Nach einer langen durch Corona bedingten Pause gibt es im Stadtmuseum Gerolzhofen zum Herbstfest – wie es früher stets üblich war – wieder eine Sonderausstellung zu sehen. Es handelt sich um eine Wanderausstellung, die der Bezirk Unterfranken in Zusammenarbeit mit dem
Museum für Franken konzipiert hat. Die Schau trägt den Titel "Woher – Wohin. Eine Ausstellung vom Ankommen und Weggehen". Am Wochenende fand die Eröffnung im kleinen Rahmen statt.
Zu allen Zeiten verließen Menschen aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat: auf der Suche nach Arbeit, Freiheit oder Sicherheit, aus wirtschaftlicher Not, aus Liebe oder Neugier, im Dienste ihres Glaubens, des Handels oder der Wissenschaft. Gerade Unterfranken als bedeutende Handels-, Universitäts-, Kultur-, Industrie- und Grenzregion hatte in der Vergangenheit einen hohen Grad an Wanderbewegungen zu verzeichnen – und dadurch auch einen besonders deutlichen Zugewinn an kulturellen Einflüssen und inspirierendem Austausch, sagte Anna Kraft, Sachgebietsleiterin Museum bei der Regierung von Unterfranken. Ausgehend von den großen Fluchtbewegungen im Jahr 2015 habe man versucht, bei der Auswahl der Themen den gesamten Regierungsbezirk Unterfranken abzubilden.
Zu- und Auswanderungen
Bürgermeister Thorsten Wozniak verwies darauf, dass weltweit 70 Millionen Euro Menschen auf der Flucht seien. Auch in der Stadtgeschichte Gerolzhofens seien immer wieder Menschen ausgewandert, aber auch eingewandert. Wozniak erinnerte beispielsweise an die von bitterer Not getriebene Auswanderung Gerolzhöfer Bürgerinnen und Bürger vor rund 300 Jahren ins heutige Ungarn und Rumänien. Und während des Zweiten Weltkriegs und kurz danach seien Hunderttausende aus den Ostgebieten vertrieben worden und hätten auch in Gerolzhofen eine neue Heimat gefunden. Und nicht zuletzt würden "Pizzeria, italienische Eisdiele und Döner zeigen, dass es auch danach noch zu Zuwanderungen gekommen ist".
Bei der großen Fluchtbewegung ab dem Jahr 2015 hätten viele Ehrenamtliche aus Gerolzhofen bei der Betreuung der Flüchtlinge "ein großes Herz gezeigt", sagte Wozniak in seiner Eröffnungsrede. Generell würden Neuankömmlinge, die "Neigeschmeckten", neue inspirierende Gedanken mitbringen und so die Gesellschaft "bunt und facettenreich" machen.
Mediale Inszenierungen
Die Sonderausstellung – in Gerolzhofen ist aus Platzmangel eine verkleinerte Version zu sehen – zeigt auf großen Stellwänden, mit originalen Exponaten, medialen Inszenierungen und emotionalen Begegnungen beispielhaft die Geschichten aus unterschiedlichen Epochen und macht deutlich, dass Mobilität und Migration seit Jahrhunderten prägende Elemente unserer Gesellschaft sind. Es geht um die Gründe, Mechanismen und Auswirkungen von Migration.
Da gab es zum einen Wanderbewegungen, die im Zusammenhang mit dem christlichen Glauben zu sehen sind: Waren es im 7. Jahrhundert iroschottische Wandermönche rund um Kilian, Kolonat und Totnan, die sich als Missionare im heutigen Unterfranken niederließen, gab es nach der Reformation und Gegenreformation Vertreibungen aus katholischen und protestantischen Gebieten, als der jeweilige Fürst nach dem Grundsatz "cuius regio, eius religio" die alleine geltende Religion für sein Gebiet festlegen konnte.
Hilfe beim Aufschwung
Im 18. und 19. Jahrhundert brachen immer wieder Menschen auf, um ihr Glück in anderen Ländern auf dem europäischen Kontinent zu suchen. Und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war dann Amerika das Ziel vieler Menschen mit der Sehnsucht auf ein vermeintlich besseres Leben. Jahrzehnte später, zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders, kamen schließlich Arbeitsmigranten aus Südeuropa ins Land und unterstützten mit ihrer Arbeitskraft den wirtschaftlichen Aufschwung.
Die Sonderausstellung wird bis zum 10. November vom Stadtmuseum Gerolzhofen in der Rüstkammer des Alten Rathauses präsentiert. Der Eintritt ist frei. Es gelten die Corona-Regeln.