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GEROLZHOFEN
Es geht voran mit der innovativen Kaltwärmeversorgung
In dieser Woche werden die abschließenden Bohrungen für den Aufbau der innovativen Kaltwärmeversorgung im Baugebiet „Am Nützelbach“ im Süden Gerolzhofens vorgenommen. Das Bild zeigt dabei (von links): Bürgermeister Thorsten Wozniak, Stadtbaumeister Jens Pauluhn, Frank Piecha, Inhaber der Bohrfirma Geowell Erdwärme (Marl/Bichl), Frank von Brandis von der Firma Erdwärme Plus (Heinersreuth) sowie die ÜZ-Projektleiter Bernhard Bedenk und Alexander Wolf, die ÜZ-Chef Gerd Bock in die Mitte genommen haben.
Foto: Norbert Vollmann | In dieser Woche werden die abschließenden Bohrungen für den Aufbau der innovativen Kaltwärmeversorgung im Baugebiet „Am Nützelbach“ im Süden Gerolzhofens vorgenommen.
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 21.05.2017 03:23 Uhr

Von der Förderung regenerativer Energie im Rahmen der Energiewende zu reden, ist die eine Seite, sie im kleinen, aber auch größeren Stil zum Klimaschutz etwa bei der Erschließung von Baugebieten zu praktizieren, die andere.

Die Unterfränkische Überlandzentrale (ÜZ) macht so gemeinsam mit der Stadt Gerolzhofen im Neubaugebiet „Am Nützelbach“ mit der „Kaltwärmeversorgung“ eine ganz besondere Wärmequelle nutzbar.

Diese Woche werden zur dezentralen Versorgung von 30 der 31 Grundstücke mit oberflächennaher Geothermie die letzten von 4930 Bohrmetern auf eine Tiefe von 85 Meter niedergebracht. Entstanden ist somit quasi ein Muster-Kaltwärme-Baugebiet.

Doppel-U-Sonden

Ende Februar hatten die Bohrarbeiten begonnen. In jedes Bohrloch wird in 28 Fällen eine Doppel-U-Sonde eingesetzt. Bei einem Grundstück kommt der Bauherr mit einer Sonde aus, bei einem zusammengelegten größeren Grundstück sind es derer drei.

Die Sonden werden mit einem zementartigen Verpressmaterial vergossen. Dieses umschließt das Kunststoffrohr der Sonde und verbindet sich zwecks der Wärmeübertragung mit dem umgebenden „Gebirge“, sprich Gestein. Am Ende kommt buchstäblich der Deckel auf den unsichtbaren Bohrring-Schacht. Das Grundstück kann danach wieder ohne Einschränkung genutzt werden.

Die Sonden liefern künftig kostenlose Energie für bis zu 360 000 Kilowattstunden Wärme. Sie ersetzen damit rund 36 000 Liter Heizöl pro Jahr. Dabei entstehen vor Ort keinerlei Emissionen, weder durch Abgase noch durch Geräusche.

Warum spricht die Unterfränkische Überlandzentrale von einer „Kaltwärmeversorgung“. Die „Kaltwärme“ kommt aus den in 85 Meter Tiefe eingebrachten Erdsonden. Darin zirkuliert eine frostsichere Wärmeträgerflüssigkeit, Sole genannt.

Zwei Grad Celsius reichen aus

Im Betrieb werden demzufolge im so genannten „Solekreislauf“ auf rund zwei Grad Celsius abgesenkte Vorlauftemperaturen gefördert. Die Wärmequelle kann also durchaus als kalt bezeichnet werden.

Diese Temperatur von zwei Grad reicht aber vollkommen aus, um mit der Wärmepumpe Wasser auf Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius aufzuheizen. Auf diese intelligente und innovative Weise werden Wohnräume behaglich mit Wärme versorgt und das Warmwasser wird hygienisch bereitet.

In Verbindung mit den niedrigen Vorlauftemperaturen im Heizsystem moderner Gebäude gibt es einen optimalen Wärmeerzeuger: Die Wärmepumpe. Diese Technik ist nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Der Kühlschrank greift auf das gleiche Prinzip zurück. Die Erfindung der dazugehörigen Kältemaschine fand bereits 1853 statt.

Bei der Wärmepumpe wird der Umwelt kostenlose Energie entzogen und mittels des Kältekreislaufs auf ein für moderne Heizungsanlagen nutzbares Temperaturniveau „gepumpt". Letztendlich sieht der Hausbesitzer auch nur die Wärmepumpe, der Rest ist unter der Erde.

Die Erdsonden sind so bemessen, dass damit im Jahr ein Heizwärmebedarf von 15 000 Kilowattstunden abgedeckt werden kann.

Neu ist diese Technik nicht, die Unterfränkische Überlandzentrale greift auf innovative aber auch bereits bewährte Verfahren zurück. Schon 1996 wurde ihre Bezirksstelle in Werneck mit einer Wärmepumpe und Erdsonden zur Nutzung von oberflächennaher Geothermie ausgestattet. Seither funktioniert die Heizung problemlos.

Mit der ÜZ-Wärmequelle sind Energiepreise von unter fünf Cent pro Kilowattstunde erreichbar. Bei einem angenommenen Energieverbrauch von 15 000 Kilowattstunden im Jahr kann man mit einer Stromrechnung inklusive Grundpreis und Mehrwertsteuer von unter 750 Euro im Jahr rechnen.

Fünf Kilometer lange Bohrstrecke

Bei der Einbringung der letzten Meter im Zuge der im Boden versenkten fast fünf Kilometer langen Bohrstrecke lobte ÜZ-Chef Gerd Bock noch einmal Bürgermeister Thorsten Wozniak und seinen Stadtrat für ihren mutigen wie zukunftsweisenden Beschluss zur dezentralen Wärmeversorgung der Häuser in dem Neubaugebiet mit der aus dem Boden kommenden Erdwärme.

Bock freute sich darüber, hier im größeren Stil „regenerativen Strom aus der Region CO2-frei in der Region in Anwendung bringen zu können“. Ein Pilotprojekt in Schwebheim mit 13 Bauplätzen hätte den Weg mit „tollen Zahlen“ gewiesen.

Inzwischen stünden mehrere Kommunen bei der ÜZ in Sachen Kaltwärmeerzeugung auf der Matte, so ÜZ-Mitarbeiter Alexander Wolf, der das Projekt zusammen mit dem Fachmann der ÜZ für regenerative Energien auf Stromseite, Bernhard Bedenk, leitet.

Wolf verwies zugleich auf die guten Fördermöglichkeiten und die die erzielte Wertsteigerung des Grundstücks, da die Wärmequelle über Generationen Bestand hat.

Bernhard Bedenk stellte wiederum die Verbindung „Wärme im Winter, Kühle im Sommer“ als „gute Geschichte“ heraus. Die sogenannte passive Kühlung von Räumen im Sommer im Haus (es handelt sich um keine Klimatisierung) sei zunehmend auch für Server-Räume wichtig. Die autarke Speicherung von Wärmeenergie trage zudem zur Sommerlastregelung und damit zur Netzentlastung bei.

Wozniaks Skepsis ist gewichen

Bürgermeister Thorsten Wozniak räumte ein, anfangs skeptisch gewesen zu sein. Heute würde er als Bauherr aus tiefer innerer Überzeugung sagen: „Ich schließe an.“

Auch das in der Steigerwaldstraße entstehende Neunfamilienhaus der Wohnungsbaugenossenschaft wird übrigens auf die Erd-Kaltwärmeversorgung zurückgreifen.

 
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