Es könnte so schön sein. Man bringt am Abend sein Kind zu Bett, wiegt es in den Schlaf oder liest ihm eine kurze Geschichte vor und schon schlummert das Kleine einer friedlichen Nacht entgegen. Aber die Realität sieht meist anders aus. Der Nachwuchs quengelt herum, will oder kann nicht einschlafen. Und ist es doch endlich geschafft, werden Mama und Papa ein paar Stunden später schon wieder geweckt.
Dr. Maria Koester-Lück, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowie Psychotherapeutische Medizin, kennt solche Probleme. „Jedes dritte bis fünfte Kind im Alter von null bis drei Jahren ist von Ein- und Durchschlafstörungen betroffen.“ Die Oberärztin an der Klinik für Kinder und Jugendliche am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt und ihr Team bieten betroffenen Eltern in ihrer „Baby-Sprechstunde“ frühzeitig Hilfe an. Über Ursachen und Lösungsansätze zu diesem Thema referierte Koester-Lück auch im Rahmen der Reihe Arzt-Patienten-Seminar.
Trennungsschmerz
Der Konferenzraum im Leopoldina ist gut gefüllt. Mehrere Mütter und Väter sind bereit, ihre persönliche Situation zu schildern. Da ist zum Beispiel der elf Monate alte Sohn, der nachts nicht schlafen kann und fast jede Stunde gestillt werden möchte. Eine sieben Monate alte Tochter kommt nicht zur Ruhe, weil sie zu viele Reize wahrnimmt. Ein Zweijähriger wacht immer gegen 22 Uhr auf und lässt sich nur beruhigen, wenn er im Bett der Eltern weiterschlafen darf.
Es gibt unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Schlafstörungen, eines haben sie alle gemeinsam: Sie belasten das „System Familie“. „Ausreichender Schlaf ist eine wesentliche Grundlage einer gelungenen Entwicklung“ eines Kindes. Bekommt es nicht genug davon, führt dies häufig zu hyperaktivem Verhalten. Doch nicht nur der Nachwuchs ist tagsüber gereizt und unausgeglichen, die Eltern, vor allem die Mütter, leiden ebenso, wenn sie mehrmals in der Nacht aufstehen müssen. Im schlimmsten Fall ist eine Mutter so erschöpft, dass sie keine Freude mehr an ihrem Kind hat.
Grundsätzlich sind es biologische Prozesse, die auf das Schlafverhalten wirken, wie Koester-Lück erläutert. Genetisch vorgegeben ist die „innere Uhr“ eines Menschen. Sie legt von Anfang an fest, ob man als „Lerche“ oder „Eule“ geboren wurde, also ob man Frühaufsteher oder Langschläfer ist.
Hinzu kommen Reifungs- und Lernprozesse, die die Nachtruhe beeinflussen. Dabei treten Störungen immer dann auf, wenn Kinder nicht in der Lage sind, sich selbst zu regulieren, das heißt, wenn sie nicht einschlafen können, obwohl ihr Körper ihnen signalisiert, dass sie müde sind. Sie tun sich schwer bei den Übergängen zwischen Schlafen und Wachsein. Dies tritt vor allem in den ersten paar Lebensmonaten auf, der Tag-Nacht-Rhythmus muss sich erst einspielen.
Später, ab circa fünf, sechs Monaten, ist „das wichtigste Thema bei Schlafproblemen das Thema der Trennung“. Wenn also der Sohn/die Tochter nicht gelernt hat, die vorübergehende Abwesenheit der Eltern zu bewältigen, sind Ein- und Durchschlafstörungen die Folge.
Was man dagegen tun kann und wie Eltern reagieren sollten, dafür gibt es kein Patentrezept. Da jedes Kind anders ist, ergeben sich auch in der Sprechstunde unterschiedliche Lösungsansätze. Beruhigungshilfen wie Stillen, Schnuller geben, Herumtragen oder das Kind ins elterliche Bett bringen, wirken nur kurzfristig. Das Baby/Kleinkind gewöhnt sich nur allzu schnell daran und kann ohne sie gar nicht mehr normal schlafen.
Koester-Lück plädiert stattdessen für geregelte Zubettgeh- und Aufstehzeiten, feste Einschlafrituale in ruhiger Atmosphäre sowie die Vermittlung von Sicherheit und Geborgenheit am Tag. Sie sind in jedem Fall beste Voraussetzung für eine geruhsame Nacht. Kommt es dennoch zu Problemen, müssen auch Eltern„loslassen“ lernen, dürfen nicht überfürsorglich sein. Ihr Tipp: Wacht das Kind auf und fängt zu schreien an, kurz zu ihm reingehen, es mit ein paar Worten wie „es ist alles gut, schlaf jetzt wieder“ beruhigen und das Zimmer verlassen. Dies kann sich mehrmals in der Nacht wiederholen, wobei man die Abstände, bis man ins Zimmer geht, schrittweise verlängern sollte. Mit der Zeit setzt so ein psychologischer Lernprozess ein. Das Kind begreift, dass Mama und Papa da sind, auch wenn sie sich nicht ständig im Zimmer aufhalten und dass Schlafen etwas Schönes ist.
Dieser Prozess zerrt an den Nerven und kostet die Eltern viel Kraft, aber es lohnt sich und trägt letzten Endes nicht nur zur Förderung der kindlichen Entwicklung, sondern auch zur Entlastung der Familie bei.
Und da beißt sich die Katze doch schon wieder in den Schwanz und erfordert die nächsten Expertenrunden.... wie bringe ich den individuellen Tag/Nacht - Wach/Schlaf-Rhythmus eines Babys mit dem doch meist hektischen Tagesstart vor dem Weg zur Kinderkrippe und ins Büro (gleich ob Papa oder Mama) so in Deckung, dass das Kind ganz entspannt die folgende Nacht durchschläft.
Klar, da fehlen individuell regelbare Arbeitszeiten, deshalb wird das allseits gefordert. Und die da diskutierenden Experten haben dann ganz sicher Verständnis, wenn ihr/ihm nett mitgeteilt wird, dass der vereinbarte Termin wegen Vereinbarkeit von Beruf und Familie jetzt gerade platzt. Oder man verzichtet z.B. auf die gebuchte Friseurin und lässt einfach eine andere an die Frisur....