Eine Vielzahl unvergesslicher Eindrücke und Erinnerungen in einer völlig fremden, ungewohnten Welt sammelte die 20-jährige Ana-Sofia May aus Kolitzheim während ihres Auslandssemesters in Peking, der eindrucksvollen Hauptstadt der Volksrepublik China. In einem Gespräch erzählte sie von ihren Erlebnissen und wieso das Leben in dieser 21-Millionenstadt im Vergleich zum ländlichen Kolitzheim mit einigen Hindernissen und Besonderheiten verbunden ist.
Schon während der Schullaufbahn entwickelte sich durch die Wahl der Fächer Englisch, Latein und Französisch bei Ana eine Vorliebe für Sprachen. Durch ihre familiären Wurzeln hat die Zwanzigjährige eine ganz besondere Bindung zu Portugal und beherrscht daher zusätzlich auch die portugiesische Sprache.
Mit herausragenden Leistungen absolvierte Ana im Jahr 2017 ihr Abitur am Franken-Landschulheim Schloss Gaibach. Im Anschluss daran entschied sie sich für die Studiengänge Chinesisch und Politikwissenschaften an der Universität in Würzburg. Mit dem Studium der chinesischen Sprache fand sie nicht nur eine neue Herausforderung, sondern entwickelte auch großes Interesse an der gesamten Kultur des Landes. Folglich musste sie nicht lange überlegen, als sie von der Möglichkeit eines Auslandssemesters an der Peking University erfuhr.
Chinesisch als Nebenfach
Für Ana war schnell klar, dass sie diese Chance wahrnehmen möchte und so nicht nur ihre Sprachkenntnisse verbessern, sondern auch den Kontakt zu Einheimischen suchen und die Kultur Chinas kennenlernen kann. Da für die Studentin Chinesisch nur das Nebenfach zum Hauptstudiengang Politikwissenschaften darstellt, war das Auslandssemester keine Pflicht, sondern eine freiwillige Option. So verbrachte Ana-Sofia von Ende Februar bis Ende Juli mit insgesamt 14 weiteren Studentinnen und Studenten der Universität Würzburg eine aufregende und ereignisreiche Zeit in Peking.
Bislang stand bei Ana Chinesisch nur einmal wöchentlich auf dem Stundenplan, was sich an der Peking University natürlich veränderte. Täglich besuchte die Studentin dort zusammen mit ihren deutschen Kollegen und weiteren Studierenden aus Dänemark den Chinesischunterricht. Die Universität Würzburg kooperiert seit mehreren Jahren mit der Peking University, welche eine der renommiertesten Universitäten der Volksrepublik ist und deshalb von den Einheimischen gerne auch als das chinesische Harvard bezeichnet wird. Die Kolitzheimerin schwärmte von einem "weltklasse Unterricht" und profitierte dort von Lehrerinnen mit jahrelanger Erfahrung.
Damit innerhalb der Klassen die Sprachkenntnisse einheitlich sind, wurde im Voraus der Wissenstand jedes Studenten getestet. Anas Sprachniveau wurde hierbei sehr hoch eingestuft, was insbesondere mit dem Hintergrund bemerkenswert ist, dass Chinesisch nur ihr Nebenfach darstellt. Ihr Stundenplan bestand aus den Pflichtfächern Umgangssprache, Grammatik und Wirtschaft sowie den beiden Nebenfächern Textverständnis und Analyse von diversen Medienberichten, was Ana als ihr Lieblingsfach bezeichnete.
Vorsicht bei heiklen Themen
Im Gespräch berichtete sie von der Besonderheit, dass in diesem Fach Themen wie beispielsweise Organtransplantation, Konzentrationslager oder Zensur im Internet besprochen wurden, welche in China wenn überhaupt nur sehr sensibel behandelt werden dürfen. Mit den Unterlagen und Mitschriften gingen die Studenten mit äußerster Vorsicht um, da die Regierung besonderes Augenmerk auf derartige Inhalte hat. Die angehende Politikwissenschaftlerin lernte so ein zu unserer demokratischen Staatsform geradezu konträres Regierungssystem hautnah kennen.
