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SCHWEINFURT
Ein Mann und seine Gitarre
Ein eingespieltes Team: Peter Finger begeistert mit seiner Akustikgitarre in der Disharmonie. Foto: Dominik Großpietsch
Foto: Dominik Großpietsch | Ein eingespieltes Team: Peter Finger begeistert mit seiner Akustikgitarre in der Disharmonie. Foto: Dominik Großpietsch
Dominik Großpietsch
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:46 Uhr

Ein unscheinbarer Klavierschemel, ein Mikro, Lautsprecher. Ansonsten ist die Bühne in der Disharmonie leer. Das, was gerade in Sachen Wohnungseinrichtung der letzte Schrei ist, praktiziert Peter Finger schon seit Jahren. Weniger ist für ihn mehr. Als er seine Gitarre ansteckt, bemerkt der 60-Jährige schnell, dass es „ja auch ohne“ geht. Den Zuschauern ist das gerade recht. „Da hab? ich das ja ganz umsonst aufgebaut“, meint Finger grinsend. Wohl wissend, dass er mit seiner Meinung alleine dasteht. Umsonst ist an diesem Abend nichts.

Obwohl nur ein Mann mit seiner Gitarre die Bühne in der Kulturwerkstatt bevölkert, hat sich das Kommen gelohnt. Denn das, was der Perfektionist auf der kleinen Empore zum Besten gibt, hat irgendwie frappierende Ähnlichkeit mit einem schier unergründlichen Gallier-Zaubertrank. Mal huschen die Finger flink wie Idefix über die Saiten, sodass die Augen der Betrachter nur noch hinterherhecheln können. Kaum hat man sich versehen, verwandeln sich seine Finger kleine Hinkelstein-Stemmer, die der Akustikgitarre einen so massigen Sound entlocken, der eine ganze Band überflüssig macht. Schlagzeug? Bass? Sänger? Nein, das braucht man nicht. Ohne kann man genauso glücklich werden.

Der passionierte Gitarrist ist dafür der beste Beweis. Sobald seine Hände das Instrument umschlingen, schließt er die Augen und schwebt in eine Welt voller Rhythmus und Melodien, die selbst einen Römer nahe der gallischen Dorflandschaft in Seelenruhe versetzen könnte. Spielend leicht dreht der Mann im Karo-Hemd die Zeit zurück, katapultiert seine Zuhörer mit „Summer in France“, dem ersten Stück des Abends, sofort an die Küsten des Nachbarlands, das Asterix und Obelix einst gegen die Römer verteidigt haben sollen.

Die Gedanken an Sommer, Sonne und das beschwerliche Hinkelstein-Schleppen sorgen für sandige Gefühle in der Kehle des Neuzeit-Miraculix. „Is? da jemand an der Theke?“, fragt der gebürtige Weimarer durchs Scheinwerferlicht. „Ja!“, schallt es vom anderen Ende des Raumes. „Kann ich mal ein Bier trinken?“ Die Augen des Gitarren-Virtuosen strahlen, als ihm Barkeeper Thomas Koriath ein kühles Pils bringt.

Im Rahmen seiner Tourneen ist der Fingerstyle-Künstler weit gereist. Dass man ihn durch solch kleine Gesten glücklich machen kann, macht den Mann sympathisch. Die symphonisch-orchestral wirkenden Klangwelten des Ausnahme-Tonschöpfers erzählen in trauter Runde von den Erlebnissen rund um den Globus, den Finger fast besser als seine eigene Westentasche kennt. Dass die Gitarre in bester Idefix-Manier sein Wegbegleiter und Kumpel zugleich ist, hat Finger einer glücklichen Okkasion zu verdanken. Mit 13 schenkte ihm sein Onkel eine Akustik-Gitarre, die die bis dahin heiß geliebte Geige in den Schatten stellte. „Eine Geige macht sich am Baggersee halt nicht so gut“, erzählt Finger verschmitzt.

Diese Tatsache hat den Dirigenten-Sohn weit gebracht. Seine musikalischen Zaubertränke hievten ihn trotz fehlender Römer-Gene in den Himmel der Akustik-Gitarristen. Seine Mixturen aus Jazz, Klassik und allerlei fremden Klängen begeistern Fachwelt und Laien gleichermaßen. Einzig die Suche nach dem Geheimrezept lässt manche verzweifeln. Ihnen soll gesagt sein: Man nehme einen Mann und seine Gitarre. Sonst nix.

 
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