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GEROLZHOFEN
Existenzgründer im Betty-Stumpf-Haus?
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:51 Uhr

Für manche Stadträte ist das Betty-Stumpf-Haus am Marktplatz eher ein Klotz am Bein, ein schwerer Mühlstein um den Hals, den man so schnell wie möglich loswerden möchte. Wobei man unter Loswerden den Verkauf an Privat meint. Doch wegen seiner herausragenden denkmalschützerischen Bedeutung ist das Haus nur schwer nutz- und damit vermittelbar. Doch nun zeichnet sich eine interessante Entwicklung ab.

Das stolze Bürgerhaus in der Nordost-Ecke des Marktplatz, gemeinhin nach seiner letzten Eigentümerin Betty-Stumpf-Haus genannt, wird von den Denkmalschutzbehörden zu den „Top Ten“ in ganz Nordbayern gezählt. Einst prunkvoll eingerichtetes Privatwohnhaus von betuchten Amtmännern, Stadtschreibern und Notaren, wurde es vor rund 200 Jahren zur stolzen Bierbrauerei, ehe am Ende nur noch eine kleine Landwirtschaft betrieben wurde.

Die unverheiratet gebliebene Betty Stumpf vermachte als Letzte ihrer Linie das Anwesen testamentarisch der Katholischen Kirchenstiftung. Die Stadt Gerolzhofen kaufte es der Kirche ab mit dem Ziel, das wertvolle Haus zu bewahren und bei der künftigen Nutzung ein Wort mitreden zu können.

Nach der Entrümpelung durch die beiden Museumsleiter und einer Notsicherung der abgefaulten Deckenbalken wartet das Haus bis heute auf eine sinnvolle und nachhaltige Verwendung. „Pro Monat melden sich bei uns mindestens zwei Interessenten, die wegen einer Wohnnutzung nachfragen“, berichtet Bürgermeister Thorsten Wozniak. „Nach der Besichtigung des Hauses bleibt aber keiner mehr übrig.“

Aufwändig ausgemalt

Dies verwundert nicht. Denn das Innere des Hauses ist aufwändig ausgemalt. In fast allen Zimmern haben sich an den Wänden und sogar an der Decke Bemalungen aus der Zeit der Renaissance erhalten. Die Epoche des Barock ist mit Stuckdecken vertreten. Und: Im gesamten Haus gibt keine Toiletten und kein Bad. Das Verlegen entsprechender Rohre für einzubauende Sanitäreinrichtungen wäre schwierig, weil dann unweigerlich Teile der wertvollen Bemalung zerstört würde. Überspitzt ausgerückt kann man in diesem Haus kaum einen Nagel in die Wand schlagen, nur um ein Bild aufzuhängen, weil man immer auf etwas Wertvollem trifft.

Lange war guter Rat teuer. Nun zeichnet sich durch den bevorstehenden Verkauf des ehemaligen Gefängnisses im Hof der Verwaltungsgemeinschaft möglicherweise auch eine Verwendung durch das Betty-Stumpf-Haus ab. Bürgermeister Wozniak will seine Idee eines „Gründerhauses“ für kleine Start-Up-Unternehmen eventuell nun im Stumpf-Haus verwirklichen. „Wir werden bis zum Sommer ausarbeiten, was im Stumpf-Haus zu verwirklichen ist und was dies kosten würde“, sagt der Bürgermeister im Interview mit der Main-Post. Dann bekommt es der Stadtrat auf den Tisch.

Idee des „Gründerhauses“ ist es, Existenzgründern mit modernster Telekommunikation ausgestatteten Büros, mit einem von allen zu nutzenden Besprechungsraum und mit Räumen für Präsentation und Verkauf unter die Arme zu greifen. All dies sei im Betty-Stumpf-Haus sicher machbar, ohne dass ganz stark in den historischen Charakter des Baus eingegriffen werden müsste, so Wozniak.

Und wie sieht es mit Sanitäranlagen aus? Im Bereich der jetzigen Holzlege im Hof könnte ein Sanitärcontainer untergebracht werden. Während eine Wohnnutzung im Haus nahezu ausgeschlossen sei, wären reine Büros aber durchaus denkbar, so Wozniak.

Neue Raumaufteilung?

Ein möglicher Besprechungsraum im Stumpf-Haus könnte auch städtisch genutzt werden. Dies hätte den Vorteil, so Wozniak, dass der Sitzungssaal im zweiten Stock des Alten Rathauses nicht regelmäßig aufwändig umbestuhlt werden müsste.

Andere Überlegungen gehen sogar noch einen Schritt weiter: Da die Stadt inzwischen das Haus der ehemaligen Schneiderei Schneidmadel, links vom Rathaus, gekauft hat, eröffnen sich zusätzliche Möglichkeiten, die Raumaufteilung im Alten Rathaus, bei Schneidmadel und in Betty-Stumpf-Haus neu zu strukturieren. Zum Beispiel und insbesondere bei der Touristinformation. So denkt man bei der Stadt konkret über eine Selbstbedienungs-Vinothek und ein Museumscafé nach.

In den kommenden Wochen sollen dazu die laufenden Gespräche mit der Industrie- und Handelskammer und mit dem Gründerzentrum GRIBS fortgesetzt werden.

 
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