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Gerolzhofen
Ein Zaun gegen Familie Biber
Oberhalb der Biberburg am Nützelbach haben die Tiere schon mehrere Staustufen angelegt. Um die Bäume im Naherholungsgebiet zu schützen, errichtet die Stadt einen Zaun.
Die Pflöcke stehen schon: Westlich des Seewegs wird die Stadt Gerolzhofen einen Biberzaun errichten, damit die geschützten Tiere möglichst nur im Bereich des Bachs bleiben und sich nicht über die anderen Bäume im Naherholungsgebiet hermachen. Die ersten Bäume liegen schon flach. Bei der Vorstellung des Projekts (von links): Bürgermeister Thorsten Wozniak, 2. Bürgermeister Erich Servatius, Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann und Jürgen Kneißl vom städtischen Bauamt.
Foto: Klaus Vogt | Die Pflöcke stehen schon: Westlich des Seewegs wird die Stadt Gerolzhofen einen Biberzaun errichten, damit die geschützten Tiere möglichst nur im Bereich des Bachs bleiben und sich nicht über die anderen Bäume im ...
Klaus Vogt
 und  Norbert Finster
 |  aktualisiert: 29.04.2019 02:11 Uhr

Nachdem die Biber auf städtischer Gemarkung bislang nur am Volkachbach zwischen den Schrebergärten hinter der Kartbahn und der Gemeindegrenze von Dingolshausen fleißig tätig waren und den Bach an mehreren Stellen angestaut hatten, sind die streng geschützten Tiere nun auch in der Nützelbachaue aufgetaucht. Allem Anschein nach haben sie sich dafür am Volkachbach wieder verabschiedet.

Wer dieser Tage am Nützelbach unterwegs ist, dem fällt der ungewöhnlich hohe Wasserstand in dem kleinen, verschlungenen Bächlein auf. Beim genaueren Hinschauen entdeckt man, dass der Ablauf des Tümpels östlich des Seewegs mit Knüppeln und Zweigen verengt worden ist. Hier war ein Biber am Werk. Auf der steinernen Rinne hatte das Tier aber Schwierigkeiten, sein Baumaterial richtig zu befestigen und zu verkeilen. Deshalb funktioniert der See-Ablauf noch ganz gut und der geschotterte Seeweg ist noch nicht überflutet.  

System von Staustufen

Etwas weiter unten im Bachlauf sind aber mehrere Stauwehre entstanden, die das Wasser schon stark zurückhalten. Vor jeder Staustufe, die der Biber angelegt hat, ist das Wasser bereits über die Ufer getreten und es haben sich kleine Tümpel gebildet. Einige Bäume sind umgestürzt, aber nicht, weil sie vom Biber angenagt worden sind, sondern weil die Flachwurzler im aufgeweichten, überschwemmten Erdreich bei Wind keinen Halt mehr fanden. Die deutlich sichtbar angenagten Bäume stehen hingegen noch.

Unten an der letzten Staustufe befindet sich dann der Bau der Tiere, die Biberburg. Für Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann ist dieses System aus verschiedenen Wehren und Staustufen typisch für die unter normalen Umständen ganzjährig geschützten Tiere. "Sie können so den Wasserstand an der Biberburg individuell regeln", sagt Hoffmann. Ziel ist es, dass der Eingang zum Bau immer unter Wasser liegt, um vor Angriffen von Fressfeinden sicher zu sein. Hoffmann vermutet, dass sich am Nützelbach ein Biber-Pärchen niedergelassen hat. Höchstwahrscheinlich liege auch schon Nachwuchs in der Biberburg.

Die Biber haben am Nützelbach oberhalb der Biberburg schon mehrere Staustufen angelegt und dadurch den Wasserstand deutlich erhöht. Im Bild Jürgen Kneißl vom Stadtbauamt mit seiner neuen Chefin Maria Hoffmann an einem der Dämme.
Foto: Klaus Vogt | Die Biber haben am Nützelbach oberhalb der Biberburg schon mehrere Staustufen angelegt und dadurch den Wasserstand deutlich erhöht.

Dass die Tiere besonders nachts rege unterwegs sind, sieht man an regelrechten Trampelpfaden zwischen dem Bach und dem unteren Nützelbachsee. Den Archäologen, die in den vergangenen Monaten gleich in der Nachbarschaft auf einem Acker einen alten Siedlungsplatz wissenschaftlich untersucht haben, ist es sogar gelungen, einen Biber zu fotografieren, als sie neben dem Pfad eine Wildkamera aufhängten.

