„Frauenspersonen, Geisteskranken, Schülern und Lehrlingen“ ist die Mitgliedschaft in politischen Verbänden verboten – so ein Vereinsgesetz aus der Kaiserzeit, gültig noch bis 1908. Seitdem hat sich für die „Frauenpersonen“ viel geändert, doch noch immer ist die fehlende Gleichberechtigung der Frau ein Thema. In der Stadtbibliothek Gerolzhofen hielten Regina Sdrzalek und Sibylle Schmidt-Lawrenz vom Frauennetzwerk Memmingen dazu einen Vortrag.
Seit Anfang April zeigt die Bibliothek die Ausstellung „Da muss ich erst meinen Mann fragen“. Motive, diese Ausstellung ins Leben zu rufen, gäbe es genug, sagte Sibylle Schmidt-Lawrenz. Sie soll an die Einführung des Frauenwahlrechtes vor fast 94 Jahren erinnern. Außerdem sei es interessant, wie Frauen in der Politik seither agiert haben, was sich verändert hat und wie die teils hart erkämpften Rechte im realen Frauenleben angekommen sind.
In ihrem Vortrag blickten Schmidt-Lawrenz und Sdrzalek auf die Geschichte der Frauenrechte zurück. Schon 1870 gab es erste Forderungen nach dem Stimmrecht für Frauen, die sich aber erst mit der Novemberrevolution 1918 durchsetzten. 1919 durften Frauen dann erstmals bei der Nationalversammlung ihre Stimme abgeben.
Obwohl die christlich-konservativen Parteien nach dem Krieg wenig zur Gleichberechtigung beitrugen und an der „Hausfrauen-Ehe“ festhielten – die Frauen wählten sie. Ihnen wurde damit die Rolle der Hausfrau und Mutter zugewiesen, obgleich um 1950 schon 44 Prozent der Frauen berufstätig waren.
Schmidt-Lawrenz und Sdrzalek erzählten auch von der Frauenrechtlerin Elisabeth Selbert, die forderte: „Die Frauen, die während der Kriegsjahre auf den Trümmern standen und den Mann an der Arbeitsstelle ersetzten, haben einen moralischen Anspruch darauf, so wie der Mann bewertet zu werden.“ Selbert war Juristin und hätte fast selbst unter der Ungleichbehandlung gelitten: 1934 bekam sie die Zulassung zur Anwaltschaft, ab 1935 wurden nur noch männliche Bewerber zugelassen.
Geradezu unerträglich sei die Situation der Juristinnen um die Jahrhundertwende gewesen. Frauen im Richteramt führten zu einer Schädigung der Rechtspflege, so die Meinung damals.
Interessant auch der Aspekt „Frauen in der Kirche“. Ein konfessioneller Vergleich lohne sich, fand Sibylle Schmidt-Lawrenz. Während die katholische Kirche nicht bereit sei, ihren Standpunkt in dieser Frage zu überdenken, gebe es mittlerweile weibliche muslimische Geistliche. In der evangelischen Kirche begann der Fortschritt 1958 mit der ersten Pastorin. Heute liegt der Frauenanteil bei über 30 Prozent.
Am Ende des Vortrags betonten beide Frauen, wie wichtig es sei, den rechtlichen Status heute zu betrachten. Wie nutzen Frauen ihre Möglichkeiten, sei es in der Bildung, im Beruf, in der Politik, in Spitzenpositionen oder im Sport? „Für die Gleichberechtigung gibt es kein Patentrezept, sie ist vielmehr ein andauernder Prozess, der von beiden Geschlechtern individuell mitgestaltet werden sollte“, sagte Regina Sdrzalek abschließend.
Die Ausstellung ist noch bis Dienstag, 17. April, in der Stadtbibliothek zu sehen.