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GEROLZHOFEN
Ein ganzes Dorf in einem Haus
„Vertraute Bilder der dörflichen Umgebung“ sieht die Jury des Wettbewerbs „Auszeichnung Guter Bauten Franken 2015“ im Gestaltungskonzept für das Kinderhaus in Gerolzhofen. Die Würzburger Architekten Christian und Peter Brückner haben den Neubau entworfen.
Ein ganzes Dorf in einem Haus
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.01.2016 15:03 Uhr

Das Architekturbüro „Brückner & Brückner Architekten GmbH“ aus Würzburg hat für seinen Entwurf des Kinderhauses St. Regiswind einen renommierten Preis erhalten: Der Bund Deutscher Architekten verlieh dem Werk im Wettbewerb „Auszeichnung Guter Bauten Franken 2015“ eine Anerkennung.

Der Wettbewerb findet seit 1998 statt und soll zeitgenössische Architektur der Region und den Dialog mit der Öffentlichkeit fördern. Insgesamt wurden in diesem Jahr 95 Projekte eingereicht. Die Jury vergab 18 Preise: drei Auszeichnungen, sechs Anerkennungen und neun Projekte in der „engeren Wahl“. Das Gerolzhöfer Kinderhaus erhielt eine Anerkennung.

In ihrer Beurteilung zeigte sich die Jury besonders angetan, wie die Architekten das afrikanische Sprichwort „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“ zum architektonischen Thema ihres Entwurfs gemacht haben. Die Struktur Straße-Platz-Hof-Haus mit den einfachen Satteldachhäusern erinnere an die vertrauten Bilder der dörflichen Umgebung.

Und doch werde durch das modulare System und die überraschenderweise achsensymmetrischen Anlage eine höhere Ordnung spürbar, die über die unregelmäßig gewachsene Ortsstruktur hinausweise. „Das Ensemble bietet vielfältige Eindrücke und Raumerfahrung mit unverwechselbaren Orten zum Spielen, Entdecken, Begegnen, Toben, Meditieren, Lernen, Essen und Schlafen für die Kinder“, lobt die Jury.

Liebe zum Holz

Die Liebe zum Material Holz zeige sich in der Konsequenz, mit der dieser natürliche Baustoff in der Konstruktion und im Ausbau des Gebäudes eingesetzt und zur atmosphärischen Wirkung gebracht wurde. Das neue Kinderhaus am Rot-Kreuz-Weg in Gerolzhofen entstand auf dem Gelände des 1974 errichteten alten Kindergartens St. Regiswind. Da der Altbau aus funktionaler, energetischer und auch pädagogischer Sicht nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach und auch den ermittelten aktuellen und zukünftigen Platzbedarf nicht aufnehmen konnte, entschloss sich die Katholische Kirchenstiftung als Bauherrin für den Abbruch und für einen Neubau.

Die spannende Herausforderung für die Architekten Christian und Peter Brückner bestand darin, das beträchtliche Volumen eines Kinderhauses für neun Gruppen mit einer Bruttogeschossfläche von mehr als 1800 Quadratmetern architektonisch und städtebaulich gut in die kleinteilige Bebauungsstruktur des umliegenden Wohngebietes einzufügen.

Die Grundidee basiert auf der Typologie eines „Urhauses“, wie es auch kindlichen Vorstellungen entspricht. Durch die Schaffung von neun in sich abgeschlossenen und unabhängigen „Häusern“ für eine Hortgruppe, drei Regelgruppen und fünf Kleinkindgruppen werden kleine familiäre Einheiten gebildet.

Die einzelnen „Häuser“ bestehen jeweils aus einem Wohnraum mit Küchenzeile, einem Schlafraum, der auch als Intensivraum genutzt werden kann sowie einem Bad (mit Wickelraum) und einer Garderobe. Die Fläche über den eingeschobenen Schlaf- und Intensivräumen wurde als Spielempore aktiviert. Jedes Haus hat zudem Zugang zu einem eigenen Außenraum im Freien.

Vervollständigt werde das „Dorf“ sinnbildlich durch einen Marktplatz mit einem Gasthaus, heißt es in der Projektbeschreibung des Architekturbüros. Dieser Speisesaal mit angeschlossener Küche erweitere sich in den Außenbereich und münde dort in eine Freitreppe, die auf eine Spielweise führt.

Struktur eines Nestes

Räume für gemeinsame Aktivitäten außerhalb der eigenen Gruppe, wie der Bewegungs- und Turnraum sowie die Foyers und die Spielflure – gleichsam die Plätze und Gassen des Dorfes – und die Räumlichkeiten für Verwaltung, Personal und Technik ergänzen das Raumprogramm. Der Raum der Stille ist ein besonderer Raum der Andacht und Meditation, eine Kapelle mit Blick Richtung Stadt. Der Grundriss ist ein Sonnensymbol aus Schotten und Lamellen. Die Struktur aus Holz formt ein Nest und schafft Geborgenheit.

Die Außenhaut des Gebäudekomplexes bildet eine horizontal gegliederte Holzschalung in lasierter Lärche. Diese ruhige Holzverkleidung wird auch im Inneren des Kinderhauses konsequent fortgesetzt. Warme, natürliche Materialien und Farben, sprich Holz und Naturstein, wurden im Kinderhaus bewusst eingesetzt, um eine ruhige, unaufgeregte Geborgenheit zu schaffen. Auf aufgeregte Farben wurde von den Planern bewusst verzichtet. So schafft die Architektur Geborgenheit, lässt aber auch Freiraum zur Entwicklung der kleinen Persönlichkeiten.

 
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