Das "Ping" wird beim Fahnenhochwurf nicht gerne gehört, unmittelbar danach hebt nämlich der Wettkampfrichter seine rote Fahne und signalisiert damit: "Dieser Versuch ist ungültig". Am lauschigen Festplatz rund um die Fahrradhalle versammelte sich die Elite der süddeutschen Fahnenhochwerfer. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause wurden in Grafenrheinfeld wieder die süddeutschen Meisterschaften im Fahnenhochwurf ausgetragen - doch was das genau ist, weiß nicht jeder, wie die Bemerkungen der Schaulustigen verrieten.
Der Wettkampf fand erstmalig in Grafenrheinfeld statt; ausgerichtet vom örtlichen Spielmanns- und Fanfarenzug (SFZ), der letzte seiner Art in Stadt und Landkreis Schweinfurt. Das Fahnenschwingen und - hochwerfen hat dort schon lange Tradition und die bunten Fahnen sind stets dabei, wenn der SFZ auftritt. Seit einigen Jahren ist aus dem Fahnenhochwerfen aber auch eine sportliche Disziplin geworden. Eine, die Kraft, Schnelligkeit und Präzision verlangt, muss man doch eine große Fahne mit Stiel über eine Stange in luftige Höhe befördern.
Ähnlich dem Stabhochsprung folgt der Fahnenhochwurf strikten Regeln, wie Gerhard Schlaich, Präsident des Landesverbands der Fahnenschwinger in Baden-Württemberg erläutert, der die süddeutschen Meisterschaften in Grafenrheinfeld veranstaltet. Jeder Werfer hat drei Versuche für die jeweilige Höhe. Die Wurftechnik ist egal, zwingend erforderlich ist es dagegen, dass die Fahne über die Stange flattert, sich dabei zu voller Pracht entfaltet und auf der anderen Seite wieder gefangen wird. Sie darf zwar kurz den Boden touchieren, aber nicht in Gänze dort landen oder gar steckenbleiben.
Nach jedem geglückten Wurf wird die Stange nach oben geschraubt
Auf keinen Fall darf sie den mit Fähnchen markierten Wurfkorridor überschreiten und auch die Stange nicht berühren, sonst droht das berüchtigte "Ping" und die rote Fahne von Wettkampfrichter Hans Konrad kommt zum Einsatz. Worst Case: Die Fahne landet im Hubsteiger, an dem die Stange befestigt ist – dann gibt's auf Kosten des Werfenden für alle Wettkampfteilnehmer eine Runde Freigetränke. Nach jedem geglückten Wurf wird die Stange im 50-Zentimeter-Schritt und später dann nach Absprache auch in kleineren Abständen nach oben geschraubt. Vor dem Start wird dazu die Fahne vermessen: inklusive Stock darf sie nicht mehr als 1000 Gramm wiegen und muss das erforderliche Mindestmaß von 1,10 mal 1,10 Meter aufweisen, ausgenommen die werfende Person ist kleiner als 1,50 Meter.
Mit "Erfolg, Spaß und Freude" eröffneten dann Hans Unteidig und Horst Schneider vom SFZ den Wettkampf an diesem "perfekten Tag und perfekten Austragungsort", wie es Schirmherr und dritter Bürgermeister Ludwig Weth beschrieb. Insgesamt 22 Starterinnen und Starter aus sieben Vereinen waren angereist; aus Bayern jedoch weiter keiner, wie Schlaich bedauernd feststellte und dann erklärte, dass auch beim Fahnenhochwurf die Corona-Pandemie für Mitgliederschwund gesorgt hätte. In Grafenrheinfeld werden nun deshalb nach zwei wettbewerbsfreien Jahren die Karten – so Schlaich – "neu gemischt" und einige neue Rekorde erwartet, zumal mit Felix Schlaich und Svenja Freimoser die amtierenden Weltmeister im Fahnenhochwurf antraten.
Qualifiziert für die Weltmeisterschaften in Konstanz
Den Auftakt machte Lokalmatador Christian Schulz vom SFZ, der als einziger Unterfranke im Wettbewerb in der Altersklasse der Männer startete und gleich mit einem perfekten Wurf über die fünf Meter-Marke begeisterte. Während der erste Mitkonkurrent an der sieben Meter Hürde scheiterte und die WM-Qualifikation verpasste, kam Schulz bis 8,50 Meter und sicherte sich souverän den zweiten Platz und die Teilnahme an der Weltmeisterschaft am 1. Oktober in Konstanz. Den ersten Platz belegte dann Manuel Maier, der die Höhe bis auf 11,50 Meter hochschraubte und damit den aktuellen süddeutschen Rekord in der Altersklasse um stolze zwei Meter überbot.
Ähnliche Erfolge gab es dann aus den offenen Klassen der Damen und Herren. Bei den Damen, darunter mit 15 Jahren die jüngste Wettkampfteilnehmerin Ronja, die gemeinsam mit Schwester Lara vor vielen Jahren über ein Ferienspaßangebot zum Fahnenhochwurf gekommen ist, landete Vanessa Jurka mit neun Metern auf dem ersten Platz, gefolgt von Svenja Freimoser (8,50 m) und Alexandra Mennel (8,50 m). Bei den Herren wurde Felix Schlaich Meister mit einem neuen süddeutschen Rekord von 12,50 Meter, gefolgt von Tim Wachter (11,50 m) und Nils Eisner (10,50 m.).