Stadt baut Zaun

Zwischen den Seen und den aufgestauten Tümpeln ist der Trampelpfad der Biber deutlich zu erkennen.
Foto: Klaus Vogt | Zwischen den Seen und den aufgestauten Tümpeln ist der Trampelpfad der Biber deutlich zu erkennen.

Gegen die Biber und auch gegen die von ihnen angelegten Stauung werde man nichts unternehmen, macht Maria Hoffmann klar. Die Stadtgärtnerei Gerolzhofen reagiert allerdings nun auf die Anwesenheit des Bibers. Damit sich die Tiere möglichst nur direkt am und im Bach aufhalten und sich nicht über die Bäume der weiteren Grünanlage im Naherholungsgebiet hermachen können, wird zwischen dem Seeweg und dem Kräutergarten ein Zaun aufgebaut. Die Pflöcke stehen bereits.  Der Zaun soll aber keine völlig undurchlässige Barriere werden, versicherte Stadtbaumeisterin Hoffmann bei einem Ortstermin, an dem auch Bürgermeister Thorsten Wozniak und 2. Bürgermeister Erich Servatius teilnahmen. Der Zaun werde vielmehr im unteren Bereich kleine Öffnungen haben, damit beispielsweise Igel oder Amphibien die Sperre passieren können.

Diese Maßnahmen sind zwischen der Stadt und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Schweinfurt abgestimmt. Inzwischen hat sich aber Ex-Stadtrat Werner Ach zu Wort gemeldet, der sich um den Baumbestand im Naherholungsgebiet am Nützelbach sorgt und zwar deswegen, weil die Stadt dieses Gebiet zwischen FC-Stadion und Nützelbach-Seen vor rund 15 Jahren aufwändig renaturiert hat. So mäandriert der Bach wieder und seine Ufer sind dicht mit allerlei Bewuchs bestanden. Sollte der Biber zu viele Bäume fällen, könnte zu viel Sonne auf die Ufer fallen, was Amphibien und andere Tiere wieder vertreiben würde. Werner Ach sagt aber ausdrücklich, dass er nicht gegen den Biber und auch nicht gegen dessen strengen Schutz sei, doch angesichts der befürchteten Schäden an diesem für teures Geld angelegten Naherholungsgebiet sollte man vielleicht doch an eine Umsiedlung denken.

Umsiedlung kaum möglich

Dass das nicht so einfach ist, ergab eine Nachfrage am Landratsamt Schweinfurt. Dort wird auf Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes verwiesen. Dieser Paragraf besagt, dass es verboten ist, "wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören."

Speziell für den Biber gibt es eine "Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten (artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung)". Dort heißt es, zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ist es abweichend vom Bundesnaturschutzgesetz gestattet, Bibern nachzustellen, sie zu fangen und zu töten. Das gilt allerdings nur für die Zeit zwischen dem 1. September und dem 15. März eines Jahres. Außerdem dürfen nur Biberburgen beseitigt werden, die nicht bewohnt sind.

Die mit der Stadt vereinbarten Präventivmaßnahmen sollen die alten Gehölze erhalten und der Verkehrssicherungspflicht im Naherholungsgebiet Rechnung tragen, heißt es weiter aus dem Landratsamt. Der Zaun, den die Stadt im Abstand von einem bis zwei Meter vom nördlichen Nützelbachufer aufstellt, muss alle 15 bis 20 Meter einen Kleintierdurchlass von zehn bis 20 Zentimeter Breite haben.

Die Arbeit des Bibers renaturiert

Aus naturschutzrechtlicher Sicht begrüßt es die Untere Naturschutzbehörde, dass sich der Biber am Nützelbach wohlfühlt, die Renaturierung weiter unterhält und sogar noch verbessert. "Insofern schafft der Biber, was die technischen Möglichkeiten des Menschen bei der Renaturierung nicht vermochten."

Die Behörde weist auch auf eine Aussage des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) hin, um Werner Achs Befürchtungen zu entkräften. Danach würden von der Wiedereinbürgerung des Bibers zahlreiche vom Aussterben bedrohte oder gefährdete Vögel, Amphibien oder Libellen profitieren. Das sei ganz im Sinne der bayerischen Biodiversitätsstrategie. 

 
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