Nicht für jeden kam im Frühbarock der Tod nach derart süßem Leben, wie es bei Hans Caspar Truchsess von Henneberg der Fall gewesen sein soll. Der leichtfüßige Ritter, dessen Bildnis eine Grabplatte im Bibrasaal ziert, soll sich anno 1591 „zu Tode getanzt haben“ – laut Legende: mit gerade mal 21 Lenzen.
Die Melone, die dem Würzburger Fürstbischof Julius Echter zum Verhängnis geworden sein könnte, war ebenfalls süß, nur etwas kalt. Angeblich verkühlte sich der Kirchenherrscher, 44 Jahre lang oberstes geistliches und weltliches Oberhaupt Frankens, durch die allzu frische Frucht.
Kreisheimatpfleger Stefan Menz berichtete im Bildvortrag vom „umstrittenen Fürstbischof und seinen Spuren im Landkreis“. Echter verstarb am 13. September 1617, ebenfalls in Folge eines Festbesuchs, der Doppelhochzeit seiner Verwandten.
Um „Macht und Pracht“, ebenso wie deren Folgen, drehte sich der „Tag des offenen Denkmals“. Das opulente Buffet aus historischen Themen, aber auch kulinarischen Genüssen, wurde in Schwebheim eröffnet, durch Landrat Florian Töpper, Vizelandrätin Christine Bender, Bürgermeister Volker Karb sowie die Kreisheimatpfleger Stefan Menz und Guido Spahn. Macht und Pracht wurde schon damals ungern geteilt. So erzählt der Museumstag vom Aufeinandertreffen dreier Persönlichkeiten zur Zeit von Reformation und Gegenreformation.
Ein Hardliner der Re-Katholisierung war der vor 400 Jahren verblichene Julius Echter. Der Mann mit dem „Ringwappen“ hat rund um die protestantische Reichsstadt Schweinfurt demonstrativ Spuren hinterlassen: schmucke Rathäuser, Bildstöcke, Echtertürme, Wappensteine oder unzählige „Promo-Inschriften“, auf Bocksbeutel-Etiketten ebenso wie mit eigener Weißbiermarke.
Mildtätiger Schlossherr
„Zwischen den Stühlen“ saß Heinrich von Bibra (1527-1602). Er hat den Schwebheimern einerseits die erste evangelische Kirchengemeinde beschert. Der mildtätige Schlossherr selbst blieb andererseits katholisch bis zuletzt und ist im Kloster Heidenfeld bestattet.
Dazu gesellt sich im Reformationsjahr Martin Luther. In der römischen Kirche St. Ignatius von Loyola wird der „Ketzer“ vom Gründer des Jesuitenordens (dem auch Echter nahestand) bildhaft zu Boden getreten. Ein Trost für Protestanten: Der in Wirklichkeit eher korpulente Luther sieht als Statue erstaunlich athletisch aus. Es wurde brutal und machtvoll, aber eben auch ästhetisch miteinander gerungen, in den Glaubenskämpfen der Renaissance wie des Barock.
Davon berichten die Holzschnitzereien, die Britta Ritter vom Ortsgeschichtlichen Arbeitskreis im Museum in den Schlossscheunen zeigt. Der Schwebheimer Hobbykünstler Richard Feth hat Widersacher und Weggefährten Luthers verewigt, ebenso den streitbaren Mönch, nebst Ehefrau Katharina von Bora.
Auf drei Etagen geht es ansonsten ums Handwerk im Kräuterdorf, wo Baldrian und Pfefferminz verarbeitet worden sind, Sattler, Wagner, Schuster, Friseur und Postbeamter ihrer Arbeit nachgingen. „Was hier geschaffen worden ist, ist schon einmalig“, sagt Ritter. Die Nebengebäude des Bibraschlosses befinden sich mittlerweile in Gemeindebesitz.
Herbert Ludwig zeigt als Vertrauensmann des evangelischen Kirchenvorstands den Bibrasaal: das Ur-Gotteshaus neben der 1956 entstandenen modernen Auferstehungskirche von Architekt Olaf Gulbransson. Ein Taufstein mit Bibrawappen finden sich ebenso wie die Grabplatte des „tanzenden Ritters“ oder von Heinrichs Ehefrau Veronika. Als der Freiherr 1602 starb, versuchte Lehnsherr Julius Echter die Besitzungen gewaltsam einzuziehen. Schloss Schwebheim hielt stand. Was folgte, war ein jahrzehntelanger Rechtsstreit. Die evangelischen Bibras blieben trotzdem Dorfherren bis 1848.
Julius Echter drangsalierte in seinem Herrschaftsgebiet nämlich nicht nur Andersgläubige, Juden und Protestanten (das mit dem „Hexenbrenner“ scheint übertrieben). Der Bischof war vor allem Jurist, der ebenso gerne Advokaten wie Waffenknechte schickte. Dies machte Stefan Menz deutlich beim Vortrag im randvollen Bürgerhaus.
Karriere war vorbestimmt
Am 18. März 1545 wurde das zweite von acht Kindern eines Mainzer Amtmanns geboren, im malerischen Spessartschloss Mespelbrunn. Vater Peter, der zu Lebzeiten den barschen Fürstbischof bremste, verschaffte ihm eine juristische Spitzenausbildung an europäischen Top-Unis und der Wiener Reichskanzlei. Dem Zweitgeborenen war ohnehin eine klerikale Karriere bestimmt.
Priester wurde der Edelmann erst zwei Tage vor der Bischofsweihe 1575. Gewählt worden war er bereits 1573, denkbar knapp mit elf von 22 Stimmen aus dem mächtigen Domkapitel. Da war er bereits Domdekan, aber formal noch zu jung fürs höchste Amt. Die „Wahlkapitulationen“, eine Art Koalitionsvertrag, den ein Fürstbischof mit seinen Unterstützern aushandeln musste, hatte der Rechtsgelehrte zuvor selbst formuliert.
Der „Studierte“ brachte rasch das weltliche Hochstift ebenso wie das geistliche Bistum (zu dem bis ins Jahr 1994 sogar Meiningen gehört hat) auf Vordermann. Baute eiskalt das Juliusspital auf den jüdischen Friedhof von Würzburg, gründete als Bildungspolitiker Universität und Priesterseminar. Zuvor waren Singen und Lateinisch (vor)lesen können wichtigste Qualifikationen eines Seelsorgers.
Die Feste Marienberg verschönerte der Vorzeigefranke zum Renaissanceschloss. Geldersheim wurde befestigt, im Handelskrieg mit Schweinfurt (und die Mauer später von der Stadt geklaut). Burg Zabelstein diente als uneinnehmbares Fort Knox für den Bischofsschatz. Im Streit um die Einverleibung Fuldas zog er den Kürzeren, bei der Mainzer Bischofswahl fiel er zweimal durch. Den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs der Konfessionen musste Echter, der selbst einen protestantischen Leibarzt hatte, nicht mehr erleben: Er starb im Jahr davor – als „Mann der Widersprüche“.
2017 durften die Gäste nun völlig gefahrlos die Früchte der Vergangenheit genießen. Landrat Töpper eröffnete nach dem Schlussapplaus das Buffet: „Wir haben auf die kalten Melonen verzichtet, heute Abend.“