Die Energiewende in Deutschland ist in vollem Gange. Nach dem Aus für Atomstrom sollen auch fossile Energieträger wie Öl und Gas bei der Energieversorgung in naher Zukunft keine große Rolle mehr spielen. Ersetzen soll sie grüner Strom aus regenerativen Quellen. Doch Windräder und Photovoltaikanlagen liefern nicht genau vorhersagbare Mengen an Strom, sondern unterliegen tageszeitlichen und wetterbedingten Schwankungen. Diese Volatilität stellt für die Versorgungssicherheit und die Stabilität der Stromnetze eine große Herausforderung dar.
In Batteriegroßspeichern, die die unvorhergesehenen Schwankungen von Angebot und Nachfrage beim Strom in Einklang bringen könnten, sieht Florian Antwerpen deshalb einen zentralen Baustein für ein Gelingen der Energiewende. Einen besonders großen Batteriespeicher will seine Firma Kyon Energy Solutions in Nachbarschaft des Umspannwerks Bergrheinfeld-West bauen. Zum wiederholten male aber erstmals öffentlich stellte der Geschäftsführer der Münchner Firma zusammen mit Keno Hinrichs die Pläne im Wernecker Gemeinderat vor.
Module sind in Schränken in Containern
Das zwei Hektar große Grundstück für das Großprojekt, dem Antwerpen eine "Leuchtturmwirkung" zuschreibt, liegt auf Ettlebener Gemarkung. Auf den gezeigten Bildern sieht man viele garagenähnliche Container die auf Streifenfundamenten aus Beton aufgereiht stehen. Vollgepackt ist jeder Container mit Lithium-Ionen-Batteriemodulen, eine laut Hinrichs ausgereifte Speichertechnologie. Die Module sind in Schränken zusammengefasst und in den Containern untergebracht.
Weil der Batteriespeicher mit 700 Volt arbeitet, benötigt er ein eigenes kleines Umspannwerk, um einen Anschluss an das 110-KV-Netz beim Umspannwerk Bergrheinfeld-West zu ermöglichen. Die Leistung des geplanten Stromspeichers beläuft sich auf 150 Megawatt (MW), was dem Volllastbetrieb von 60 großen Windkraftanlagen entspricht. Innerhalb von zwei Stunden könne der Batteriespeicher mit 300 Megawattstunden (MWh) Kapazität vollständig geladen oder entladen werden.
Tagesschwankungen können ausgeglichen werden
Die Funktionsweise ist einfach: Liefern Sonne und Wind mehr Strom, als gebraucht wird, speichern die Batterien den Überschuss für kurze Zeit und geben ihn bei steigendem Bedarf wieder ins Netz ab. Tagesschwankungen können so mit sehr schneller Reaktionszeit ausgeglichen und die vorhandenen Erzeugungskapazitäten bestmöglich genutzt werden. Das trägt laut Antwerpen auch zu sinkenden Strompreisen bei, weil die Preisspitzen bei hoher Nachfrage gedämpft werden.
Realisiert habe Kyon Energy bislang Batteriespeicherprojekte mit einer Gesamtleistung von 120 MW. Zu den größten zählt mit 20,2 MW ein Großspeicher in Iphofen im Landkreis Kitzingen. Gebraucht würden für die Energiewende laut einer Studie des Fraunhofer Instituts, auf die Antwerpen sich bezieht, bis 2030 bis zu 104 Gigawatt Speicherleistung.
Viele Nachfragen und auch kritische Anmerkungen
Zu entscheiden hatte der Gemeinderat diesmal zwar noch nichts, dafür aber viele Nachfragen und vereinzelt auch kritische Anmerkungen zu dem Projekt. Andreas Klenkert verwies auf das angrenzende Ettlebener Wasserschutzgebiet, was laut Antwerpen mit dem Landratsamt besprochen werde. Matthias Schmittfull würde die Anlage lieber auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks sehen, wo "genug Platz" sei. Ob Stromleitungsprojekte wie SuedLink und P43 durch Großspeicher ersetzt werden könnten, wollte Stephan Schäflein wissen. Die Antwort darauf war ein klares Nein.
Weitere Nachfragen betrafen die Sicherheitsvorkehrungen, zu denen laut Antwerpen eine Temperierung der Container auf konstant 23 Grad und die kontinuierliche sensorische Überwachung von deren Innenleben zählen. Neben baulichen Brandschutzvorkehrungen sei jeder Container mit einem eigenen Brandlöschsystem ausgestattet und die örtlichen Feuerwehren würden eingebunden.
Bauantrag soll zeitnah gestellt werden
Die Investitionskosten des "privatwirtschaftlich finanzierten" Projektes gingen in Richtung von 100 Millionen Euro, erklärte Antwerpen auf Nachfrage von Erich Eichelmann. Wer das Geld bereit stellt, wurde allerdings nicht gesagt. Um wirtschaftlich zu arbeiten stünden für die angebotenen Flexibilitätsdienstleistungen 12.000 Lade-Zyklen zur Verfügung. Vereinfacht dargestellt bestehe das Geschäftsmodell darin, Strom günstig einzukaufen und zu einem späteren Zeitpunkt teurer zu verkaufen.
Auch langfristig werde Kyon Energy der Betreiber bleiben, sagte Antwerpen auf Nachfrage von Norbert Dotzel. Davon zeigte sich Matthias Schmittfull nicht überzeugt. Ähnlich wie bei den bestehenden Windkraftanlagen erwarte er auch bei diesem Projekt kaum Gewerbesteuer für die Gemeinde, weil auch diese Anlage vorher wieder verkauft werde, so seine Mutmaßung.
Die benötigte Fläche von zwei Hektar ist laut Antwerpen bereits gesichert, der Bauantrag werde zeitnah gestellt. Dann muss die Gemeinde entscheiden, ob sie hinter diesem Großprojekt für die Energiewende steht. Nach der Genehmigung würde eine zweijährige Bauzeit folgen. In Betrieb gehen könnte die Anlage nach diesem Zeitplan Mitte 2026.