Kieran Halpin ist wirklich rumgekommen in der Welt. 60 Jahre ist der irische Folksänger aus Drogheda, einer 30 000-Einwohnerstadt in der Nähe von Dublin, mittlerweile. Gespielt hat er schon fast überall, das Touren vor allem in kleinen Locations wie jetzt in der heimeligen Disharmonie vor leider nur 30 Gästen liegt ihm im Blut. Mittlerweile ist er nicht nur in allen Songwriter-Ehren mit ehrwürdig grauem Bart, Glatze und dem Schalk der Iren im Nacken gealtert, sondern wohnt auch in Nürnberg. Die Frankifizierung ist schon weit fortgeschritten, denn eines hat er schnell erkannt: „Vorher habe ich in Schottland gewohnt, jetzt in Nürnberg. Ist ok da. Passt scho'“
Urfränkisches Lob
Ja, passt scho', dieses urfränkische Lob aus tiefster Seele, es trifft diesen Abend wirklich gut. Denn ein fränkisch hingebrummtes „Passt scho'“ bedeutet ja nichts anderes als: wirklich, wirklich gut. Und genau das ist dieser hintergründige, über die großen Themen des Lebens von der Liebe über das Älterwerden, die Freundschaft und den Sinn des Lebens schreibende Sänger, Gitarrist und Songwriter. Wirklich, wirklich gut. Und er hat eine enorme Schaffenskraft entwickelt in seiner Karriere, 19 CD's, zwei Live-DVD's und drei Songbooks mit 137 Liedern stehen in seiner Discographie.
Dazu kommen zahlreiche Größen aus der Folk-Szene, die gerne auf Kieran Halpins Material zurückgreifen und es covern – Songs, die Freunde der irischen Musik wahrscheinlich schon oft im Pub auf der Grünen Insel oder auch hier in Deutschland gehört haben, aber vielleicht gar nicht wussten, wer das Original geschrieben hat.
Tiefgang und Botschaft
Kieran Halpins Songs haben Tiefgang und Botschaft. Und einen eigenen Klang, der interessanterweise von der Botschaft abhängt. Wenn er über Themen schreibt, die ihm nahe gehen, die ihn nerven, wo er aufrütteln will, spielt er laut, kräftig, fordernd. Zum Beispiel bei Ben Parkinson's Song, den er schrieb, als er die Geschichte des Kriegsveterans Ben Parkinson mitbekam, der als Krüppel aus Afghanistan nach England zurückkam und die Olympische Fackel ein Stück tragen durfte vor den Olympischen Spielen 2012 in London. Halpin sah das und war erschüttert, denn in den Geschichtsbüchern stehen nur die beiden, die den Krieg angezettelt hatten: der damalige britische Premier Tony Blair und der damalige amerikanische Präsident George W. Bush. Kierans gerechtfertigte Wut tut dem Song gut, so viel ist sicher.
Das gleiche gilt für seine musikalischen Gedanken zum Syrien-Konflikt in „God has no plan“, in dem sich die schöne Zeile findet: „From the churches in Boston to the mosque in Teheran, I hear them all singing God has no plan.“
Halpin kann aber natürlich vor allem die leisen, nachdenklichen Töne. Wie in „Long lost friends“, „Angels of paradiese“ oder „New Year's Day“. In Irland gibt es ein herrliches Sprichwort, das die Iren trefflich beschreibt: „Lass niemals die Wahrheit einer guten Geschichte im Weg stehen.“ Das gilt wahrscheinlich für jeden guten Geschichtenerzähler, ohne dass das bedeutet, dass alles erlogen sein muss. Vor allem Eltern von Teenagern spricht Halpin aber mit „The bat in the attic“ aus der Seele, dem Song, den er über seine älteste Tochter schrieb, als diese ein Teenager war und sich wie eine Fledermaus im Dachboden lebend versteckte vor der Erwachsenenwelt. Ein wunderbarer Song, ein wunderbarer Abend. Oder auch: Passt scho'.
Online-Tipp
Ein Video von Kieran Halpins Auftritt in der Disharmonie finden Sie unter www.facebook.com/schweinfurter.tagblatt