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GEROLZHOFEN
Feldarbeit gehört zum Schulleben
Blick in einen Schlafraum der Schule in Kigonsera, die ein Internat ist. Aktuell besuchen 341 Mädchen und Jungen aus allen Teilen des ostafrikanischen Landes am Indischen Ozean die Schule. Sie müssen ein Schulgeld von 350 Euro im Jahr bezahlen. Das ist viel, denn das Durchschnittseinkommen in Tansania beträgt gerade einmal 30 bis 50 Euro im Monat.
Foto: Dorothea weitz | Blick in einen Schlafraum der Schule in Kigonsera, die ein Internat ist. Aktuell besuchen 341 Mädchen und Jungen aus allen Teilen des ostafrikanischen Landes am Indischen Ozean die Schule.
Norbert Finster
Norbert Finster
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:58 Uhr

Celestine Kapinga und Joseph Muringira kommen aus dem Staunen nicht heraus. „Das sieht ja aus wie bei uns eine Universität“, sagt Joseph Muringira beim Anblick der Realschule Gerolzhofen. Er ist der neue Leiter der „Secondary School“ (etwa vergleichbar mit einer Realschule) in Kigonsera im Südwesten von Tansania. Kapinga ist bischöflicher Sekretär und Finanzdirektor der Diözese Mbinga, mit der die Diözese Würzburg seit 1989 eine Partnerschaft betreibt.

Die beiden katholischen Priester waren zu einem Antrittsbesuch in die Partnerschule nach Gerolzhofen gekommen. Der Hintergrund von Muringiras Amtsantritt ist allerdings ein trauriger: Sein Vorgänger im Amt des Schulleiters verunglückte im vergangenen Jahr mit sieben Schülerinnen und Schülern auf der Heimfahrt von der Feldarbeit tödlich.

Als die beiden ihren Rundgang durch die Baulichkeiten beendet hatten, waren sie nicht nur vom Bauwerk, sondern auch von der Organisation und den Schülern begeistert. Einen guten Eindruck machte schon das Schulorchester unter Leitung von Stefan Meusert, das zum Empfang fränkische und bayerische Klassiker vortrug.

Kapinga und Muringira waren aber auch gekommen, um sich für die Unterstützung aus Gerolzhofen zu bedanken. Zuletzt waren 900 Euro nach Kigonsera geflossen. Das Geld stammt zum Teil aus der Kollekte der Zehntklässler beim Abschlussgottesdienst.

Die Gäste berichteten, dass Priester in ihrer Heimat keinerlei Geld bekommen. Sie leben zum einen von Spenden aus der Bevölkerung (meist Naturalien) und müssen zum zweiten oft einem weiteren Beruf nachgehen. Viele von ihnen sind nicht nur Pfarrer, sondern auch Bauern. Eine Kirchensteuer gibt es Tansania nicht. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung sind Katholiken.

Die Partnerschaft der beiden Schulen besteht seit sechs Jahren, berichtet Dorothea Weitz, einst selbst Religionslehrerin an der Realschule in Gerolzhofen und jetzt Personalratsvorsitzende in der Diözese Würzburg.

Während Lehrer und Schüler aus Tansania bereits zu Gast in Gerolzhofen waren, klappte es mit einem Gegenbesuch in Ostafrika bisher noch nicht. Die Partnerschaft wird auf Gerolzhöfer Seite vor allem durch die Religionslehrerinnen Michaela Pfrang und Ute Hußlein gepflegt.

Nach einer kurzen Begegnung im Lehrerzimmer stellten zwei zehnte Klassen den Besuchern eine Menge Fragen, alle auf Englisch. Dabei erfuhren die Schüler, dass an der Schule in Kigonsera das Englische die Unterrichtssprache in allen Fächern ist. In der Diözese wird sonst überwiegend Kisuaheli gesprochen, eine Bantusprache. Der Schultag beginnt mit einem Morgengebet und einem Gottesdienst. Der Unterricht fängt um 7.30 Uhr an und endet um 17 Uhr.

Die Schule in Kigonsera ist als Internat weitgehend autonom. Sie baut selbst Mais und Hülsenfrüchte an, betreibt auch eine kleine Schweinezucht. Dennoch steht Fleisch nur etwa alle vier Wochen auf dem Speisezettel.

Die Schüler müssen in der Landwirtschaft mithelfen. Diese Arbeit gehört zum Schulleben. Auch Ziegeln formt und brennt man an der tansanischen Schule selbst. Sie werden zum Bau neuer Häuser gebraucht.

Aktuell besuchen 341 Mädchen und Jungen aus allen Teilen des Landes am Indischen Ozean die Schule. Sie müssen ein Schulgeld von 350 Euro im Jahr bezahlen. Das ist viel, denn das Durchschnittseinkommen in Tansania beträgt nur 30 bis 50 Euro im Monat. Daher wird auch der größte Teil der Spenden aus Gerolzhofen dazu verwendet, um Kindern aus ärmeren Familien den Schulbesuch zu ermöglichen.

In der Freizeit spielen die Schüler Karten oder tanzen, beantwortete Joseph Muringira eine Frage. Fußball spielt eine große Rolle. Die Schulmannschaft ist von überregionaler Bedeutung. Allerdings kicken die Jungs oft barfuß mit schlechten Bällen auf einem holprigen Sandplatz. Die Tore sind aus krummen, dünnen Stangen zusammengenagelt.

Celestine Kapinga und Joseph Muringira berichten auch, dass der Faire Handel von Kaffee in Deutschland sich deutlich sichtbar auswirke. Die Kaffeebauern erzielen dadurch merklich bessere Einkommen.

Die beiden sind zwar erst seit wenigen Tagen in Deutschland, dennoch wurden sie bereits nach Lieblingsspeisen oder -getränken gefragt. „Bratwurst“, sagt der neue Schulleiter in bestem Deutsch. Und Wein mundet dem bischöflichen Sekretär besonders gut.

Nach dem Unterricht gab es noch einen ökumenischen Gottesdienst in der Gerolzhöfer Erlöserkirche und ein Mittagessen in der Seniorenresidenz. Kapinga und Muringira bleiben noch rund drei Wochen in Deutschland, um sich auch verschiedene andere Einrichtungen in der Diözese Würzburg anzuschauen.

Besuch aus Tansania: Zehntklässler der Gerolzhöfer Realschule stellten Joseph Muringira (Mitte, im Pullunder) und Celestine Kapinga (rechts daneben) viele Fragen. Mit im Bild Dorothea Weitz, die die Besucher durch die Diözese begleitet, und die Gerolzhöfer Religionslehrerinnen Michaela Pfrang und Ute Hußlein (rechts vorne, von links).
Foto: Norbert Finster | Besuch aus Tansania: Zehntklässler der Gerolzhöfer Realschule stellten Joseph Muringira (Mitte, im Pullunder) und Celestine Kapinga (rechts daneben) viele Fragen.
 
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