10. Oktober 1946, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Zwischen dem Theater der Stadt Schweinfurt und den Bamberger Symphonikern. Eine Freundschaft, die mehr ist als eine bloße musikalische Partnerschaft. Eine Freundschaft gegenseitigen Respekts, die in diesem Jahr 70. Geburtstag feiert. In keiner anderen Stadt außerhalb von Bamberg haben die Symphoniker in ihrer Geschichte öfter gespielt als in der Wälzlagerstadt am Main – bisher genau 478 Mal.
In der kommenden Spielzeit kommen acht weitere Auftritte des nun als Nachfolger von Jonathan Nott vom Tschechen Jakub Hrùsa dirigierten Weltklasse-Ensembles dazu. Im Tagblatt war anno 1946 zu lesen, in den von der Firma Kugelfischer zur Verfügung gestellten Räumen – in Schweinfurt herrschte direkt nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der großen Kriegsschäden Mangel an Auftrittsmöglichkeiten – trat „das 55 Mann starke Orchester der Bamberger Symphoniker mit großem Erfolg auf.“
Die besondere Beziehung des aus Mitgliedern der deutschen Philharmonie in Prag und Musikern aus Karlsbad und Schlesien in der Domstadt gegründeten Orchesters zur Industriestadt Schweinfurt liegt natürlich vor allem in der Hilfe durch die Industriellenfamilie Schäfer begründet. Georg Schäfer unterstützte das Orchester finanziell und bot darüber hinaus Auftrittsmöglichkeiten. Die waren damals begehrt. Die Bamberger Dankbarkeit für diese Hilfe hat sich zu einer engen Freundschaft entwickelt, die bis heute anhält und beidseitig gelebt wird.
Der Schweinfurter Theaterleiter Christian Kreppel spricht bei den Symphonikern immer von einer ganz besonderen Beziehung, „von einer Ehre, dass dieses Orchester bei uns spielt.“ Anekdoten gibt es aus den sieben Jahrzehnten reichlich, sie alle illustrieren die partnerschaftliche Verbundenheit. Mitte der 2000er Jahre gab es zum Beispiel eine Versammlung einer rechtsextremen Partei im von den Symphonikern in Bamberg genutzten Konzertsaal an der Regnitz. Sie konnten nicht proben, riefen in Schweinfurt an, Christian Kreppel stellte sofort sein Haus zur Verfügung. Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser genehmigte ohne viel Federlesen Überstunden, die Kantine wurde geöffnet, die Bühnentechniker kamen, das Orchester konnte proben und die Schweinfurter Theatermitarbeiter durften lauschen.
Auch als die Bamberger beim 40. Geburtstag des Schweinfurter Theaters schon zugesagt hatten, dann aber zerknirscht anriefen und um die Absage des Termins baten, weil Dirigent Jonathan Nott just da einen Auftritt in London in der Carnegie Hall angeboten bekommen hatte, erwiesen sich die Schweinfurter als faire Partner und Freunde.
7055 Konzerte in 62 Ländern bis zum Beginn der Saison 2016/17 haben die Bamberger in ihrer Geschichte gegeben, 5924 davon in Deutschland. Umso beeindruckender, dass acht Prozent davon in Schweinfurt waren. Schon immer haben sich die Symphoniker auch als regionales Orchester definiert, treten nicht nur in Schweinfurt, sondern regelmäßig auch in Fürth, Erlangen und Bayreuth auf.
Christian Schmölder ist seit 1986 bei den Bamberger Symphonikern, für den Betriebsdirektor war die Zusammenarbeit mit Schweinfurt nicht nur wegen der räumlichen Nähe immer eine besondere. „Es gibt eine lange, enge Verbundenheit und ein partnerschaftliches Verständnis. Das war bei Günther Fuhrmann so, bei Rüdiger Nenzel und auch jetzt bei Christian Kreppel“, erzählt Schmölder. Eines zeichnete die Schweinfurter Intendanten alle aus: Risikofreudigkeit und die Bereitschaft, ihr Publikum immer wieder mit Neuem zu fordern.
Das, lobt Schmölder, „ist ein gutes, erfahrenes, aufgeschlossenes Publikum.“ Seinen guten Ruf bewies es zum Beispiel Ende der 1980er Jahre, als die Bamberger mit Dirigent Ingo Metzmacher Karl Amadeus Hartmanns Symphonien einstudierte. In Bamberg im alten Dominikanerbau, der früheren Heimstatt des Orchesters vor dem Neubau des Konzertsaals in den 1990er Jahren, konnte man aufgrund der Größe der Bühne nicht spielen. „Der Günther Fuhrmann hat sofort gesagt, immer her damit“, erinnert sich Christian Schmölder schmunzelnd.