahr 1943, fährt noch, wird aber nicht mehr für Einsätze genutzt.

Viel zu spät alarmiert

„Heute wäre das alles so nicht passiert“, sagt Matthias Belz. Der Brandinspektor und stellvertretende Wachabteilungsleiter der Schweinfurter Feuerwehr steht vor dem geschichtsträchtigen Löschfahrzeug und bestaunt die alte Technik. Mit rund 40 km/h fuhr der Oldtimer 1959 zum Rathausbrand. Die heutigen neuen Löschfahrzeuge können locker doppelt so schnell durch die Straßen brettern. „Wir wären mit der heutigen Ausstattung wesentlich schneller vor Ort gewesen“, so Belz.

Alleine die Alarmierung der Einsatzkräfte dauerte damals ungemein lange. Schon kurz nach 20 Uhr sahen Passanten eine Rauchsäule über dem alten Rathaus aufsteigen. Erst eine gute halbe Stunde nach dem Ausbruch des Brandes wurde die Feuerwehr von einem Taxifahrer verständigt, der beim Vorbeifahren Rauch und Flammen aus dem Dachgeschoss des Renaissance-Gebäudes aufsteigen sah.

„Der gesamte Dachstuhl stand in Flammen“

„Als wir um 20.45 Uhr am Brandplatz ankamen, stand der gesamte Dachstuhl in Flammen“, heißt es im Originaleinsatzbericht von 1959. Laut Brandinspektor Belz wäre ein solch spätes Ausrücken heute undenkbar. Durch automatische Brandmeldeanlagen im Rathaus würden die Einsatzkräfte sofort informiert und innerhalb von zehn Minuten vor Ort sein, erklärt der 56-Jährige. Und nicht nur die Schnelligkeit hätte sich in den letzten knapp 60 Jahren verbessert. „Die Feuerwehrleute trugen damals Hemd, Krawatte und eine einfache Anzugsjacke“, so Belz. Die heutige Brandschutzkleidung sei dagegen für Temperaturen bis zu 800 Grad gerüstet.

Auch die heute selbstverständlichen Atemschutzgeräte waren damals nicht im Einsatz. „Das wäre heute undenkbar“, sagt der Einsatzleiter. Die Brandbekämpfung laufe heutzutage ebenfalls anders als früher ab. „Beim Rathausbrand war die Drehleiter viel weiter weg von den Flammen“, so Belz. Heute hätten die Einsatzkräfte durch die neue Technik und einen speziellen Korb die Möglichkeit, viel näher an den Brandherd zu gelangen und somit effektiver zu löschen.

Drogentote und Selbstmorde

Trotz allen Fortschritts stellt Belz klar, dass ein derartiger Brand in Gebäuden auch heute noch passieren könnte. Der stellvertretende Wachabteilungsleiter weiß wovon er spricht. Er blickt immerhin auf eine fast 30-jährige Feuerwehrkarriere zurück. Einen anderen Beruf könne er sich gar nicht mehr vorstellen. Dennoch hätte die Tätigkeit nicht nur angenehme Seiten. „Die Leichen, die ich gesehen habe, kann ich gar nicht mehr zählen“, sagt er und bedauert, dass immer wieder Drogentote oder Selbstmorde hinter den verschlossenen Türen aufgefunden würden.

Denn die klassischen Brandeinsätze machten nur knapp ein Drittel aller Einsätze aus. „Die meisten Menschen wissen gar nicht, was wir alles machen“, sagt Belz. „Dass wir Menschen helfen oder sie retten wollen, nehmen viele Menschen nicht so wahr.“ Die Uniform hätte einen staatlichen Charakter und würde von vielen abgelehnt.

Keine Frau in Schweinfurt

Aktuell arbeiten 45 Feuerwehrleute im Einsatzdienst der berufsmäßigen Feuerwehr in Schweinfurt. Diese heißt offiziell Freiwillige Feuerwehr mit ständig besetzter Wache. Dennoch ist sie nicht zu verwechseln mit der Freiwilligen Feuerwehr. Als sich Belz in sein Büro begibt, spricht er über die sommerliche Hitze. Diese sorge in Schweinfurt nicht für mehr Brandeinsätze. „Unabhängig von Jahres- und Tageszeit erkenne ich keine Regelmäßigkeiten“, so Belz. Durchschnittlich rückten die örtlichen Einsatzkräfte zu drei Einsätzen am Tag aus, 800 Mal jährlich.

Dann kommt Belz noch mal auf den Rathausbrand von 1959 zu sprechen. „Die Leute haben damals ihr Bestes gegeben. Hundert Jahre zuvor war es noch rückschrittlicher. Wer weiß, wie Feuerwehren in hundert Jahren arbeiten, wahrscheinlich löschen wir dann Feuer mit Drohnen.“

22 Steinfiguren – die Serie

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts standen Kriegerfiguren auf den Rathausgiebeln. Es folgten 100 Jahre ohne Figurenschmuck, ehe nach dem Dachstuhlbrand im April 1959 die Schweinfurter Bürger spendeten. 80 000 Mark kamen zusammen, mit welchen zehn Bildhauer aus Unterfranken für 22 neue Giebelfiguren aus Sandstein bezahlt wurden. Die Putten und Statuen verkörpern Tugenden, die Elemente und Berufe.

Zu jedem Symbol erzählt im Rahmen unserer Sommerserie ein Mitglied der Redaktion eine Geschichte.

Die Schweinfurter Feuerwehr

Die ständige Wache der berufsmäßigen Feuerwehr ist dem Amt für öffentliche Ordnung als Sachgebiet angegliedert.

Die 45 Einsatzkräfte sind Feuerwehrbeamte. In drei Wachabteilungen wird mit jeweils 15 Feuerwehrmännern Dienst geleistet. Davon müssen immer neun Funktionen im 24-Stunden-Dienst besetzt sein. Diese bilden den ersten Lösch- und Rüstzug. Während des 24-Stunden-Schichtdienstes werden neben der ständigen Alarmbereitschaft auch Ausbildung, Dienstsport und Arbeiten, wie Wartung, Prüfung und Reparatur durchgeführt. Das Einsatzgebiet der Schweinfurter Feuerwehr bezieht sich auf das Stadtgebiet, kann aber im Bedarfsfall ausgeweitet werden.

Diese Giebelfigur am Rathaus in Schweinfurt steht für Feuer.
Foto: Anand Anders | Diese Giebelfigur am Rathaus in Schweinfurt steht für Feuer.
Das Löschfahrzeug der Schweinfurter Feuerwehr, Baujahr 1943, war im April 1959 beim Rathausbrand im Einsatz. Heute steht es noch immer auf der Wache.
Foto: Nicolas Bettinger | Das Löschfahrzeug der Schweinfurter Feuerwehr, Baujahr 1943, war im April 1959 beim Rathausbrand im Einsatz. Heute steht es noch immer auf der Wache.
Einsatzleiter Matthias Belz steht stolz vor einem neuen Löschfahrzeug.
Foto: Nicolas Bettinger | Einsatzleiter Matthias Belz steht stolz vor einem neuen Löschfahrzeug.
 
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