Aus Offenbach am Main fährt der 43-Jährige am 18. Oktober letzten Jahres ins Fränkische. Er hat ordentliches Einbruchswerkzeug im Kofferraum, will seine Geldnot durch einen Einbruch etwas lindern. Wohl zufällig landet er in Dittelbrunn – und sieht, wie ein Ehepaar gerade sein Haus verlässt. Er versucht wohl Fenster aufzuhebeln, und als das nicht klappt, schlägt er das Küchenfenster ein und verschafft sich so Zutritt zum Haus.
Weit kommt der Einbrecher nicht
Im Gebäude durchwühlt der Einbrecher Schubladen und Schränke, schnappt sich Dinge von Wert wie teure Armbanduhren und Schmuck. Was er nicht bemerkt: Die Frau kommt ziemlich bald wieder zurück, sieht die Scherben am Boden, geht durch Ess- und Wohnzimmer Richtung Schlafzimmer – da kommt er ihr entgegen. "Mit einem Indianerschrei ist er an mir vorbei gerannt", sagt die 64-Jährige jetzt als Zeugin vor dem Schweinfurter Schöffengericht.
Sie alarmiert die Polizei. Eine Zivilstreife entdeckt im Rahmen der Fahndung das Auto des Mannes unweit des Tatortes, auf der B 286, und zieht ihn aus dem Verkehr, sagt ein Polizeizeuge jetzt im Prozess. Allerlei Einbruchwerkzeug wie Geißfuß und Aufblaskissen, aber auch eine Sturmhaube hat der Mann dabei – und die komplette Beute. Alle wertvollen Uhren, Ringe, Ketten, Anhänger und Broschen bekommt die Geschädigte zurück.
"Dann diese Schnapsidee"
Dass er den "Privatwohnungseinbruch" begangen hat, gibt der 43-Jährige schon der Polizei gegenüber sofort zu, und sein Geständnis wiederholt er auch am Dienstag vor dem Schöffengericht. Sein Tatmotiv ist ein häufiges, nämlich Geldnot, doch der Hintergrund scheint ungewöhnlich. Bis vor zwei Jahren habe er bei einem Autoteilezulieferer gearbeitet und Geld verdient, sagt der Angeklagte, bis er einen schweren Herzinfarkt erlitten habe. Bis heute sei er arbeitsunfähig geschrieben, weil nicht dauerhaft belastbar.
Der Verteidiger umreißt die wirtschaftliche und psychische Lage des Angeklagten so: "Bis zum Herzinfarkt hat er gearbeitet, war straffrei, danach fühlt er sich nutzlos, sitzt nur untätig zuhause herum. Dann kommt er auf so eine Schnapsidee." Der Anwalt sieht in dem Einbruch eher eine "Verzweiflungstat". Vorbestraft sei sein Mandant ja nicht, die Beute im Wert von 5000 Euro vollständig wieder bei der Eigentümerin und der Einbruchschaden von der Versicherung reguliert worden.
Eineinhalb Jahre auf Bewährung
Der Verteidiger plädiert auf eine Bewährungsstrafe von wenig über einem Jahr. Der Staatsanwalt hatte zwei Jahre beantragt – aber ebenfalls auf Bewährung. Eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe urteilt das Gericht, zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Einzige Auflage einstweilen: Der Angeklagte muss sich beim örtlichen Jobcenter um eine Fachberatung bemühen, ob und wie er wieder in Arbeit kommen könnte. Weitere Auflagen behielt sich der Vorsitzende ausdrücklich vor. Das Urteil ist rechtskräftig.
Offen bleibt die Frage, wieso der Mann für einen Wohnungseinbruch 160 Kilometer weit fährt. Einbrechen wollte er, meint das Gericht, wann und wo genau habe er wohl nicht geplant. Dass es dieses Haus in Dittelbrunn trifft, war offenbar reiner Zufall.