"Sie sind ja auch Migrantin!" Diese augenzwinkernde Feststellung bekam Inge Weigand selbst schon zu hören. Die Sprecherin der "Elternschmiede", die sich nicht zuletzt für Schweinfurter Familien mit Migrationshintergrund einsetzt, stammt aus Oberösterreich, kam durch den Beruf als medizintechnische Assistentin an den Main und fühlt sich heute gut aufgenommen. Die Arbeitsgruppe "Elternschmiede" der Lokalen Agenda 2030 soll nun die Integration von Menschen erleichtern, die im Alltag ganz andere Barrieren überwinden müssen als etwaige Kulturgrenzen zwischen Österreich, Bayern oder Franken.
"Sommerschule" nennt sich die Projektwoche der AG auf dem Freizeitgelände des DFV in der Gartenstadt. Der "Deutsche Familienverband" mit der Zweiten Bürgermeisterin Sorya Lippert als Vorsitzender zählt selbst zum Integrations-Netzwerk der Stadt, ebenso wie das Projekt "MotherSchool". In der "Mutterschule" werden gezielt Multikulti-Muttis unterstützt, um ihre Kinder vor extremistischem Gedankengut zu schützen. Die "Elternschmiede" hält wiederum freundschaftlichen Kontakt zur islamischen Gemeinde, organisiert Vorträge und Familienausflüge.
In der Sommerschule bekamen nun 37 Kinder der Friedrich-Rückert-Grundschule maßgeschneiderte Nachhilfe in Deutsch und Mathematik von Weigand sowie ihren Mitstreiterinnen Ursula Oberleitner und Lusine Kunkel. Eine Woche lang sollten "Corona-bedingte Lern- und Kenntnislücken" ausgeglichen werden, wie es im Elternbrief der Rückertschule heißt, wo der Migrationsanteil mit bis zu 90 Prozent besonders hoch ist. Syrien, Afghanistan, Iran, Albanien oder die Türkei sind als Herkunftsländer gut vertreten. Viele Kinder haben Fluchterlebnisse hinter sich.
Trotz Digitalisierung ist Distanzunterricht unter solchen Bedingungen schwieriger als ohnehin schon. Vormittags wird gelernt. Nachmittags gibt’s Sport und Spiel zum Ausgleich, unterstützt durch den "Idealverein für Sportkommunikation und Bildung" und die Betreuer des internationalen "i-Campus" der Hochschule, wo künftige Ingenieure und Maschinenbauer beim Integrieren mithelfen. Auch fürs leibliche Wohl ist "An der Pfanne" gesorgt.
"Integration, das ist immer so ein Wort", findet Inge Weigand, da schwinge dieses "Du musst dich anpassen" mit: "Wichtig ist, dass jeder die gleichen Chancen hat, hier zu bestehen."
Unterhält man sich mit den Jungs und Mädels auf der grünen Wiese, merkt man schnell: Da wächst eine völlig neue Generation Schweinfurter heran, die weder in die eine noch die andere Schublade passt, aber schon im Grundschulalter Erfahrungen aus zwei Welten mitbringt. Auf dem Spielfeld betreut Ann-Kathrin Glöckner den Völkerball, wo Jungs gegen Mädels spielen mit einigem Temperament beim gegenseitigen Abwerfen. "In dem Alter normal", sagt Inge Weigand. Eine eigene ost-westliche Mischsprache hat aber schon Einzug gehalten, die auf dem Pausenhof längst auch von den urfränkischen Kids gepflegt wird. "Jalla!" heißt frei übersetzt "Mach schon! Schnell!", "Wallah!" "Ich schwöre!".
Auch die Studenten vom "Internationalen Campus" haben viel Spaß in der Gartenstadt. Sie stammen selbst aus Indien, Pakistan oder Simbabwe und helfen zwischen in der Küche und und an der Tischtennisplatte mit. Guillermo ist ein angehender Mechatroniker aus Guatemala und hat schon einen Unterschied zu seiner lateinamerikanischen Heimat festgestellt: "In Schweinfurt ist es momentan heißer als in Guatemala City."