Die Amphibiensuche im Steigerwald mit Hilfe der Bevölkerung kommt gut voran. Biologin Carolin Dittrich, die Leiterin des Projekts, meldet erste Erfolge bei der Suche nach Feuersalamandern.
Die Amphibieneinsatzgruppe ist ein gemeinsames Bürgerwissenschaftsprojekt, das vom Naturkundemuseum in Berlin mit dem Staatlichen Forstbetrieb in Ebrach auf den Weg gebracht wurde. Um die Art künftig besser verstehen zu können, hofft die Wissenschaft – dank zusätzlicher Informationen durch Wanderer, Walker, Jogger, Mountainbiker oder Spaziergänger in Form von Bildern oder Angaben zu gesichteten Exemplaren – mehr über den Feuersalamander im Steigerwald herauszufinden.
So markant und unverwechselbar die schwarz-gelbe Amphibienart auch ist, bisher ist weitgehend unbekannt, wie viele Tiere in den Wäldern des Steigerwalds umherstreifen, wie alt sie werden, wie weit sie wandern, was ihre Population beeinflusst und wo deren Schwerpunkte liegen, um nur die wichtigsten offenen Fragen zu nennen.
Schließlich liegt eines der größten Vorkommen des Feuersalamanders in Deutschland im Steigerwald und hier wiederum im Bereich der Wälder, für die der Forstbetrieb Ebrach die Verantwortung trägt.
Foto und Koordinaten
Zusätzlich zu den Forschern aus Berlin und den besonders instruierten Mitarbeitern des Forstbetriebs sind im Rahmen der Amphibiensuche alle Waldbesucher aufgerufen, ihnen zufällig über den Weg laufende Feuersalamander mit Kamera oder Handy zu fotografieren und die Bilder mit einer möglichst genauen Angabe der Fundstelle an Carolin Dittrich zu mailen, etwa mit GPS-Koordinaten oder einem Punkt als Markierung auf der Google-Maps-Karte.
Die Biologin des Naturkundemuseums Berlin wertet die erfassten Daten wissenschaftlich aus. Feuersalamander sind an ihrem individuellen Muster auf dem Rücken zweifelsfrei zu identifizieren, so wie der Mensch am Fingerabdruck. Schon ein Bild von einem Teil des Rückens reicht, um das Tier in der Datei wiederzufinden.
Inzwischen haben Carolin Dittrich nach ihren Angaben bereits über 20 Meldungen erreicht, darunter nur drei Sichtbeobachtungen, sonst alle mit einem Bild. Die Meldungen kamen aus mehreren Regionen, vom Main-Spessart-Kreis, über die Landkreise Haßberge, Schweinfurt und Bamberg bis zum Raum zwischen Scheßlitz und Ebermannstadt, also sogar über den eigentlichen Steigerwald hinaus. Doppelt gemeldete Tiere seien bisher nicht darunter gewesen.
Wie Carolin Dittrich sagt, sei sie positiv überrascht über der Zahl der Einsendungen gewesen und besonders auch über die netten Anekdoten, die ihr berichtet wurden.
Ein Paar hatte sich zum Beispiel extra bei Regenwetter auf die Pirsch begeben, da beide in einem Gebiet viele überfahrene Salamander gesehen hatten und dann nochmals nach lebenden schauen wollten.
Echter Lurchi, nicht der vom Schuhkarton
Eine Person gab an, den Lurch bislang nur von den Lurchi-Schuhkartons gekannt zu haben und sei deshalb umso erfreuter gewesen, als sie jetzt den „ersten echten Salamander“ entdeckt habe. Andere Salamander wiederum seien von Jägern in ihrem Revier oder von Leuten gefunden worden, die mit dem Hund oder allein spazieren gegangen sind.
