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GEROLZHOFEN
Ein Kräutergarten, der aus Kartons erwächst
Ein Kräutergarten erwächst aus Kartons: Um keine illegale Müllablagerung, sondern um die Vorarbeiten für die Anlegung des Kräutergartens im künftigen Naturerlebnisgarten mit dem „Wald der Zukunft“ und dem „Grünen Klassenzimmer“ in der Nützelbachaue am südlichen Stadtrand von Gerolzhofen handelt es sich bei den hier ausgelegten und mit Steinen beschwerten großen Kartons. Die Initiative zu dem Projekt haben die beiden „Kräuerfrauen“ Rita Popp (Mitte) und Sonja Wirsching ergriffen, tatkräftig unterstützt von Vizebürgermeister Erich Servatius.
Foto: Norbert Vollmann | Ein Kräutergarten erwächst aus Kartons: Um keine illegale Müllablagerung, sondern um die Vorarbeiten für die Anlegung des Kräutergartens im künftigen Naturerlebnisgarten mit dem „Wald der Zukunft“ und dem ...
Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 15.01.2013 12:01 Uhr

Wer dieser Tage in der Nützelbachaue spazieren geht, wird sich vielleicht ob des dort im Bereich des zukünftigen Naturerlebnisgartens abgesteckten zehn auf zwölf Meter großen Ecks etwas verwundert die Augen reiben. Jede Menge aufgefaltete Kartons liegen dort, fein säuberlich mit Bruchsandsteinen beschwert. Wer meint, dass hier jemand illegal seinen Abfall entsorgt hat, liegt aber völlig daneben.

Neben dem „Wald der Zukunft“ und einem „Grünen Klassenzimmer“ wird an dieser Stelle gegenüber vom unteren Nützelbachsee unter fachkundiger Anleitung der beiden „Kräuterfrauen“ Rita Popp und Sonja Wirsching ein Kräutergarten nach dem Prinzip der Permakultur angelegt.

Die Permakultur ist eine ganzheitliche Planungsmethode die natürliche Prozesse anstrebt, wobei sich Mensch und Natur gegenseitig unterstützen (siehe gesondertes Stichwort).

Umpflügen erübrigt sich

Übertragen auf den Kräutergarten bedeutet das: Das Areal wird, wie jetzt geschehen, mit großen Kartons komplett abgedeckt. Dies eventuell nochmals mit einer zweiten Schicht im Februar, wenn die erste Lage weitgehend verrottet ist. Die Kartons werden wiederum mit den vom Städtischen Bauhof gelieferten Steinen beschwert, damit sie nicht vom Winde verweht werden können.

Durch die ausgelegten Kartons wird das ober- und unterirdische Wachstum der vorhandenen Pflanzendecke unterdrückt und gestoppt. Selbst hartnäckige Wurzelunkräuter sterben dann nach einer längeren Abdeckphase ab. Man kann diese in etwa mit dem Zustand vergleichen, nachdem ein Zelt längere Zeit auf der Wiese gestanden hat, bevor es wieder abgebaut wird. Durch den Verrottungsprozess wird zusätzlicher Humus gebildet und die Bodenlebewesen werden aktiviert.

Ein Umpflügen mit der einhergehenden Bodenverdichtung durch den Maschineneinsatz erübrigt sich somit. Auch das Umschichten der oberen aktiven Bodenschicht in die interaktiven Unterschichten kann vermieden werden. Das Vorgehen spart also Arbeit und Energie und schont den Boden.

Im Frühjahr wird dann nur noch mit einem Dreizack das Areal bearbeitet, um den Boden aufzulockern, den Rest der Kartons einzuarbeiten und die Bepflanzung vorzubereiten.

Interesse und Pflanzen wachsen

„Das Interesse an den Pflanzen die unsere Mütter und Omas noch kannten und nutzten wächst immer mehr. Das jahrhundertealte Wissen um die Ganzheitlichkeit von Mensch und Pflanzen darf nicht verloren gehen“, so die beiden ausgebildeten Kräuterführerinnen.

