„Dass die Besen fliegen können, das ist bei uns nicht, das ist natürlich blöd“, meint der neunjährige Liam. Aber sonst – alles fast wie bei Harry Potter. Die Kinder der Klasse 3b der Auen-Grundschule in Schweinfurt spielen Quidditch, die Besen-Reitsportart aus der magischen Welt des wohl berühmtesten Zauberlehrlings von allen. Weil das ziemlich ungewöhnlich ist, ist sogar ein Fernsehteam der ZDF-Kindernachrichten „Logo“ vorbeigekommen. Insofern trifft die Wikipedia-Beschreibung nicht ganz zu, wenn dort von einer „fiktiven Sportart“ die Rede ist. Die Besen, Ring-Tore und verschiedenen Bälle sind sehr real, auch wenn sich die Kinder die Besenstiele zwischen die Beine klemmen anstatt auf ihnen durch die Luft zu jagen.
Ziel des Spiels ist, einen Ball – Quaffle genannt – durch einen der drei Ringe der gegnerischen Mannschaft zu werfen und so Punkte zu erzielen. Die Kamerafrau des ZDF sitzt auf dem Hallenboden und filmt, als sie ein Ball mitten am Kopf trifft. Ist aber nix passiert, das Geschoss ist aus Schaumstoff. Sieben Kinder sind in einer Mannschaft, jedes hat eine ganz bestimmte Rolle im Team. Manche sind Angreifer, andere Verteidiger, die die „Jäger“ mit andersfarbigen Bällen abwerfen und so zum Rückzug zwingen. Und dann gibt es da noch den Schnatz.
Fang den Schnatz!
Student Christian Riel hängt hinten eine neongelbe Socke mit einem Tennisball drin aus der Hose. Als er nach 18 Minuten auf Spielfeld rennt, schlägt das Tennisball-Schwänzchen wild hin und her. Riel ist der Schnatz, quasi der Superjoker. Wer Riel die Socke aus der Hose reißt, bekommt 30 Extrapunkte und das Spiel ist vorbei. Liam und ein Klassenkamerad aus dem anderen Team jagen ihm hinterher, immer die Besen zwischen den Beinen, drängen ihn in die Ecke der Sporthalle, immer wieder entwischt er ganz knapp.
Riel war es auch, der das Quidditch in die 3b gebracht hat. „Wir lesen jeden Morgen Harry Potter im Morgenkreis, bald gibt es sogar eine Harry-Potter-Leserallye“, erzählt Lehrerin Daniela Behr. Vom Quidditch waren die Kinder gleich fasziniert, hatten immer viele Fragen dazu. Behr erinnerte sich an Lehramtsstudent Riel, der mal in der Klasse gewesen war – und in Würzburg eine Erwachsenen-Quidditchmannschaft gegründet hat, die „Broombreakers“ (dt. Besenbrecher). Für die hat er auch professionelles Equipment besorgt: Original Quidditch-Besen, importiert aus Florida.
Bei den Erwachsenen wird getreten und geschlagen
Bei den Erwachsenen geht es übrigens ruppiger zu, der Schnatz darf sich mit Tritten, Schlägen oder Kneifen gegen den Raub der Tennisball-Socke wehren, das lässt Riel in der 3b lieber. Von den Besen hat er auch die Borsten abgemacht, mit denen kratzten sich die Kinder. Die Ringtore sind übrigens Hulahoop-Reifen, die auf Mikrofonständer geklemmt sind.
Für die Drittklässler ist es natürlich ein besonderer Triumph, den erwachsenen Schnatz zu fangen. „Alle wollen immer der Schnatzfänger sein, weil das ist halt richtig cool so voll zu rennen“, meint Liam. Der Sendetermin für den Logo-Beitrag (19.50 Uhr, KiKa) stand beim Dreh am Donnerstag übrigens noch nicht fest.