Für 220 Glückliche ging es am Samstag ab zehn Uhr in den Schweinfurter Untergrund. Knapp doppelt so viele Menschen hatten sich für die beliebte Führung, die von den Schweinfurter Sozialdemokraten veranstaltet wird, angemeldet. Dies Mal ging es in die Keller der Brauerei Roth, in der Obere Straße, und in den Weißen Turm.
In elf Gruppen verteilt, ging es jede halbe Stunde hinab in die Tiefe und damit in das Schweinfurt einer vergangenen Zeit. SPD-Stadtrat Peter Hofmann leitete die erste Führung gekonnt leichtfüßig. Mit jeder Treppenstufe roch es immer mehr nach einem leicht modrigen Kellergeruch. Nach einem zweieinhalbstöckigen Abstieg befanden sich die Geschichtsinteressierten schließlich im Schweinfurter Untergrund.
Zwischen acht und zehn Grad beträgt die Raumtemperatur in den Gewölbekellern. Um das Bier kühl zu lagern, wurde Eis aus dem Main gebrochen, zerkleinert und in die Keller gebracht. Besonders für das untergärige Märzenbier wurden kühle Temperaturen benötigt. Heutzutage wäre diese Art des Bierlagerns nicht mehr möglich, erklärt Hofmann. Eis auf dem Main ist in Anbetracht des Klimawandels eine Seltenheit geworden. Hätte es ein solches Klima damals bereits gegeben, wäre Franken wohl ohne Bier geblieben, sagt Hofmann.
Die großen Gewölbe sollen als Lager für Waffen und Vorräte gedient haben.
Es wird geschätzt, dass die drei großen Gewölbe unter der heutigen Brauerei aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges stammen. Die großen Gewölbe sollen als Lager für Waffen und Vorräte gedient haben. Die Roth'schen Keller waren vermutlich Teil der Verteidigungsanlage und mit vielen weiteren Kellern verbunden. Viele dieser Keller sind heutzutage entweder vermauert oder verschüttet. Die Führungsteilnehmer und -teilnehmerinnen hörten aufmerksam und fast andächtig den Ausführungen Hofmanns zu.
Der Stadtrat beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Schweinfurter Stadtgeschichte. Bis in die Zwanzigerjahre gehörten die Keller zur Vereinsbrauerei. Danach gehörten sie für eine kurze Zeit einer landwirtschaftlichen Maschinenfabrik, bis sie dann von der Brauerei Roth gekauft wurden. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Brauerei zerstört. Nach dem Krieg durfte der damalige Inhaber Ernst Roth die Brauerei nicht betreten. Doch Roth widersetzte sich der Anordnung der Alliierten und betrieb die Bierbrauerei heimlich weiter.
Allen Widerständen zum Trotz. In den Jahren verlagerte sich der Betrieb auf das heutige Gelände. Heutzutage, berichtet Hofmann, ist das Unternehmen "die erste und die letzte Brauerei in Schweinfurt" - und das "mit einem tollen Bier", merkt Hofmann gut gelaunt an. Im Anschluss lud er im Namen der SPD Schweinfurt und der Brauerei Roth die Teilnehmenden auf ein "kühles Blondes" sowie auf alkoholfreie Getränke auf dem Brauereigelände ein.
Eine Besucherin fragte Hofmann zum Schluss der Führung, warum solche Rundgänge nicht wöchentlich stattfinden. Das sei aufgrund der Organisation durch Ehrenamtliche nicht möglich, antwortete Hofmann. Die nächste Führung ist für November geplant, damit diejenigen, die diesmal keinen heißbegehrten Platz für die Führung ergattern konnten, dann auch zu den Glücklichen gehören, die Schweinfurts Untergrund erkunden dürfen.