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Es riecht nach frisch gepresst
Gressthal Ein Geruch von frisch gepressten Äpfeln erfüllt die kleine Halle in der Backofengasse. Laut ist es hier, schließlich sorgen Maschinen dafür, dass aus dem Obst süßer Saft oder Most wird. Auch wenn, wie von jeher, bei der Kelterei noch Muskelkraft gefragt ist.
Von unserer Mitarbeiterin Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 17.10.2017 19:03 Uhr
Kleine Schlepper rollen immer wieder vor das Gebäude in der Nähe des Rathauses von Greßthal, prall gefüllte Jutesäcke auf den Anhängern. Albin Hofmann ist an der Reihe. Der 64-jährige Schwemmelsbacher lässt die roten und gelben Äpfel, die Griefensteiner, Boskop oder Trierer Mostäpfel, in den Auffangtrichter der Keltermaschine kullern.

Braun und behäbig füllt sie seit 43 Jahren den Raum, als Adolf Keß mit dem Obstpressen begann. Seine beiden Söhne, die eigentlich eine Schreinerei führen, und vor allem die Schwiegertöchter Irmgard und Lieselotte kümmern sich jetzt jedes Jahr im Herbst um die Kelterei. Die Frauen organisieren, terminieren und managen den Ablauf in der

Irmgard Keß ist an diesem Mittwoch da. Freigenommen hat sie sich heute, schreit die 47-jährige Arzthelferin gegen den Maschinenlärm an. Denn eigentlich ist nur samstags Hochbetrieb in der kleinen Kelterei. Heuer gebe es außerdem wegen der Trockenheit im Sommer weniger Äpfel; das Obst sei auch viel früher reif gewesen, was die Kelterzeit in den Frühherbst verlagert habe.

Irmgard Keß zeigt zur Waage, zu der die aufgefangenen Äpfel via Förderband gelangen. Etwa ein Drittel des Gewichtes nehmen die Kunden wieder in flüssigem Zustand mit nach Hause, erläutert sie. Diese Firmenphilosophie vom Saft der eigenen Äpfel ist den Anlieferern wichtig. "Das ist doch besser wie gekaufter", beteuert auch Albin Hofmann, der 240 Liter Süßmost in zwei Kunststofffässern wieder mit nach Hause nimmt. "Das ist Natur", lacht er. Einen kleinen Teil kocht und füllt seine Frau zu Saft ab, erzählt er, das Meiste lässt er im eigenen Mostkeller mit Lehmboden vergären. Besser als Wein schmecke das, aber nur als Schorle, pur sei Most zu stark.

Ein automatisches Bad der gewogenen Äpfel in klarem Wasser hilft, den Schmutz zu entfernen. Zwar wird der Zuschauer beim Hineinfallen der Früchte immer wieder mit Wasser bespritzt, doch nimmt er die Tropfen, fasziniert von der Technik der Kelter, gerne in Kauf. Die so genannte Schnecke befördert das Obst daraufhin zum Zerkleinern.

Als Maische blubbert dann der Apfelbrei in Abständen auf die Presstücher, die der Helfer Jochen Gerlach, angetan mit einer großen Gummischürze, geschwind übereinander schlägt. Zügig legt er einen Pressrost aus biegsamem Akazienholz auf das braune Viereck, bevor er schnell wieder das nächste Tuch auflegt. Acht Lagen übereinander, dann wirken 120 Tonnen Presskraft, bis endlich der orange-braune Apfelsaft herausrinnt.

Dieser Geruch von süßem Saft, geriebenen Äpfeln und Most in der Halle animiert zum Probieren: Kühl und frisch, voller Geschmack eines Herbstes, rollt das Getränk über die Zunge. Dass es wieder begehrt ist, mag man gern glauben.

Früher hätten die Leute hektoliterweise den Most bei ihnen geholt, erzählt Irmgard Keß, die auch eigenes und zugekauftes Obst wie Quitten oder Schlehen zu Most verarbeitet und verkauft. Die Mengen seien jetzt viel kleiner geworden.

Einer, der seine Äpfel an die Kelterei verkauft, ist Edwin Full. "Heuer gibt's ja nicht viel", weiß der Schwemmelsbacher und hofft auf einen besseren Preis. 4,50 Euro zahlt ihm Kelterei für den Zentner. "Man muss nehmen, was man kriegt", so Full. Er ist schnell wieder verschwunden, ganz im Gegensatz zu manchen Kunden, die das Treffen an der Kelterhalle gerne zu einem Plausch nutzen. Wie der 77-jährige Schäfer von Greßthal, Oswald Weckbach. Er kann außerdem den Trester, die braunen Rückstände aus dem Pressvorgang, als Futter für seine Tiere brauchen.

Idealismus, eine alte Tradition fortführen - das ist auch für den Helfer, den Landwirt Jochen Gerlach, die Motivation. "Es ist das, was das Dorf ausmacht", bringt er es auf den Punkt. "Viele Alte können nicht mehr, viele trinken keinen Most mehr und die Jungen tun's nicht für ein paar Euro", resümiert der junge Mann über das Bäume-Schütteln, Äpfel-Auflesen und Wegbringen. Er selbst scheut nicht die schwere und laute Arbeit an der Presse. "Ich brauche abends nicht mehr ins Fitness-Studio zu gehen", grinst er.

Am Pfosten lehnen zwei kleinere Säcke; zwar ist "Café do Brasil" darauf gedruckt, doch drinnen stecken natürlich auch Äpfel. "Die hat der Bürgermeister heute früh hier abgestellt," deutet Irmgard Keß auf das schräg gegenüberliegende Rathaus. "Heute abend kann er seinen eigenen Süßmost mit heim nehmen".

 
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