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GEROLZHOFEN
Ein Gerolzhöfer beim Papst und bei der Kanzlerin
Händeschütteln mit dem Papst: Am Rande des Welternährungsgipfels 2009 in Rom traf der gebürtige Gerolzhöfer Alexander Müller als beigeordneter FAO-Generaldirektor auf Papst Benedikt.
Foto: Vatikan | Händeschütteln mit dem Papst: Am Rande des Welternährungsgipfels 2009 in Rom traf der gebürtige Gerolzhöfer Alexander Müller als beigeordneter FAO-Generaldirektor auf Papst Benedikt.
Norbert Finster
Norbert Finster
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:11 Uhr

Er war schon Landtagsabgeordneter der Grünen in Hessen, Staatssekretär im gleichen Bundesland und im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, das die Grüne Ministerin Renate Künast leitete.

Auch die Abwahl der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und das damit verbundene Ausscheiden der Grünen aus der Regierungsverantwortung im Jahr 2005 bedeutete für den Gerolzhöfer Alexander Müller keinen Karriereknick. Im Gegenteil, er stieg 2006 zum stellvertretenden Generaldirektor der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), also der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom auf.

Händeschütteln mit Papst Benedikt

In diesen sieben Jahren lernte er fast die ganze Welt kennen und traf Persönlichkeiten wie zum Beispiel Papst Benedikt persönlich.

Als er 2013 aufhörte, ging es nahtlos weiter mit den verantwortungsvollen Aufgaben. Bundeskanzlerin Angela Merkel berief den heute 62-Jährigen in den Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE). Dieses Gremium berät die Bundesregierung in allen Fragen der Nachhaltigkeit. Es besteht aus 15 Mitgliedern aus allen gesellschaftlichen Bereichen von der Wissenschaft über die Wirtschaft bis zu den Kirchen.

Berufung durch die Kanzlerin

Wie kam Alexander Müller zu der Ehre, in dieses erlauchte nationale Gremium berufen zu werden. „Zuerst gibt es eine informelle Anfrage des Kanzleramts, ob man überhaupt bereit ist, das zu machen“, berichtet der Gerolzhöfer. Er erinnert sich auch, dass die FDP damals 2013 nicht zufrieden war mit der Parität in diesem Rat. Nach längerem Hin und Her erreichte den überzeugten Grünen dann aber doch die von der Kanzlerin unterschriebene Berufung.

Das Beraterteam der Regierung trifft sich viermal im Jahr im Plenum Ein wesentlicher Teil der Arbeit läuft aber in den Arbeitsgruppen. Hier gehört Alexander Müller nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung zur Gruppe „Internationales“.

Diese Gruppe versucht der Bundesregierung klar zu machen, dass es keinen Sinn hat, sich zu stark auf die Innenpolitik zu fokussieren.

Ein Beispiel: Die massiven Importe von Soja müsste die Regierung eigentlich stärker interessieren. Sie führen nämlich in den Produktionsländern zu intensiven Abholzungen von Wäldern mit den bekannten Folgen wie Erosion oder Klimawandel, die sich teilweise auch hier auswirken.

„Manchmal melden wir uns ungefragt“

Manchmal bittet uns die Bundesregierung um eine Stellungnahme, manchmal melden wir uns auch ungefragt zu Wort. Manchmal arbeiten wir themenbezogen, manchmal anlassbezogen“, berichtet Ratsmitglied Müller. Als beratungsresistent würde Müller die Regierung nicht bezeichnen. Die meisten Anregungen aus dem RNE finden schon Eingang in die Berliner Politik.

Doch ist es bei der unterschiedlichen Zusammensetzung des Rats für nachhaltige Entwicklung überhaupt möglich, der Regierung Empfehlungen zu geben, mit denen alle leben können? „Wir versuchen auf Konsens zu arbeiten“, sagt Müller. Das gelinge oft, aber nicht immer.

Von Schnappauf bis Weiger

Bekannte Namen von RNE-Mitgliedern sind Marlehn Thieme, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland mit Vorgeschichte bei der Deutschen Bank, Werner Schnappauf, ehemaliger bayerischer Umweltminister, Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland oder Heidemarie Wieczorek-Zeul, ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Mit Hubert Weiger versteht sich Alexander Müller besonders gut. Fast bei jedem Treffen fragt er ihn leicht frotzelnd, wann es denn endlich vorangehe mit dem Nationalpark Steigerwald.

