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Schweinfurt
Eröffnung der Theatersaison Schweinfurt mit einer brillanten Version von "Der Graf von Monte Christo"
Szene aus 'Der Graf von Monte Christo' im Theater im Gemeindehaus Schweinfurt.
Foto: Hermann Posch | Szene aus "Der Graf von Monte Christo" im Theater im Gemeindehaus Schweinfurt.
Manfred Herker
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:36 Uhr

Welchen Zauber, welche Verzauberung ein gelungener Theaterabend auszulösen vermag, das erlebte am Donnerstag Abend bei der Eröffnung der Schweinfurter Theatersaison 2023/24 ein erwartungsfrohes Publikum.

Intendant Christof Wahlefeld hatte das Ensemble "Theaterlust" aus München verpflichtet: Drei Schauspielerinnen und vier Schauspieler präsentierten voller Spiellust und hohem, komödiantischen Können eine neue Bühnenfassung von "Der Graf von Monte Christo" von Alexandre Dumas. Am Schluss feierte das Publikum, auch bei der Samstag-Vorstellung, die Gäste und ihr mitreißendes Spiel mit Riesenapplaus, Bravorufen und stehenden Ovationen.

Der Abenteuerroman "Der Graf von Monte Christo" entstand in den Jahren 1844 – 1846 als Fortsetzungsroman für die Zeitschrift "Le Journal". Edmond Dantès (Johannes Schön), 1. Offizier auf der "Pharaon" ist glücklich: Er ist nach der französischen Revolution zum Kapitän befördert worden, dazu ist er verliebt in seine schöne Verlobte Mercédès (Anja Klawun). Doch schon lauern die Neider, die sich schnell zu einem Komplott zusammen tun, um Dantès zu vernichten: Zahlmeister Danglars (Reinhold Behling) will Dantès Posten, Fernand Mondego (Oliver Mirwaldt) will seine Verlobte.

Zeit der Rache kommt

Ein verleumderischer Brief soll Dantès zu Fall bringen, der Staatsanwalt de Villefort (Andreas Hertel) benutzt das Schreiben – auch aus eigenen Motiven – um den unschuldigen Dantès für 14 Jahre in den Kerker von Chateau d’If zu werfen. Ein Mithäftling, Abbé Faria, verrät ihm die Lage eines Schatzes auf der Mittelmeerinsel Monte Christo.

Dantès kann fliehen, findet den Schatz und verführt mit seinem Reichtum und seiner jetzt bösartigen Intelligenz die Pariser Gesellschaft unter neuem Namen: Graf von Monte Christo. Seine damaligen Widersacher sind durch ihre Skrupellosigkeit bis in die höchsten Positionen aufgestiegen – für den Grafen ist die Zeit der unerbittlichen Rache gekommen.

Die Bühne besteht aus mehreren Spielflächen, zwei riesige Stahlplatten im Hintergrund signalisieren die Brutalität und die Unentrinnbarkeit eines Gefängnisses. Neben raffinierter Beleuchtung sind die Videoprojektionen auf einer tragbaren Leinwand besonders wirkungsvoll. Die subtil-einfallsreiche Inszenierung von Thomas Luft nutzt auch die offene Bühne: Die doppelt oder dreifach besetzten Schauspieler wechseln sichtbar ihre Kostüme. Für musikalische Einsprengsel oder Betonung einer Szene sorgt eine Miniband.

Themen des Romans aktuell

Thomas Luft fragt in seiner Einführung: "Gehen die großen Themen des Romans uns nicht heute genauso an wie damals? Politische Intrigen, Repressalien und Willkür, Mechanismen der kollektiven Verdrängung?" Dies alles schwingt mit in der klugen Dramatisierung des Buches durch Sarah Silbermann. Ihr mag Dumas' fast moderner Schreibstil entgegengekommen sein, wie auch seine informativen Dialoge, die Dumas als erfahrener Theaterautor beherrschte.

Johannes Schön in der Titelrolle verwandelt sich von einem ehrlichen Seemann zu einem elegant-zynischen Rächer, der am Schluss erkennen muss: Rache ist nicht die Lösung. Schön ist eine Idealbesetzung, der der Figur mit Stimme und Gestalt absolute Authentizität und Überzeugungskraft gibt. Ebenso brillant wechseln Oliver Mirwaldt, Reinhold Behling und Andreas Hertel ihre Rollen.

Auch Anja Klawun und Viviane Ebert sind durch Kostümwechsel, mehr jedoch durch ihre Körpersprache, Gestik und Artikulation in ihren verschiedenen Rollen kaum wiederzuerkennen. Pia Kolb als Christos Ziehtochter Haydée ist eine elegante Co-Moderatorin, die meist Dantès/Christo nicht von der Seite weicht, um ihn bei seinen Erzählungen durch Fragen oder Ergänzungen zu unterstützen.

Neben Tempo, Spannung und Lautstärke gibt es auch leise Töne und berührende Szenen. Der Heiratsantrag Dantès an Mercédès, Dantès in der Einsamkeit des Kerkers: Auf der Video-Leinwand ist ein kauernder Dantès zu sehen, während der Schauspieler seine Erzählung auf der Vorderbühne fortführt. Das Wiedersehen zwischen Mercédès und Christo verströmt Melancholie und ein "zu spät": Die Liebenden von einst sind sich fremd geworden.

 
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