„Leben du hast mir viel gegeben“, sang Achim Reichel als Zugabe nach seinem dreistündigen Konzert, das die Schweinfurter Disharmonie in der Rafelder Kulturhalle veranstaltete. „Leben leben“, das ist es, worauf es wirklich ankommt: Das vermittelte der Künstler, der in seiner Tour „Mein Leben, meine Musik“ auf fünf Jahrzehnte seines musikalischen Wirkens zurückblickt.
Die rund 300 Besucher feierten den sympathischen Künstler am Ende mit einem herzlichen, lang anhaltenden Applaus und Jubelrufen. „Was war das für ein schöner Abend mit Euch“, zeigte sich auch der Künstler überwältigt und versprach wieder zu kommen.
Achim Reichel, im 69. Lebensjahr stehend, wird auf seiner Tour von seinen Weggefährten Berry Sarluis und Pete Sage begleitet. Er hat viele Geschichten zu erzählen, und das tat er auch in Grafenrheinfeld, besonders in der ersten Hälfte des Konzerts: Zur Veranschaulichung seiner Geschichten hatte er Bilder und authentische Gegenstände aus seinem Leben dabei. Er erzählte aus seiner Jugend in einer Stadtrandgemeinde bei Hamburg – von den Anfängen, als er seinen heiß geliebten Plattenspieler gegen eine erste Gitarre tauschte, als aus den Tonband-Amateuren langsam eine Band wurde, die sich „The Rattels“ nannte, und wie man anfänglich in den Hamburger Randgebieten zu lokalem Ruhm kam.
Es folgten Auftritte im legendären Beat-Club, man spielte bei den damals in Deutschland noch unbekannten „Beatles“ das Vorprogramm, hatte gute Zeiten im Circus Krone Bau oder aus Star-Club-Zeiten. Angereichert mit Anekdoten aus dem Zusammentreffen mit Paul McCartney über die Zeit, als Achim Reichel – als einer von drei gestrandeten Jung-Hippies – vor dem eigenen Laden „Star Club“ stand, bis zu den Jahren, als die Diskotheken aufkamen und der Musik-Kosmos sich veränderte.
Was also leidenschaftlich in den frühen 1960er Jahren mit naiven Popsongs begann, setzte sich mit Chart-Votierungen seit 45 Jahren und anerkannten Musikpreisen fort.
So fehlten auch seine Erfolgshits „Aloha Heja He“, „Knuddel Daddel Du“ oder „Der Spieler“ an diesem Abend nicht. Achim Reichel, der als Kulturbotschafter der besonderen Art bezeichnet werden kann, gilt als Ur-Vater der deutschen Rockmusik. Er spielte mit den Beatles, den Rolling Stones, Joe Cocker oder den Bee Gees auf einer Augenhöhe. Mitte der 1970er Jahre ließ er alte Shantys und Seemannslieder rocken, verbrachte ein kleines Wunder, als er Lyrik, Balladen und Gedichte vertonte und so Goethe, Fontane oder Heinrich Heine in den Pop-Charts etablierte und zu Kult-Status verhalf.
Die Melodien seines Lebens, Humorvolles und Wahrhaftiges treffen auch heute noch das Herz seiner Zuhörer. Der Reichel-Klassiker „Steaks und Bier und Zigaretten“ brachte die ganze Kulturhalle zum Singen. Und die Unterfranken bewiesen sich – entgegen der Annahme Reichels – als Shantychor-tauglich.
Ein facettenreiches Konzert, eines authentischen, warmherzigen Künstlers, der rau und herzlich, eigensinnig und direkt daherkommt, mit seiner Musik, seinen Bildern und Geschichten seines spannenden Lebens im Gepäck.