Neben der Regierungsberatung ist es zweite wichtige Aufgabe des Rats, innerhalb der Bevölkerung Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Anliegen zu machen. Nachhaltigkeit ist eigentlich ein Begriff aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass nicht mehr Holz eingeschlagen werden darf, als nachwachsen kann. Dieses Prinzip wird heutzutage auf alle Wirtschaftsbereiche übertragen. Das heißt, es darf nicht mehr verbraucht werden, „als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann“ (Duden).

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat diesen Rat für Nachhaltige Entwicklung 2001 ins Leben gerufen.

2019 wird für Alexander Müller Schluss sein im RNE. Denn ein Mitglied darf nur für maximal zwei jeweils dreijährige Perioden in diese Runde berufen werden.

GmbH mit Töpfer und Gaßner

Falls er dann noch keine Lust auf Ruhestand hat, wird er sich weiter mit seinem Lieblingsthema Nachhaltigkeit beschäftigen können. Zusammen mit dem CDU-Politiker Professor Klaus Töpfer, unter anderem 1987 bis 1994 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, und dem Berliner Rechtsanwalt Hartmut Gaßner hat

Alexander Müller die Töpfer-Müller-Gaßner-GmbH gegründet.

Diese GmbH bearbeitet Felder wie den Ausbau und die Verbreitung von erneuerbaren Energien als eine zentrale Basis nachhaltiger Entwicklung, die Implementierung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, die Zusammenführung von Entwicklungspolitik und Nachhaltigkeit, das nachhaltige Management natürlicher Ressourcen und die Weiterentwicklung der bisherigen Abfallwirtschaft zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft.

Alexander Müller lebt zwar im fernen Berlin, doch seine Eltern Hildegard und Hermann besucht er immer wieder mal in Gerolzhofen. Zuletzt war er für einen Tag zwischen Weihnachten und Neujahr da.

Demnächst Besuch bei Geo-net

Der nächste Auftritt in der Heimatstadt wird allerdings kein Familienbesuch sein, sondern öffentlichen Charakter haben. Müller kehrt am Freitag 19. Januar, zu seinen grünen Wurzeln in Gerolzhofen zurück. Dann wird er „besonderer Gast“ beim Neujahrsempfang von Geo-net in der Stadiongaststätte sein und dabei natürlich auch zu Wort kommen (Beginn 19 Uhr).

Der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) ist ein Beratungsgremium der Bundesregierung. Ihm gehören 15 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an. Berufen werden sie für jeweils drei Jahre. Gegründet wurde das Gremium im Jahr 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Der Rat soll Beiträge für die Umsetzung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie liefern, Handlungsfelder und Projekte benennen sowie die Nachhaltigkeit zu einem wichtigen öffentlichen Anliegen machen. Für das Haushaltsjahr 2018 stehen ihm dafür Mittel von 3,86 Millionen Euro zur Verfügung. In vielen Fällen wird der Rat von der Regierung hinzugezogen. Er hat aber auch die Möglichkeit, aus eigener Initiative tätig zu werden.

Seit November 2016 gehören ihm an: Marlehn Thieme, Vorsitzende, (Mitglied im Rat der evangelischen Kirche in Deutschland), Olaf Tschimpke (Präsident des Naturschutzbunds Deutschland), Alexander Bassen (Professor für Betriebswirtschaft an der Uni Hamburg), Ulla Burchardt (Strategieberaterin und ehemalige Bundestagsabgeordnete), Gesche Joost (Professorin für Designforschung der Uni Berlin), Kathrin Menges (Personalvorstand des Henkel-Konzerns), Alexander Müller, Katherina Reiche (Geschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen und ehemalige Staatssekretärin), Lucia Reisch (Professorin in Kopenhagen und Vorsitzende im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen), Andreas Marcus Rickert (Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Analyse- und Beratungshauses

Phineo AG), Werner Schnappauf (Chefberater der Investmentbank Bank of America Merrill Lynch in Deutschland und ehemaliger bayerischer Umweltminister), Imme Scholz (Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik), Ulrich Schraml (Leiter der Abteilung Wald und Gesellschaft der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt FVA), Wolfgang Schuster (ehemaliger Stuttgarter Oberbürgermeister und Vorsitzender der Deutsche-Telekom-Stiftung), Hubert Weiger (Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland), Heidemarie Wieczorek-Zeul (ehemalige Entwicklungshilfeministerin).

Frühere Mitglieder des Rates waren unter anderen Alois Glück (bayerischer Politiker und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken), Volker Hauff (ehemaliger Bundesminister), der Unternehmer Claus Hipp, die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann, der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, Klaus Töpfer (ehemaliger Minister und Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen) oder der Fernsehmoderator Ranga Yogeshwar. mm

 
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