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SCHWEINFURT
Falsche Visitenkarte reicht für Betrug
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:24 Uhr

Sie haben sich 2010 im Knast kennengelernt, dann aus den Augen verloren und Ende 2015 in Freiheit wieder zusammengefunden. Der 36-Jährige wohnte bei dem 40-Jährigen und beide beschlossen, ihre finanziellen Nöte mit Betrügereien zu lindern, und zwar mit einer Masche, die der Ältere bei einer unterfränkischen Landtechnikfirma vorher schon abgezogen hatte. Sein Gesicht war dort bekannt, sein Auto auch.

Konto für frei erfundene Firma

Also musste der 36-Jährige ran: Im Januar 2016 kaufte dieser zunächst ein paar Artikel für die Fortswirtschaft und zahlte bar. Schon beim nächsten Mal legte er mit extra gefälschter Visitenkarte einer frei erfundenen Firma, die auf „GmbH & Co. Bau KG“ endete, ein Kundenkonto an und nahm auch gleich Waren für 871 Euro mit – auf Rechnung. Darunter: eine Motorsäge, zwei Latzhosen, Kraftstoffe für die Säge. Der 40-Jährige war der Fahrer und Ideengeber – er wartete draußen im Auto.

Diese Nummer zogen die beiden innerhalb einer Woche achtmal in drei Filialen dieses Landtechnik-Handels ab. Sie erhielten im Vertrauen auf Zahlungsfähigkeit mehrere teure Motorsägen, einen Hochdruckreiniger, Forstkleidung, Öle und Treibstoffe, Seile, Leder- und Schnittschutzstiefel, Kabel und Zaunpfähle im Verkaufswert von über 10 000 Euro. Und: Sie dachten gar nicht daran, all dies zu bezahlen. Nach einer guten Woche schon flog der Schwindel auf, nachdem eine Rechnung als unzustellbar zurückgeklommen war.

Der Drahtzieher fehlt beim Prozess

Wegen achtfachen Betrugs sind die beiden angeklagt. Doch zum Prozess erscheint nur der 36-Jährige, in Fußfesseln vorgeführt aus der Haft. Der 40-Jährige ist nicht erschienen. Sein Verfahren wird deshalb abgetrennt, gegen ihn ergeht ein Haftbefehl. Der 36-Jährige räumt die komplette Anklage ein. Er hat demnach das Kundenkonto der angeblich in Hof ansässigen Phantom-Firma eröffnet und sämtliche Waren auf Rechnung mitgenommen.

Der Drahtzieher nämlich, der Ex-Zellengenosse, konnte sich bei dieser Firma nicht mehr sehen lassen, er war dort als Betrüger bereits bekannt. Er hatte aber einen Führerschein, besorgte Mietwagen für die Betrügereien und behielt den größten Anteil aus dem Ertrag, so der 36-Jährige. Er selbst habe im Wesentlichen seine Sucht (nach Crystal Meth) befriedigt und dazu einen Teil der Forstbekleidung bei seinem Dealer eingetauscht.

Hochdruckreiniger weiterverkauft

Der 40-Jährige aber, der dem Prozess fernblieb, soll laut Anklage einen Hochdruckreiniger für 2000 Euro an einen Physiotherapeuten verkauft und für dieses Geld wiederum ein Auto erworben haben, das die beiden für gleich gelagerte Betrügereien im Raum Kulmbach genutzt hätten. Tatsächlich wurde der 36-Jährige bereits in zwei Verfahren in Hof und Weiden wegen Betrugs nach derselben Masche wie im Fall der Landtechnikfirma (Oberpfalz) zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Zusammen mit den acht unterfränkischen Betrugsfällen bildet das Schöffengericht eine Gesamtstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Zu Gunsten des Angeklagten wertet das Gericht sein umfassendes Geständnis, dass er nur einen Bruchteil der Beute bekam und der 40-Jährige die Betrügerei geplant habe. Zu seinen Lasten gehen sein Beitrag bei der Tatausführung, ferner massive Vorstrafen, zehn davon wegen Betrugs, vier Gefängnisaufenthalte und dass er unter laufender Bewährung stand. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer zwei Monate mehr, der Verteidiger zwei weniger gefordert. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Betrügern wurde es leicht gemacht

Der Betrug sei dem Duo aber auch leicht gemacht worden, sagt der Vorsitzende Richter, wenn eine Barzahlung und eine gefälschte Visitenkarte ausreichten, um ein Kundenkonto einzurichten und dann umgehend alles auf Rechnung zu bekommen. Normalerweise, hatte der Firmenchef zuvor als Zeuge gesagt, recherchiere man vorher im Internet, ob es eine Firma auch gibt. In diesem Fall sei das wohl unterblieben. Mit Folgen: Auf einem Schaden von knapp 8700 Euro sitzt die Firma bis heute. Nur zwei Kettensägen wurden im Fundus des 40-Jährigen gefunden und wieder zurückgegeben.

 
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