In diesem Zusammenhang erzählte Ana-Sofia auch, dass beispielsweise über die Proteste in Hongkong kaum berichtet wurde, während in Deutschland die Medien voll davon waren. Weiter sprach sie auch den enormen Leistungsdruck in der gesamten Gesellschaft in China an, welcher während ihres Aufenthalts deutlich zu spüren war. Dies ist auch der Grund für die Massen an Studentinnen und Studenten an allen Universitäten in der Volksrepublik.
Der Stand der Technik sei dort bereits sehr weit entwickelt. Die App "Wechat" ist zu vergleichen mit dem uns bekannten "Whatsapp", beinhaltet jedoch weitaus mehr Anwendungen und ist für die Chinesen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Im Supermarkt mit dem Smartphone zu bezahlen, ist für die Einheimischen zum Beispiel inzwischen Normalität. Wörter wie China und Demokratie ließen sich in dieser Applikation nicht im direkten Zusammenhang verschicken, so die Studentin.
Mit der "Weltsprache" Englisch kommt man in China allerdings nicht weit, was vor allem zu Beginn des Aufenthalts der deutschen Studentengruppe kleine Schwierigkeiten bereitete. So mussten sie ab Ankunft in Peking den Alltag mit den in Würzburg erlernten Chinesischkenntnissen bewältigen. Auch gesundheitliche Probleme durch starken Smog über der Stadt machten einigen deutschen Studenten sehr zu schaffen. Anas Studienkollegen klagten aus dem Grund zum Teil über Atemschwierigkeiten und Halsschmerzen. Über die Hälfte der Bevölkerung auf den Straßen Pekings tragen daher spezielle Atemschutzmasken.
Gutes Bild von Deutschland
Da in Wohngebieten nur äußerst wenige Ausländer unterwegs sind, wurde Ana des Öfteren angesprochen und nach ihrer Herkunft gefragt. Sie wurde als Deutsche von den Menschen stets herzlich aufgenommen und merkte schnell, dass man dort ein sehr gutes Bild von ihrem Heimatland hat.
Anas Leidenschaft zum Tischtennis harmoniert bestens mit ihrem Interesse am Land China. Die Bedeutung dieser Sportart sei dort vergleichbar mit dem Fußballsport in Deutschland, erzählte sie. Auch auf diesem Gebiet lernte sie in den letzten fünf Monaten durch das ein oder andere spannende Match einiges dazu.
Ana-Sofia lebte in Peking in einer Wohngemeinschaft mit zwei weiteren deutschen Studentinnen, nur wenige U-Bahn-Stationen entfernt von der Universität. Die Verpflegung gestaltete sich unkompliziert, da es allein auf dem Campus 16 Mensen mit verschiedenen Spezialitäten gab und auch in der Umgebung einige Restaurants eine vielfältige, günstige Küche boten.
Während des halbjährigen Aufenthalts besichtigte die Studentengruppe aus Deutschland auch einige berühmte Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel den Himmelstempel, die Chinesische Mauer und das Tor des himmlischen Friedens. Zudem reiste Ana auch nach Tianjin, eine Nachbarstadt Pekings. Eine Woche verbrachte die Studentengruppe außerdem in den Städten der Provinz Guizhou, welche im Südwesten Chinas liegt. Die Kultur dort sei kaum vergleichbar mit den Lebensgewohnheiten in Peking, berichtete die Studentin.
Viel mitgenommen
Nach ihrem Aufenthalt in der Volksrepublik China blickt Ana nun auf einen ereignisreichen Lebensabschnitt zurück. Sie hat dort nicht nur ihre Sprachkenntnisse enorm vertieft, sondern auch einiges gelernt über das Land, die Menschen und die politischen Hintergründe dort. "Ich bin sehr froh über die besonderen Erfahrungen, die ich machen durfte und würde die Reise zweifellos wiederholen", so ihr Fazit. Der Master in Chinesisch ist Teil ihres Planes für die Zukunft. Sicherlich wird dieser Aufenthalt in Peking nicht Anas letzter im asiatischen Raum gewesen sein.