Dem Königlich Weißblauen Amtsgericht hat das Bayernfernsehen dereinst eine eigene Sendung gewidmet mit „Fällen“, die Schmunzeln machten. Nicht am Amtsgericht, aber vor einer Kammer des Landgerichts fand nun ein Prozess statt, der bei allem Ernst der Anklage einen hohen Heiterkeitsanteil hatte, was am Angeklagten lag.
Für den 53-Jährigen aus einem Dorf im Kreis Bad Kissingen, eigentlich gelernter Mechaniker, war seine 50-köpfige Herde Merino-Schafe der Lebensinhalt. Die Tiere hielt er auf einem Grundstück im Ort, das seiner Mutter gehörte. Dort lagerte er aber auch über Jahre hinweg asbesthaltige Eternitplatten. Ein Polizeioberkommissar, durch einen Hinweis darauf aufmerksam geworden, forderte den „Landwirt“ auf, die Platten fachgerecht zu entsorgen. Nach mehreren Aufforderungen belud der seinen Tierfutter-Hänger mit den Platten, stellte den Hänger in einem Waldstück ab, nur die Eternit-Bruchstücke fuhr er zur Sondermülldeponie.
Die Folge: Strafbefehl. Den akzeptierte der Nebenerwerbslandwirt aber nicht. Vom Amtsgericht Bad Kissingen wurde er wegen des „vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen“ zu einer Geldstrafe verurteilt, je 20 Tagessätze zu fünf Euro fürs Lagern auf seinem Grund und den Transport in den Wald, wo der Hänger mit Platten noch heute steht. Einverstanden war der Mann auch damit nicht.
Angeklagter: Der Nachbar war's
Deshalb zweite Instanz am Landgericht. Am Amtsgericht hatte er noch geschwiegen, nun packte er aus. Die Eternitplatten habe ein Nachbar nach dem Hausumbau auf seinem Grundstück zwischengelagert. Mit diesem Lehrer, verbeamtet und deshalb im Gegensatz zu ihm in finanzieller Hinsicht sorgenfrei, sei er mittlerweile mehr oder weniger verfeindet. Er erzählt von einer Beleidigungsklage, die eingestellt worden sei und anderem Clinch. Der Angeklagte behauptet, dass der Lehrer als Eigentümer der Platten den Transport aufs Waldgrundstück organisiert habe, das einem Bekannten des Lehrers gehöre. Er habe sie nur hingebracht.
Der Angeklagte fragte, warum er zahlen müsse, zumal auf dem Waldgrundstück weit mehr Eternitplatten lägen. Mit ihnen würde der Bekannte des Lehrers dort gelagertes Holz abdecken. Der werde aber nicht verfolgt, aber er, was damit zu haben muss, dass der Lehrer den Polizeioberkommissar sehr gut kenne, mutmaßte der Angeklagte. Am Polizeibeamten lässt er darüber hinaus kein gutes Haar. Dessen Aktivitäten sieht er als Nötigung und Drangsalieren, „der hat wohl Langeweile“, meint er.
Mit Engelsgeduld versucht der Vorsitzende dem Angeklagten klar zu machen, dass all das Drumherum im Verfahren keine Rolle spiele. Er habe die Ablagerung der Platten, warum auch immer, zugelassen, und er habe den Hänger im Wald abgestellt. Das sei ein Gesetzesverstoß, der mit 200 Euro noch günstig abgeurteilt sei.
Die angeregte Berufungsrücknahme lehnte der Angeklagte aber zunächst noch ab. Er schilderte seine enge finanzielle Lage. Zur Verhandlung habe er mit dem Rad kommen müssen, er lebe von Lebensmitteln, die wegen des abgelaufenen Haltbarkeitsdatums entsorgt worden seien.
Lieber einsitzen als abzahlen
Als der Richter seine Behauptung, er sei abgemagert, anzweifelte, riet er dem Vorsitzenden mal bei der Feuerwehr im Ort vorbeizuschauen. „Die tragen alle ein Fass mit sich herum.“ Er werde die 40 Tage im Winter in der Hadergasse in Schweinfurt absitzen, wo es TV gebe und warm sei, er werde notfalls „Zwangsarbeit“ erdulden (gemeint war Ableisten der Strafe), aber zahlen werde er nicht.
Gericht und Anklägerin unternehmen einen letzten Versuch. Man werde allein wegen der neuen Vorwürfe alle Beteiligten laden. Er, der Angeklagte komme an einer Strafe aber keinesfalls vorbei. Die Sache werde für ihn nur noch teurer. Der Angeklagte überlegte lange, hatte doch ein Einsehen und presste sich ein „Ja“ heraus.