An einen solchen Erfolg im Seifenkistenrennsport können die Verantwortlichen sich nicht erinnern. Zumindest in der jüngeren Vergangenheit der Motorsportvereinigung 1898 (MSVg). Und das, obwohl die Sportlerinnen und Sportler schon viele Titel gewonnen haben. Im Vorjahr holten Jana und Sarah Brandt, die aus Volkach stammen, aber für die MSVg starten, gleich zwei Weltmeistertitel nach Gerolzhofen.
Dies zu toppen, schien nur schwer möglich. Diesmal aber haben die Aktiven einen außergewöhnlichen Erfolg erzielt, wie Felix Haub, Vater zwei der jungen Sportlerinnen und Sportler, meint: "Wir haben bei der Deutschen Meisterschaft noch nie alle gemeldeten Fahrer in die Endläufe gebracht." Die Freude ist ihm und allen beteiligten Kindern und Jugendlichen bei einem Gespräch anzumerken, ebenso Jörg Brandt, Vater der WM-Siegerinnen.
Alle Sportler kamen in die Endläufe
Bei den kürzlich stattgefundenen Deutschen Meisterschaften in Mettingen in Nordrhein-Westfalen sorgten die fünf gestarteten Piloten im Alter von acht bis 17 Jahren nicht nur für ein in der Breite beeindruckendes Ergebnis. Zugleich sammelten sie eifrig Titel und Medaillen.
Das herausragende Ergebnis lieferte Jana Brandt (17), die in ihrer aerodynamischen Seifenkiste auf der knapp 400 Meter langen Strecke bergabwärts die Schnellste der Senior-Klasse war und deutsche Meisterin wurde. Gleich dahinter landete der zwölfjährige Fynn Haub, der sich Silber sicherte.
Fast noch beeindruckender ist die Leistung des zehnjährigen Leo Müller. Der aus Bischwind stammende Schüler saß im Mai erstmals in einem Seifenkisten-Boliden, die ohne Motor auskommen und nur aufgrund des Straßengefälles ihre Beschleunigung erhalten. Er landete zur Überraschung aller in der Junior-Klasse auf dem dritten Rang – und kündigt danach gleich an, bei der DM im nächsten Jahr wieder auf dem Treppchen landen zu wollen.
Je nach Strecke, Länge und Neigung sind bei den Rennen normalerweise Höchstgeschwindigkeiten bis 40 oder 50 km/h möglich. Wobei es in diesem Sport nicht nur auf reine Endgeschwindigkeit, sondern auch auf fahrerisches Geschick, optimales Material und eine gute technische Abstimmung aller Komponenten ankommt, meinen die Experten am Tisch.
Mit zehn Jahren aufs Treppchen gefahren
Mit den früher aus vielen ausrangierten Alltagsteilen selbst zusammengebauten Holzkisten haben die windschnittigen Flitzer nichts mehr zu tun. Heutzutage gibt es professionelle Bausätze, die richtig ins Geld gehen und mehrere tausend Euro kosten können. Gebrauchte Junior-Modelle sind schon ab 400, 500 Euro zu bekommen.
Das sehr gute Gesamtergebnis des MSVg bei der diesjährigen DM komplettierten Sarah Brandt als Siebtplatzierte in der Senior-Klasse und das Nesthäkchen im Teilnehmerfeld, die gerade einmal acht Jahre alte Pauline Haub, die als Achte in der Junior-Klasse ins Ziel kam.
Sie träumt von einem Erfolg, wie ihn die erfahrenen Fahrerinnen und Fahrer schon erreicht haben. "Ich möchte auch einmal einen Siegerkranz bekommen", meint Pauline. Angst hat sie in den schmalen Flitzern, die optisch ein wenig an eine Zigarre erinnern, keine.
Zusage für Austragung der DM in Gerolzhofen
Vielleicht geht dieser Wunsch in einem Jahr in Erfüllung – und das auch noch bei einem Heimspiel! Wie Felix Haub und Jörg Brandt mitteilen, wird die 75. Deutsche Meisterschaft im Seifenkistenderby, so die offizielle Bezeichnung, im Jahr 2025 in Gerolzhofen ausgetragen. Die Zusage dazu liegt dem Verein vor. Besonders freue man sich, dass die Wettbewerbe genau im 70. Jubiläumsjahr des ersten Seifenkistenrennens in der Stadt stattfinden werden.
Eine Seifenkisten-DM in Gerolzhofen ist laut Haub und Brandt wahrscheinlich eine Premiere, so genau wissen sie es nicht, aber definitiv ein großer Traum, der wahr wird. Unabhängig davon erhoffen sie sich einen Schub für ihre Randsportart und den Verein. Die Organisation jedenfalls wird ein besonderer Kraftakt werden, der aber nach Ansicht der Verantwortlichen zu stemmen ist.
Die ersten Planungen für das Großereignis sind bereits angelaufen. Aktuell sucht der Verein mehrere Sponsoren, die sich finanziell beteiligen. Die Stadt möchte man ebenfalls als Partner gewinnen, zudem weitere Vereine, um genügend Helferinnen und Helfer neben den eigenen Mitgliedern für die Vorbereitungen und Durchführungen der geplanten drei Renntage zu haben.
Der Termin steht bereits fest: Die Deutsche Meisterschaft wird vom 11. bis 13. September stattfinden. Zu sehen sein werden dann auch Sportlerinnen und Sportler der MSVg unter den wohl über 150 Pilotinnen und Piloten aus der gesamten Republik. Denn für die Gerolzhöferinnen und Gerolzhöfer fällt diesmal die übliche Qualifikation über die Bayerische Meisterschaft weg. Sie sind direkt für einen Start qualifiziert.
Längere Rennstrecke auf der Berliner Straße geplant
Gefahren werden soll auf der Berliner Straße, die alljährlich für die Seifenkistenrennen genutzt wird; der Start aber über eine neue Rampe erfolgen. Ein weiterer Wunsch der Organisatoren ist es, die Strecke von bislang rund 350 Meter auf um die 450 Meter zu verlängern.
Auch darüber möchte der Verein demnächst mit der Stadt sprechen. Sollte es von dieser Seite aus grünes Licht geben und außerdem genügend Sponsoren und Partner gefunden werden, könnte es 2025 sogar ein weiteres Seifenkisten-Highlight geben.
Schließlich arbeiten die Macher des Vereins im Hintergrund intensiv daran, auch die Europameisterschaft nach Gerolzhofen zu holen. Sollte dies gelingen, würden diese Rennen im Rahmen des DM-Wochenendes stattfinden. Ziel sei es, so Brandt, mit DM und EM ein "ganz großes Event" aufzuziehen.
Gut möglich also, dass im nächsten September wieder Hunderte oder sogar Tausende Besucher die Strecke säumen werden. So wie in den Anfangsjahren ab 1955, als die ersten Rennen auf der alten Landstraße von Dingolshausen nach Gerolzhofen stattfanden. Und damit den Ruf der Stadt als Hochburg der Seifenkisten begründeten.