Einen festlicher Genuss, ein Eintauchen und kultiviertes Baden in der Welt der Alten Musik – all dies bot ein Kammermusikabend, der zum 400. Todestag von William Shakespeare in der Rathausdiele stattfand. „Was ich bin, lehrt mich die Not erkennen“ lautete der Titel, mit dem die Lautenistin Elizabeth Kenny, eine der weltweit führenden Virtuosinnen auf ihrem Instrument, das Konzert überschrieben hatte.
Mit Solisten des Music Campus Rhein Main 2016 hatte sie ein Programm einstudiert, das Instrumental-, Vokal- und Ensemblemusik aus dem 16. und 17. Jahrhundert umfasste. Abwechslung war dabei angesagt, in rascher Folge ertönten Werke von Thomas Morley, Anthony Holborne, Robert Jones oder Henry Purcell, um nur einige der Komponisten zu nennen. Kein Zwischenapplaus – das hatte sich Kenny erbeten, um Dramaturgie und Geschlossenheit des großen Zusammenhangs nicht zu unterbrechen.
Stilvolle Eleganz
Dadurch entspann sich ein farbiges musikalisches Schauspiel, dargeboten in hochprofessionell und differenziert ausgearbeiteter Perfektion. Sieben junge Musiker bestritten in vollendeter Harmonie mit Kenny den Abend: die Sopranistinnen Katharina Ruckgaber (Opernstudio der Oper Frankfurt) und Anna-Lena Elbert (Hochschule für Musik München), der Altus Stefan Kahle (Schola Cantorum Basiliensis), der Tenor Kieran Anthony Charles White (Royal Academy of Music London), der Bassist Martin Burgmair (Hochschule für Musik München), der Barockviolinist Leopold Nicolaus (Mozarteum Salzburg) und die Gambistin Oksana Vasilkova (Hochschule für Künste Bremen).
Stilvolle Eleganz zeichnete den Abend ebenso aus wie ausgesprochen charaktervolle und beredte Interpretationen. Wunderbar ausgedeutete Textpassagen erwachten zum Leben, etwa ein feines Glockengeläut, weinende Augen angesichts des Todes, süße Küsse ebenso wie fröhlich spielende Hirtentöchter. Teuflisch und brutal ging es in Humfrey/Reggios Spiel „Masque of Devils“ zu, Stille wurde greifbar in Purcells „Hush, no more“ - ein Höhepunkt an Spannung und Intensität in diesem Konzert.
Dass sich eine Stadträtin ausgerechnet dieses kostbare kurze Werk („be silent all“ und „no noise disturb“ lauteten einige Textstellen) ausgesucht hatte, um nach der Fraktionssitzung munter die Treppe hinunter in den Konzertsaal und durch diesen hinaus ins Freie zu stapfen, zeugte nicht gerade von Sensibilität oder gar Respekt!
Einen interessanten stilistischen Kontrastpunkt setzte das Ensemble mit einer Uraufführung des aus Volkach stammenden Komponisten Christian Kram: Seine Vertonung von „Like as the waves“ entführte in freitonale Sphären. Kram setzt in diesem Werk äußerst wirkungsvoll einen Text um, der an sich schon dramatisch verdichtet, wie das Leben von Geburt an auf den Tod zutreibt. Die Musik des mehrfach ausgezeichneten Komponisten intensiviert diesen Gehalt: Kram nutzt etwa chromatische Linien, um die Wellen des Lebens auf eine Küste zutreiben zu lassen; er wählt weite Lagen und Intervalle, um die Unendlichkeit der Kunst zu symbolisieren. Ein sehr programmatisches und ausdrucksstarkes Werk, fern von jeglicher Plakativität oder Überfrachtung!
Das war ein Konzert, das das Herz eines jeden Liebhabers alter Musik höher schlagen ließ, ein musikalisches Fest von höchster Qualität, Opulenz und edler Musikalität!