Es sieht nach Arbeit aus, im Hof von Andreas und Anna Böhm. Viel Arbeit, die sie bereits erledigt haben, und noch etwas Aufwand, um das große Anwesen mitten in Waigolshausen noch malerischer zu gestalten. Denn schon das bisherige Ergebnis der Instandsetzung zeigt, dass es sich gelohnt hat, dass ein einzigartiges und ganz individuelles fränkisches Schmuckstück zum Wohnen und Leben für die junge Familie entstanden ist.
Es war keine leichte Entscheidung für Andreas Böhm aus Vasbühl, als er sich 2013 entschloss, das Erbe in Waigolshausen anzutreten. Denn der Bauernhof, aus dem sein Vater stammt und den seine Oma zuletzt bewohnt hatte, stand seit zehn Jahren leer. Wildnis hatte sich auf dem großen, ehemaligen Doppelhof ausgebreitet, die Gebäude waren in keinem guten Zustand, das Wohnhaus einsturzgefährdet.
Aber: Das Grundstück war in Familienbesitz, die Lage mitten im Dorf gefiel Andreas und seiner Frau Anna, es bot zudem viel Platz und "der Hof ist groß, so dass die Sonne hereinkommt", sagt der 39-Jährige. Nur eine Stichstraße führt vom Dorfplatz zum Anwesen Am Freihof, das verkehrsberuhigt liegt. Die Schule und der Kindergarten sind ganz in der Nähe, wobei letztgenannter derzeit etwas weiter entfernt neu gebaut wird. "Dann werden die Kinder halt mit dem Rad hingebracht", meint der Bauherr mit Blick auf seine kleinen Söhne Paul und Leo.
Etwa zehn Jahre Zeit hatte er sich am Anfang gegeben, um aus dem maroden Anwesen wieder ein fränkisches Schmuckstück werden zu lassen. Das meiste erledigt der gelernte Naturstein- und Fliesenleger selbst, der als Bademeister sein Geld verdient. Dass man sich beim Sanieren nicht zu viel zumuten darf, weiß er mittlerweile. "Es gibt auch noch anderes im Leben", sagt er, "Familie zum Beispiel".
Deshalb lag der Fokus des handwerklich geschickten Paares zunächst auf dem Neubau des Wohnhauses, das von 2014 bis September 2015 mit Hilfe von Freunden und Verwandten bewältigt wurde. Vorher allerdings musste ausgeräumt, eingerissen und viel sortiert werden. Interieur und Baumaterial wurden nach "Schätzen" gesichtet, der Rest entsorgt – eine Heidenarbeit. "Alle Steine wurden mehrmals umgesetzt", sagt Andreas Böhm über die vielen Sandsteine, die heute die Einfriedung des Hofes, die Terrassenmauern oder den Haussockel zieren und für viel Atmosphäre sorgen. Steine liegen auch noch auf Haufen im Hof.
Eine Erstbauberatung durch die Gemeinde gab es damals noch nicht, auch kein kommunales Förderprogramm zum Bauen im Bestand, das 2016 in der Gemeinde eingeführt wurde. "Wir haben hier ohne Zuschüsse gebaut", sagt der Bauherr. Das ehemalige kleine Wohnhaus am linken Hofeingang hatten die Böhms zuerst hergerichtet, um beim Hausbau eine Unterstellmöglichkeit zu haben. Heute dient es gelegentlich als Partyraum.
Das neue Wohnhaus rechts am Hofeingang wurde tiefer als der Vorgängerbau errichtet und ohne Keller, weil noch zwei uralte Gewölbekeller auf dem Gelände vorhanden sind. Die Haustechnik ist im angrenzenden, bereits sanierten Nebengebäude untergebracht, dessen ausgebesserte Sandsteinmauer für viel Atmosphäre sorgt. Was auch für die Scheunenmauer gilt. Energetisch sinnvoll und zeitgemäß wurde das neue Wohnhaus mit 42er Gasbetonsteinen gemauert, das Dach gedämmt. Im Innern trug Andreas Böhm einen Rotkalkputz auf. "Ich wollte Masse ins Haus bringen, als Wärme- und Kältespeicher."
Fränkische Baukultur war und ist dem Ehepaar wichtig, gerade mitten im Dorf. Das schließt moderne Anklänge aber nicht aus. Altes und Neues wurde außen und innen kombiniert, Vintage-Fenster und Türen sowie ein vorgeblendeter Sandsteinsockel verleihen dem Wohnhaus besonderen Charme. "Wenn das Haus verputzt ist, kommen noch Fensterläden dran." Die Ideen, vor allem zur Gestaltung, stammen meistens von ihr, lächelt Anna Böhm, ihr Mann darf sie dann umsetzen.
Der früher unbefestigte große Hofraum wurde ausgebaggert und geschottert, und muss noch gepflastert werden. "Die Granitsteine dafür habe ich schon", zeigt Andreas Böhm auf kommende Arbeit. Einige Pflanzeninseln im Hof, etwa vor der Scheune und dem Nebengebäude, verleihen mit dem großen Nussbaum dem Anwesen einen malerischen Charakter. Weitere Rabatten für Grünanlagen sind schon gesetzt. "Aber alles nach und nach", sagt der Bauherr, dem die Arbeit nach eigenen Worten "immer noch Spaß macht".
Er sieht, genauso wie Bürgermeister Peter Pfister, die Gemeinde in der Pflicht, wenn es um das Herrichten der Straße vor dem Hofeingang geht, damit er auch diesen fertigstellen kann. Dort laufen die Zufahrten zu mehreren Anwesen zusammen. "Das steht auf der Agenda", versichert Pfister. Er ist froh darüber, dass sich wieder ein junges Paar mitten im Dorf niedergelassen hat, dass hier Leben eingekehrt ist und die Gebäude instand gesetzt werden.
Die Anstrengungen der Allianz Oberes Werntal zur Wiederbelebung der Altorte zeigen Wirkung. Ziel ist es, sogenannte Krapfendörfer zu schaffen, deren Inneres gut gefüllt ist, und Donut-Dörfer zu vermeiden, die in ihrem Kern leer sind. Die verschiedenen Aspekte dieser Innenentwicklung mit Vorbildcharakter beleuchten wir in unserer Serie.