Das Gesicht des evangelischen Gemeindezentrums in Gerolzhofen wird sich in naher Zukunft verändern. Die Kirchengemeinde setzt die Segel für die Zukunft. Die Grundlage bilden der Abriss und der Neubau des Gemeindehauses sowie die Umgestaltung der 1923 errichteten Erlöserkirche im Innern. In Kürze werden die Arbeiten an der Ecke Dreimühlenstraße/Nördliche Allee losgehen.
Während der Bauzeit wird der evangelischen Kirchengemeinde von der katholischen Pfarrei die Spitalkirche als vorübergehendes Domizil zur Verfügung gestellt. Als Pfarrbüro und Raum für Vorstandssitzungen und andere Zusammenkünfte kann auf den Zehntkeller der VR-Bank zurückgegriffen werden.
Das Konzert mit italienischer Orgelmusik am 9. Juli wird definitiv die letzte Veranstaltung in dem Gotteshaus sein. Am 10. Juli wird bereits damit begonnen, die Bänke auszuräumen. Und am 11. Juli trifft sich die Gemeinde zum ersten Gottesdienst in der Spitalkirche. Einen Tag später macht sich dann die Orgelbaufirma an den Ausbau des Instruments. Als Termin für die Fertigstellung hat Architekt Reinhold Jäcklein den Zeitraum Oktober/November 2011 anvisiert.
Pfarrer Jean-Pierre Barraud, der sich mit seiner Frau Anja Saltenberger-Barraud die Pfarrstelle teilt, freut sich, dass nun der Startschuss unmittelbar bevorsteht. Andererseits weiß auch er um die Bedenken vor allem älterer Gemeindeglieder. Ihnen falle es schwer, sich von vertrauten Dingen trennen zu müssen, die mit der Umgestaltung einhergehen. Viele würden eben noch emotional stark an „ihrer“ Kirche hängen, in der sie oft schon getauft und konfirmiert wurden.
Der Pfarrer: „Kirche kann, darf und muss sich aber verändern und sich dem anpassen, was für sie künftig notwendig sein wird. Dadurch bleibt sie lebendig und interessant. Schritte wie dieser zeugen von Mut und Freiheit. Es ist der Versuch, die Kirchengemeinde und ihr Zentrum startklar zu machen, für Begegnungen aller Art.“ Es sei eine spannende Baustelle. „Wir behalten die Kirche, bauen sie um, bauen aber auch nebendran etwas Neues an.“
„Das Alte bewahren und sinnvoll mit Neuem verbinden“, so könnte in der Tat das Motto lauten, unter dem das 1923 eingeweihte Gotteshaus und das 1961/62 angebaute Gemeindehaus zu einer neuen Einheit und zu einem richtigen Zentrum für Gottesdienste, Gespräch, Kultur und Begegnung verschmolzen werden sollen.
Durch die bessere Funktionalität können die Räumlichkeiten künftig sowohl für Gottesdienste und andere Zusammenkünfte der eigenen Gemeinde als auch für öffentliche Veranstaltungen, wie Konzerte, Aufführungen, Lesungen, Theatervorstellungen oder Kino-Vorführungen, weitaus besser genutzt werden. Die zuletzt genannten Aktivitäten sind im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ geplant, um so auch eine zusätzliche Förderung zu erfahren. Dadurch, dass die evangelische Kirchengemeinde ihre Räume für nichtkirchliche Zwecke zur Verfügung stellt, wird eine wesentliche Forderung erfüllt.
Pfarrer Jean-Pierre Barraud
„Kultur und Kirche“ könnte die künftige Doppelnutzung überschrieben werden: hier der Gottesdienstraum mit seiner sakralen Wirkung unter Einbeziehung der Orgel, dort der als öffentlicher Veranstaltungsraum genutzte Kirchensaal.
Letztendlich soll der Neubau einer lebendigen und offenen Kirchengemeinde architektonischen Ausdruck verleihen. Pfarrer Barraud: „Wir als evangelische Kirchengemeinde wollen uns ganz klar weiter öffnen und erhoffen uns nicht zuletzt einen neuen Schub für das Gemeindeleben.“
Das sei man sich auch als große evangelische Kirchengemeinde mit 1600 Seelen in Gerolzhofen und dem Umland inmitten der katholischen Diaspora schuldig. Man demonstriert als „kleine Kopie der katholischen Stadtpfarrkirche außerhalb der Stadtmauer“ also durchaus Selbstbewusstsein.
Als „klasse Idee“ wertet Pfarrer Barraud in diesem Zusammenhang den von Johannes Neumann, dem Vertrauensmann des Kirchenvorstands, an sämtliche Gemeindeglieder herausgegebenen Rundbrief. So wüssten jetzt alle in der Kirchengemeinde über die anstehende Baumaßnahme Bescheid. Zudem habe es erfreulicherweise zahlreiche Rückmeldungen gegeben.
So hätten sich viele bereit erklärt, tatkräftig mitzuhelfen oder das Projekt auf andere Art und Weise, etwa durch Spenden, zu unterstützen. Jean-Pierre Barraud: „Dieser unspektakulären Aktion verdanken wir zahlreiche Leistungen, die das Ganze für uns günstiger machen.“ Der Pfarrer ist sich zudem sicher, dass noch mehr mitmachen werden, wenn sie angesprochen werden. Es sei ein guter Startschuss gewesen.
Gefunden ist inzwischen auch eine Unterstellmöglichkeit für die Orgel. Den trockenen und belüftbaren Raum stellt ein Ehepaar aus der Kirchengemeinde zur Verfügung.