
Eigentlich wäre jetzt die kritische Zeit im Wald. Ab Ende April schlüpfen je nach Witterung und Laubaustrieb der Eiche die Raupen des Eichenprozessionsspinners. Doch Volker Conrad, Revierleiter im Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen sowie im Gerolzhöfer Stadtwald, kann weitgehend Entwarnung geben.
Er stellt fest: „Im Großen und Ganzen sieht es heuer an der Eichenfront etwas entspannter aus“. Zurückzuführen ist dies auf zwei Gründe.
Erstens das Spritzen besonders betroffener Waldgebiete und zweitens der relativ günstigen Witterung. Deshalb sind auch keine Spritzaktionen im großen Rahmen gegen den Eichenwickler und den Eichenschwammspinner geplant, so Conrad.
Allenfalls im Hinblick auf den Eichenprozessionsspinner könnte es zur punktuellen Bekämpfung an besonders stark frequentierten und sensiblen Stellen wie dem Waldkindergarten im Mahlholz, der Sportanlage im Schulzentrum oder der Naherholungsanlage in der Nützelbachaue kommen, indem die besonders für Allergiker gefährlichen Gespinstnester von einer Fachfirma „weggespritzt“ oder von der Feuerwehr verbrannt werden. Aber auch hier wird es keine größeren Bekämpfungsaktionen geben, auch wenn der Prozessionsspinner „nach wie vor da ist“, so Conrad. Mit anderen Worten: Das Problem ist nicht beseitigt, sondern nur eingedämmt. Speziell in der Hörnau sehe es nach den großflächigen Spritzflügen im Jahr 2010 sehr gut aus. Die Bäume hätten auf die Behandlung gut reagiert und sich erholt. Das könne man auch an dem Eichenmastjahr 2012 erkennen, das entsprechend Eicheln für die Verjüngung der Bestände lieferte.
Auch wenn es sich im Fall der Hörnau bewahrheitet habe, beschere das Spritzen aber nur einen vorübergehenden Erfolg, so Volker Conrad. Er bekräftigt: „Die Bekämpfung ist die eine Seite. Dem Problem muss grundsätzlich mit dem Waldumbau entgegengewirkt werden. Aber das ist eine langfristige Geschichte.“
Ein erster Eichen-Rettungsversuch war im rund 145 Hektar großen Hörnauer Wald im Frühjahr 2009 vorgenommen worden. Es hatte sich jedoch gezeigt, dass die 7,5 Hektar große, extrem befallene Fläche im Besitz der Stadt Gerolzhofen zu klein war, um die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners durch die Spritzung wirksam einzudämmen. Im Gegenteil: In der Folge hatten sich der Eichenprozessions- und auch der Schwammspinner im Hörnauer Wald entgegen aller Prognosen explosionsartig vermehrt, wie sonst nur selten an anderer Stelle in Bayern. Als dritter Nachtfalter-Schädling im Bunde hatte sich zu allem Unglück der Eichenwickler hinzugesellt und so für eine weitere Verschärfung der kritischen Lage gesorgt. Er war 2009 wie aus dem Nichts in der Hörnau aufgetaucht und hatte die Eichen kahl und licht gefressen.
Die Fachbehörden hatten deshalb dem Einsatz von Dimilin und Dipel im Jahr 2010 in der gesamten Hörnau zugestimmt. Dabei wurden unter wissenschaftlicher Begleitung des Bayerischen Landesamtes für Wald- und Forstwirtschaft in Freising (LWF) und Überwachung durch Peter Aichmüller vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen 83 Prozent der Hörnau-Fläche mit dem auf den Wirkstoff Diflubenzuron basierenden chemischen Häutungshemmer Dimilin per Hubschrauber aus der Luft gespritzt, um die Rückbesiedlung des Eichenprozessionsspinners möglichst lange aufzuhalten. Am Waldrand und mit Rücksicht auf möglicherweise sich häutende Amphibien im Umfeld des Silberbaches und weiterer Feuchtflächen und Gewässer wurde aufgrund der Wasserschutzauflagen auf der Restfläche von rund 17 Prozent das biologisch-technische Mittel Dipel ausgebracht. Dahinter steckt der Bacillus Thuringiensis, kurz „BT“. Das Bakterium wirkt tödlich auf die Larven des Nachtfalters. Bei der Spritzung der Hörnau hatte der Hubschrauber 2010 in der hiesigen Gegend zudem seine Kreise über dem Frankenwinheimer Holz gezogen.
Vor allem auf den Flächen, auf denen Dimilin eingesetzt worden war, hatte sich daraufhin eine sehr gute Wirkung eingestellt. Im Frankenwinheimer Teil der Hörnau, wo erstmals 2010 aus der Luft gespritzt worden war, konnte das Befliegen aber nicht verhindern, dass weitere Bäume abgestorben sind oder noch absterben werden. Sie waren bereits zu sehr vorgeschädigt gewesen.
Der Eichenprozessionsspinner kann durch die Fraßschäden nicht nur für die Eichenbäume gefährlich werden, sondern auch durch die giftigen Brennhaare seiner Raupen eine gesundheitliche Gefährdung für den Menschen darstellen, indem diese bei Berührung oder beim Einatmen allergische Reaktionen auslösen können. Die Symptome können von starken Hautausschlägen über asthmatische Beschwerden bis hin zum allergischen Schock reichen. Das Fatale ist, das sich die feinen Härchen teilweise über mehrere Jahre in den alten Gespinstnestern halten.
Eichenprozessionsspinner
Die Schmetterlingsart kommt, wie der Name schon sagt, vor allem an Eichen vor. Die Raupen des Eichenprozessionsspinners fressen Eichenblätter und bilden dann so genannte Prozessionen, sprich Ketten vieler hundert hintereinanderher laufender Individuen. Die Härchen der Raupen tragen das Protein Thaumatopoein, das beim Menschen zu allergischen Reaktionen führen kann, wenn die Haare mit der Haut in Kontakt kommen. Dabei können sich die Härchen teilweise über mehrere Jahre in den alten Gespinstnestern erhalten.
Die Klimaerwärmung begünstigt die Massenvermehrung blattfressender Schmetterlingsraupen wie des warm-trockenes Klima liebenden Eichenprozessionsspinners, weshalb auf lange Frist nur der Waldumbau das Problem lösen kann. Text: novo