"Wie geht`s, wie steht's, schon lange nicht gesehen, lasst alles liegen und stehen, heute feiern wir unser Wiedersehen." Begleitet von eingängiger Musik navigiert Tanzleiterin Marianne Mann mit ihrer rhythmischen Ansage durch eine Bewegungsabfolge mit Hände klatschen, auf die Schenkel klopfen, Arme schwingen und mit den Füssen stapfen. An die 250 Seniorinnen und Senioren machen im Freizeitzentrum ihre Choreografie beim Begrüßungstanz im Sitzen aufmerksam mit.
Die gemeinsame Tanzeinlage gehörte zur Eröffnung eines Tanzfestes unter dem Titel "Erlebnistanz – Wer tanzt ist selten allein." Ein solches Senioren-Tanzfest gibt es schon seit Mitte der 1980er Jahre im Evangelischen Gemeindehaus in Schweinfurt. Das Fest wurde in der Vergangenheit im Rahmen der Seniorenwochen vom Seniorenbüro Schweinfurt organisiert. Weil das Gemeindehaus jetzt Ausweichspielstätte für das Theater ist, nahmen Marianne Mann, Anni Staat, Hiltrud Neubert und Eva Adelhardt die Organisation in diesem Jahr selbst in die Hand und siedelten die Veranstaltung nach Waigolshausen in die von der Gemeinde mietfrei zur Verfügung gestellte Halle um.
Auch Jüngere ab 50 können mitmachen
Die vier Frauen haben alle beim Bundesverband Seniorentanz e.V. eine Ausbildung zur zertifizierten Seniorentanzleiterin gemacht und sind beim Arbeitskreis Schweinfurt engagiert. Eva Adelhardt aus Schwanfeld ist auch die Landesvorsitzende Bayern. Alle vier leiten seit vielen Jahren Seniorentanzgruppen im Landkreis.
Der Schwerpunkt lag in der Vergangenheit vor allem bei Tanzgruppen für mobile und noch recht fitte Senioren, die auf der Fläche tanzen. Sechs solche Tanzkreise gibt es aktuell im Landkreis Schweinfurt, zehn weitere in der Region von Fladungen bis Volkach, Hassfurt und Unterpleichfeld. Ein weiterer ist bei der Volkshochschule Schweinfurt angesiedelt. Weil zu einem Seniorentanz niemand kommt, wie Marianne Mann sagt, heißen die Angebot Erlebnistanz oder wie bei ihr in Heidenfeld "Tanzen bewegt". Willkommen sei jeder, der Freude an Tanz und Bewegung zu schöner Musik hat. Auch Jüngere ab 50 können schon mitmachen.
Tanzen im Sitzen in den Fokus rücken
Ein weiteres Angebot ist das Tanzen im Sitzen, das noch nicht so bekannt und mit Vorurteilen behaftet sei, erklärt Mann. Erstmals beim Tanzfest wurde diese besondere Tanzart, die sich insbesondere an Senioren mit gesundheitlichen Einschränkungen richtet, mit einem eigenen Programmteil in den Fokus gerückt. In einem großen Stuhlkreis tanzten die Seniorinnen aus den Sitztanzgruppen gemeinsam eine Reihe von Tänzen, deren Figuren und Abläufe der Verband zu geeigneter Musik entwickelt.
Vom Tanzen auf der Fläche überfordert
Bisher ist das Angebot an Sitztanzgruppen überschaubar. In Waigolshausen zählt das Tanzen im Sitzen etwa 20 Teilnehmerinnen in zwei Gruppen. In Schwanfeld gibt es eine Gruppe mit zwölf, womit aber die Höchstzahl erreicht sei, sagt Tanzleiterin Eva Adelhardt. Getanzt wird seit etwa sieben Jahren immer montags im zweiwöchigen Turnus. Bei den Tanzstunden mit dabei ist Anni Staat, die zwischen den Tänzen spezielle Übungen zum Gedächtnistraining einbaut. Außerdem leitet Staat schon seit 2013 eine Sitztanzgruppe in Hergolshausen.
In Mühlhausen bietet Hiltrud Neubert seit kurzem zweimal im Monat im Sportheim Tanzen im Sitzen an. 15 Jahre leitete sie den Erlebnistanz im Ort. Dann kam Corona. Viele der Älteren seien mittlerweile vom Tanzen auf der Fläche überfordert, sagt die Tanzleiterin. Die Fitteren tanzen jetzt in Waigolshausen mit. Eine Sitztanzgruppe bei den Klosterschwestern in Heidenfeld, die Marianne Mann wöchentlich abhält, komplettiert das derzeitige Angebot in der Region.
Keine Erklärung für das Fernbleiben der Männer
Lange überlegen müssen die Seniorinnen der Waigolshäuser Sitztanzgruppe nicht, um während der Kaffeepause zu erklären, warum sie mitmachen: "Es ist eine Abwechslung für die Älteren." "Du kommst naus." – "Es macht Spaß und tut gut." – "Das Gedächtnistraining ist super" – "Man geht beschwingt heim." – und in der Gruppe werde viel gelacht. Die meisten sind 80 aufwärts, ein paar über 90, die Älteste zählt 96 Jahr, sei aber heute zuhause geblieben. Eine Erklärung für das Fernbleiben der Männer haben sie nicht. Nur einmal sei ein Mann da gewesen, dann aber nicht mehr gekommen, erzählen sie.
Gemeinsames Tanzen weckt die Lebensgeister
Ihre Wertschätzung für die Seniorentanzangebote bringen in Grußworten der Waigolshäuser Bürgermeister Christian Zeißner und Landrat Florian Töpper zum Ausdruck. Dann folgt als zweiter Programmpunkt das gemeinsame Tanzen auf der Fläche. Die Tänze sind allen Teilnehmerinnen aus ihren Tanzkreisen bekannt, werden von verschiedenen Tanzleiterinnen aber noch mal kurz vorgestellt.
Möglichen altersbedingten Veränderungen wird durch den Verzicht auf Hüpfen, Springen oder schnelle Drehungen bei den Figurenfolgen Rechnung getragen. Ansonsten hat das Repertoire mit Tänzen aus aller Welt und einer Vielfalt an Schritt- und Bewegungskombinationen kaum Grenzen. Und die Seniorinnen auf dem Parkett zeigen überzeugend, dass gemeinsames Tanzen auch bei älteren Menschen eine wohltuende Wirkung entfaltet, die Lebensgeister weckt und die körperliche und geistige Fitness fördert.