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GELDERSHEIM
Erinnerungskultur am Biegenbach
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 02.04.2019 09:54 Uhr

„Eine Statistik ist wie ein Bikini“, stellte Erich Hemmerich launig am Ratstisch fest: „Sie stellt anschaulich dar, was sie zeigen will, aber das, was man gerne sehen möchte, versteckt sie.“

Die kurze Gemeinderatssitzung drehte sich tatsächlich ums Verhüllen. Genauer um die Dämmung für die Außenhülle des Neubaus von Kindergarten und Mittagsbetreuung, auf der grünen Wiese an der Valentin Engelhardt-Grundschule. Die endgültigen Kosten nach dem Wegfall des Büchereitrakts sind weiterhin unbekannt. Architekt Joachim Perleth hatte eigentlich an ein monolithisches (einheitliches) Blockstein-System gedacht, allerdings bemerkt, dass dieses an einigen Stellen rissanfällig wäre. In diesem Fall müsste man etwa zehn bis 15 Prozent der Fläche mit Mineralwolle belegen. Allerdings hatte sich der Gemeinderat zuvor gegen die Verwendung von Fasermaterialien ausgesprochen, Zitat laut Perleth: „Alles, was wir aus Fasern gemacht haben, war 20 Jahre später problematisch.“

Der Experte schlug nun, zwecks Altlastenvermeidung, ein Wärmeverbundsystem mit Beton-Mineralschaumplatten vor: faserfrei, nicht brennbar, mit guter Ökobilanz, Recyclingfähigkeit und Schallschutz-Effizienz. Dies sei mit dem Statiker abgestimmt, so der Planer, die etwas ungünstigere Wärmeleitfähigkeit gleiche man dank moderner Heizungstechnik wieder aus. Gegenüber der Variante Mineralwolle entsteht dadurch eine Kosten-Mehrung um 60 000 Euro.

Ein übersichtlicher Busfahrplan für die Strecke Richtung Schweinfurt soll im Gemeindeblatt, auf der Geldersheimer Homepage ebenso wie am Bushäuschen veröffentlicht werden. Eine Möglichkeit, in die Stadt zu gelangen, wäre auch ein Anruftaxi, allerdings müsste das schon am Vortag geordert werden.

Bei rund 20 000 Euro Kosten beschlossen wurde die Einrichtung einer Fläche für Baumbestattungen auf dem Friedhof: Mit drei Bäumen, wobei rund um die beiden großen Eichen Urnenrohre aus Filterbeton eingelassen werden.

Mit einer Spende von 500 Euro will sich die Gemeinde an der Schaffung des „DenkOrt Aumühle“ beteiligen: Vom Würzburger Güterbahnhof aus waren ab November 1941 die Mitglieder der jüdischen Gemeinden Unterfrankens zu den Vernichtungsstätten in Osteuropa transportiert worden. Vermutlich 2070 Menschen aus Unterfranken waren von Deportationen betroffen, der überwiegende Teil wurde über den Bahnhof Aumühle verschleppt, nach aktuellem Kenntnis-Stand gab es nur 63 Überlebende. Die Jüdische Kultusgemeinde und eine Projektgruppe will, am bislang unansehnlichen Ort, im Zusammenarbeit mit Bezirk und Stadt eine Gedenkstätte schaffen, in Form von Koffer-, Deckenrollen- oder Rucksack-Skulpturen, die an die Gepäckstücke der Opfer erinnern sollen.

In den Dörfern, wo es bei der „Machtergreifung“ noch jüdischen Gemeinden gab, sollen einzelne Gepäckstücke stehen und so eine symbolische Verbindung zum zentralen Gedenkort schaffen. Am Biegenbach gab es nur bis etwa zur Jahrhundertwende ein Bethaus, an der Ecke Würzburger Straße/Zürch. In der NS-Zeit lebten noch drei ältere Personen im Ort. Mehrere deportierte Familien (z.B. Weichselbaum oder Weglein) stammten aus Geldersheim.

 
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