„Leider finden wir immer weniger dieser wichtigen Wild- und Heilkräuter in unseren Gärten und auf den Wiesen“, sagt Rita Popp mit Bedauern. Mit den Jahren soll deshalb hier ein lebendiges Heilkräuterlexikon entstehen. Gartenkräuter wie Thymian, Salbei, Rosmarin und Kamille bekommen ihren Platz neben unbekannten Wildpflanzen wie Eisenkraut, Sanikel und Wiesenarnika.

Auch der deutsche Alant und das Tausengüldenkraut werden dann im Kräutergarten in der Nützelbachaue zu finden sein. Beide stehen auf der „Roten Liste" der gefährdeten Pflanzen.

Positiver Nebeneffekt

Der große Wunsch von Rita Popp und Sonja Wirsching ist es, dass sich zahlreiche Gerolzhöfer beim Anlegen sowie der regelmäßigen Pflege „ihres“ Kräutergartens in der Nützelbachaue beteiligen.

Rita Popp: „Neben Spaß an der Arbeit kann jeder als positiven Nebeneffekt unser Schätze der Natur kennen lernen.“ Nach telefonischer Absprache werden auch ab März gerne Ableger von Pflanzen als Spende angenommen.

In diesem Zusammenhang bietet Rita Popp ab Mitte März eine Workshop-Reihe „Pflanzen des Monats" an. Die Teilnehmer können auf diese Weise ihr Wissen über unsere fränkischen Heil- und Wildkräuter bei Führungen und der anschließenden genauen Bestimmung vertiefen.

„Im Laufe des Kurses kochen und backen wir mit Wildkräutern, stellen Tinkturen und Öle her, die wir dann im Herbst zu Salben und allerlei Hausmitteln verarbeiten. Somit kann sie jeder im kulinarischen und medizinischen Bereich für sich selbst nutzbar machen“, stellen die beiden Gerolzhöfer Kräuterfrauen die Vorzüge der geplanten Workshopreihe heraus.

Interessierte, die sich beim Anlegen sowie der regelmäßigen Pflege des „Kräutergartens in der Nützelbachaue" einbringen und/oder Ableger von Pflanzen als Spende beisteuern möchten, können sich mit Rita Popp telefonisch unter Tel. (0 93 82) 3 11 06 oder per E-Mail unter rita-kraeuterfee@gmx.de in Verbindung setzen.

Was ist Permakultur?

Das Grundprinzip der Permakultur verbindet ökologisches, ökonomisches und sozial nachhaltiges Wirtschaften mit allen Ressourcen im Einklang mit der Schöpfung. Konkret geht es um einen permanenten Ackerbau mit Nutzpflanzen, der auf dem Arbeiten mit den Kreisläufen und den Wechselwirkungen der Natur aufgebaut ist.

Diese Ökosysteme zeichnen sich durch eine natürliche und gesunde Vielfalt, Stabilität und Widerstandsfähigkeit aus und können darüber hinaus ökonomisch sehr erfolgreich sein.

Auf diesem Fundament fußt auch quasi als Ableger die so genannte Holzer'sche Permakultur. Dahinter steht der österreichische Landwirt und Buchautor Sepp Holzer, Jahrgang 1942.

Indem er die Vorgänge in der Natur genau beobachtete und in seiner Landwirtschaft nachahmte, erzielte er beachtliche Erfolge. So gedeihen in seinem in den Bergen geschaffenen „Naturparadies" sogar Kiwis und Edelkastanien.

Als Holzer erfuhr, dass seine im alpinen Bereich mit großem Erfolg erprobte Methode in einigen Aspekten dem Permakultur-Konzept ähnelt, nannte er seine Methode schließlich Holzer'sche Permakultur. Text: novo

 
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