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SCHWEINFURT
Ein Museum für alle Schweinfurter
Katharina Christ hat zum 1. Juni die Leitung des Kulturforums übernommen.
Foto: Oliver Schikora | Katharina Christ hat zum 1. Juni die Leitung des Kulturforums übernommen.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 02.04.2019 10:37 Uhr

Was macht eine Museumsleiterin, wenn sie noch gar kein Museum hat? Das Kulturforum wird ja bekanntlich erst gebaut, in dem auch das Stadtmuseum wiedereröffnet wird.

Katharina Christ: Es warten große Aufgaben. Als erstes muss das neue Amt verwaltungstechnisch aufgebaut werden. Wie viel Personal, welches Budget zu welchem Zeitpunkt benötigt werden. Dann betreue ich die Sammlungen wie hier im Gunnar-Wester-Haus zum Beispiel oder die naturkundliche Sammlung in der Harmonie. Wir haben wöchentlich Anfragen zur Sammlung, aktuell eine aus Sachsen, da wir wohl das einzig erhaltene Tischfeuerzeug mit Wachszündlicht in Deutschland besitzen. Natürlich bin ich als Kunsthistorikerin beim Thema Feuererzeugung nicht von vorneherein versiert und muss mich erst einarbeiten. Demnächst wird die Sammlung offiziell übergeben, ich bin da in enger Abstimmung mit Andrea Brandl. Ich habe mich gut eingelebt und mit dem Kulturforum geht es in großen Schritten voran.

„Ich möchte das Haus vor allem für die Stadtgesellschaft öffnen, möglichst viele einbinden.“
Katharina Christ über ihre Vorstellung für ein lebendiges Kulturforum.

Was ist Ihre Vorstellung für das neue Kulturforum am Martin-Luther-Platz?

Christ: Wir haben unterschiedliche Nutzungen. Das Stadtmuseum mit Dauer- und Wechselausstellungen, aber auch das Kulturforum mit Veranstaltungssaal für 300 Personen und Aktionsräumen unterschiedlicher Art. Wir brauchen ein schlaues Konzept, damit die verschiedenen Nutzungen auch im Alltag funktionieren. Ich möchte das Haus vor allem für die Stadtgesellschaft öffnen, möglichst viele einbinden, so dass sie es als Werkstatt und Bühne, aber auch als Wohnzimmer betrachten und nutzen.

Wie stellen Sie sich die Architektur vor und wie ist im Moment der Zeitplan?

Christ: Im Moment stehen die drei Baudenkmäler Altes Gymnasium, Alte Reichsvogtei und Stadtschreiberhaus für sich. Der Neubau darf und muss sich natürlich behaupten, Strahlkraft entfalten, aber die anderen Häuser dürfen nicht untergehen. Alt und Neu müssen miteinander verschmelzen. Es braucht Leichtigkeit und Offenheit, sollte nicht zugebaut wirken. Im Moment läuft der Wettbewerb, Architekturbüros und Museumsplaner entwickeln Entwürfe, auf die ich sehr gespannt bin. Ende Juli gibt es ein Kolloquium und Anfang Oktober entscheidet das Preisgericht, welcher Entwurf gewinnt. Ich hoffe, dass wir 2021 das Kulturforum eröffnen können.

Gibt es ähnliche Projekte, die als Vorbilder dienen können?

Christ: Zum Beispiel das Humpis-Quartier in Ravensburg, das sich die Stadtverwaltung schon angeschaut hat und ich auch bald besuche. Begeistert war ich auch vom Johanneum in Graz. Auch das Stadtmuseum in Frankfurt ist ein tolles Beispiel, wie man die Stadtgesellschaft einbinden kann.

Ihr Schwerpunkt lag im Kunstbereich, Sie waren zuletzt in der Schweinfurter Kunsthalle tätig. Was hat Sie an der neuen Stelle interessiert?

Christ: Natürlich vermisse ich die Kunsthalle. Aber das Kulturforum ist für mich eine große Chance und Gelegenheit, die ergriffen werden muss. Ein solches Projekt in der eigenen Heimat von Beginn an mitentwickeln zu dürfen und maßgeblich zu prägen, ist eine große Ehre und Wertschätzung zugleich. Von dem Wissen zum Beispiel über Ausstellungskonzeption und Aufbau, das ich in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München bekommen habe, profitiere ich. Ich habe damals auch den Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung mitbetreuen dürfen und Wissen, was Denkmäler betrifft, mitbekommen. Ich bin in einem denkmalgeschützten Haus aufgewachsen, kenne die Herausforderungen und denke, dass das gerade bei dem Projekt Kulturforum hilft.

Welche Art von Museum stellen Sie sich vor, welche Schwerpunkte soll es haben?

Christ: Es wird auf jeden Fall interaktiv, spannend und auf dem neuesten Stand sein, das steht außer Frage. Wir werden natürlich auch die letzten 100 Jahre Stadtgeschichte zeigen, die Themen Industrie, Zuwanderung, die Amerikaner in Schweinfurt. Die Stadtgesellschaft sollte sich darin wiederfinden und mit „ihrem“ Museum identifizieren. Hierfür müssen auch die Stadtbewohner wie alle beteiligten Gruppen eingebunden werden. Ich suche zum Beispiel pro-aktiv den Kontakt mit dem AKI und bin mir sicher, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Wir geben unser Bestes, ein tolles Museum für Schweinfurt zu entwickeln.

Sie stammen nicht aus Schweinfurt, sondern aus dem Landkreis Kitzingen. Wie haben Sie als Außenstehende die Entwicklung der Stadt in den letzten Jahren wahrgenommen?

Christ: Industrie, Kultur und Kunst ist so untypisch für eine Stadt, besitzt aber viel Synergiepotenzial. Die Lebensqualität als solche ist hier bereits sehr hoch und dennoch spürt man, wie die Stadt im Wandel ist. Ich nehme die Entwicklung sehr positiv wahr und freue mich, dass die Schweinfurter allmählich stolz auf ihre Stadt sind. Gerade die bauliche Entwicklung trägt dazu wesentlich bei. Ob Stadtbücherei, Museum Georg Schäfer oder die Kunsthalle, es gibt einige Gebäude mit großer Ausstrahlung, die Schweinfurt prägen. Und wenn ich allein an die zahlreichen anstehenden Bauprojekte denke und an die damit verbundenen langfristigen Entwicklungen, findet hier wirklich Zukunft statt.

Was war der Auslöser, dass Sie sich für Kunst zu interessieren begannen?

Christ: In der elften Klasse war ich in der MoMA-Ausstellung in der Nationalgalerie in Berlin. Da hat mich ein Werk von Gerhard Richter so sehr beeindruckt, dass ich auf einmal Kunst- statt Sport-Leistungskurs gewählt habe. Es hat mir dann auch im Studium nicht nur Spaß gemacht, sondern ich spüre seither, welch Kraft in der Kunst steckt. Diese Kunst will ich ermöglichen und Menschen damit begeistern. Hier im Kulturforum soll aus Vergangenem gelernt, dabei grenzenlos gedacht und gleichzeitig Neues entwickelt werden.

 
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