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SCHWEINFURT
Erste Vesperkirche in Bayern
St. Johannis: Platz ist in der Kirche genug, ein Umbau zur „Vesperkiche“ nicht nötig.
Foto: ArchivKlemens Tepper | St. Johannis: Platz ist in der Kirche genug, ein Umbau zur „Vesperkiche“ nicht nötig.
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 04.12.2013 17:29 Uhr

„Gemeinsam an einem Tisch“ lautet das Motto vieler Vesperkirchen, einer Idee, die vor allem in Baden Württemberg seit bald 20 Jahren erfolgreich umgesetzt wird. In Bayern gibt es noch keine Vesperkirche, aber bald eine in Schweinfurt. Diakonie und Dekanat haben sich auf eine landesweite Ausschreibung ihrer Kirche beworben und nun den Zuschlag für die Pionierarbeit im Freistaat erhalten. Zur Vesperkirche wird die dazu wegen ihrer Größe und der Barrierefreiheit ideal geeignete Kirche St. Johannis. Anreiz zur Bewerbung war eine Anschubfinanzierung von einmalig 45 000 Euro.

Die Leonhardskirche in Stuttgart war die deutschlandweit erste Vesperkirche. Das Konzept wurde vom dortigen Diakoniepfarrer Martin Fritz 1995 vor dem Hintergrund einer sich ausbreitenden neuen Armut entwickelt. Heute gibt es in Baden Württemberg 25 Vesperkirchen, die im Winter ihre Türen öffnen.

Wie läuft eine Vesperkirche ab? Für ein paar Wochen im Jahr sitzen hier Menschen an gedeckten Tischen und lassen sich ein auch mehrgängiges Menü schmecken. Da sitzt die Geschäftsfrau neben einer finanziell nicht so gut ausgestatteten Alleinerziehenden, der Diplom-Ingenieur neben dem alleinstehenden Senior im Rollstuhl. Wer wenig Geld hat, zahlt einen Euro, die anderen mehr.

„Vesperkirche ist keine Armenspeisung, wir essen zusammen in der Kirche quer durch alle Bevölkerungsschichten“, erklärt denn auch Dekan Oliver Bruckmann. Am Dienstagabend hat er erfahren, dass die Wahl auf Schweinfurt fiel und er ist darüber „richtig froh“, wie er beim Gespräch am Mittwoch sagte. Es habe „starke Konkurrenz“ gegeben, für Schweinfurt hat sich die Landeskirche wohl wegen der guten Bewerbung, des gemeinsames Auftritts von Kirche und Diakonie sowie der darin praktizierten breiten Ehrenamtsarbeit entschieden, sagten der Schweinfurter Dekan und der nicht minder erfreute Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa.

Für Bruckmann geht es im Projekt nicht um Integration, sondern um Inklusion. „Es gibt keine Randgruppen mehr, alle sind und leben wir in Schweinfurt“, ergänzte in diesem Sinn Keßler-Rosa. Begegnung also über Milieugrenzen hinweg, es wird ein Kennenlernen mit Menschen aus anderen Lebenssituationen möglich gemacht.

Wie ist der Fahrplan? Ein Team von Ehrenamtlichen aus Diakonie und Pfarrei St. Johannis wird im Februar/März eine der Vesperkichen in Baden Württemberg besuchen, einen Tag als Gast, einen zweiten als Mitarbeiter. Man muss das Rad ja nicht neu erfinden.

Mit diesen Erfahrungen geht es dann an die Detail-Planung. Es sind zur Realisierung viele Ehrenamtliche nötig, die zu finden Bruckmann „keine Bedenken hat“. Schon die Bewerbung, die durch alle Gremien lief und durchweg gutgeheißen wurde, war von steter Zustimmung begleitet. Im Februar und März 2015 findet dann die Premiere statt in St. Johannis, wo, man kann es sich noch nicht vorstellen, drei bis vier Wochen zwischen den Kirchenbänken gedeckte Tische stehen, gegessen, miteinander kommuniziert, sich begegnet wird. In der Zeit, bewusst in der kalten Jahreszeit, ist die Kirche werk- wie sonntags offen. „Das ist so herrlich greifbar, das ist gut, das ist Praxis“, schwärmte Keßler-Rosa. Und Bruckmann meinte mit Blick auf die erwarteten Gäste, die sozial betroffen sind: „Das hat was mit Gerechtigkeit zu tun“. Wegen der Größe der Kirche sind Umbauten – Kirchenbänke raus – nicht nötig.

Dank Anschubfinanzierung ist die Finanzierung im ersten Jahr leichter. Gleichwohl reichen die 45 000 Euro nicht aus. Aber auch hier sind Bruckmann und Keßler-Rosa zuversichtlich, dass sich Sponsoren und Spender finden und viele mitmachen.

 
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