Carolin Dittrich: „Es ist einfach schön, wenn die Leute etwas zu der Situation berichten, in der sie die Tierchen gefunden haben. Die Geschichten dazu bleiben eben eher hängen.“ Andererseits reiche es natürlich völlig aus, wenn die Leute nur ein Bild des Salamanders und die Koordinaten des Fundorts senden. In jüngster Zeit seien die Meldungen etwas zurückgegangen, so die Biologin aus Berlin. Dies liege wahrscheinlich daran, dass die Tierchen im Sommer bei Trockenheit und Hitze tagsüber nicht aktiv seien, vermutet sie.
Im Herbst würden hingegen zum einen die Wanderungen zu den Winterquartieren stattfinden, zum anderen dürften die Feuersalamander bei feuchterem Wetter wieder vermehrt unterwegs sein. So hofft die Biologin, dass dann auch die Meldungen aufmerksamer Waldbesucher wieder zunehmen.
Wichtig sei eine Kontrolle der Bestände im Steigerwald auch im Hinblick auf eine neu aus Asien eingeschleppte Pilzart, Salamanderpilz oder Salamanderfresser genannt, erklärt Dittrich. Glücklicherweise hätten sie und ihre Kollegen, abgesehen von überfahrenen Tieren, noch keine Meldungen über Totfunde im Steigerwald erreicht. Allerdings seien inzwischen in der Eifel die ersten toten Salamander entdeckt worden, bei denen der tödliche Hautpilz nachgewiesen wurde.
In den Niederlanden und Belgien habe der Pilz mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Batrachochytrium salamandrivorans, kurz Bsal, seit 2010 ein verheerendes Massensterben unter Salamandern verursacht. Carolin Dittrich zufolge wäre es deshalb hilfreich, wenn tote Salamander im Steigerwald gemeldet würden, sofern keine äußerliche Gewalteinwirkung oder andere Todesursache erkennbar sei. Auf keinen Fall sollten lebende Salamander angefasst werden. Zum einen bedeutet das puren Stress für sie, zum anderen ist der Lurch durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt und darf demzufolge auch nicht gefangen werden.
Da die auffälligen Kriechtiere nicht wegrennen, sondern sich sehr langsam fortbewegen und häufig auch immer wieder in ihrer Stellung verharren, lassen sie sich normalerweise problemlos fotografieren.
Neben dem Feuersalamander gilt das Interesse der von Carolin Dittrich und ihrem Kollegen Mark Rödel angeführten Amphibien-Gruppe der Gelbbauchunke, Lurch des Jahres 2014. Hier arbeitet man nicht mit den Bürgern zusammen, sondern mit den speziell instruierten Mitarbeitern des Forstbetriebs Ebrach. Denn die Gelbbauchunke trägt ihr individuelles gelb-schwarzes bis gelb-graues Zeichnungsmuster auf dem Bauch, also auf der Unterseite.
Einfach umdrehen sollte man die Tiere nicht, denn sie sondern in Stresssituationen ein Hautgift ab, das zwar für den Menschen nicht gefährlich ist, aber stark schleimhautreizend.
Meldungen und Fotos von lebenden oder toten Feuersalamandern aus dem Steigerwald nimmt Carolin Dittrich entgegen unter der Mail-Adresse: salamander@mfn-berlin.de
Bürger als Wissenschaftler
Von der Bürgerschaft gesammelte Daten für die wissenschaftliche Forschung – neudeutsch Citizen Science, also Bürgerwissenschaft, genannt – stellen für die Biologin Carolin Dittrich vom Naturkundemuseum in Berlin die einzige Möglichkeit dar, um mit vertretbarem Aufwand ausreichend Informationen über das Vorkommen des Feuersalamanders im Steigerwald geliefert zu bekommen.
Die Informationen dienen zum einen dazu, die Art besser zu verstehen. Zum anderen fließen die Ergebnisse der wissenschaftlichen Beobachtung und Arbeit schließlich in Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung der hier lebenden Feuersalamander-Arten ein.
Durch solche Projekte (Schlagwort: „Bürger schaffen Wissen“) wird daneben das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Wissenschaft als auch für den Arten- und Naturschutz geweckt, indem man den Elfenbeinturm verlässt und den Bürger auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen mitnimmt. novo