Die Stadt trauert um ihren Ehrenbürger Dr. Ottmar Wolf. Der Geschäftsmann, der Geschichtsforschungs- und Kulturmäzen ist am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben. Seit Januar 2013 ist er Träger der Ehrenbürgerwürde Gerolzhofens, die höchste kommunale Auszeichnung, die die Stadt zu vergeben hat.
Dr. Ottmar Wolf wird in der Öffentlichkeit zunächst als großer Förderer seiner Heimatstadt wahrgenommen. Er hat mit seiner Dr.-Ottmar-Wolf-Kulturstiftung unter anderem für die Umsetzung und Finanzierung der jüngsten Stadtchronik und des Stadtmodells, das an der Nordwestecke der Stadtpfarrkirche steht, gesorgt.
Was hat ihn dazu gebracht, so viel von seiner Zeit und seinem Vermögen nicht für eigene Zwecke, sondern für seine Heimatstadt einzusetzen? „Da bin i dahoam“ – dieser Slogan aus dem Bayerischen Fernsehen hat Dr. Wolf gefallen. Daheim sein, das bedeutete für ihn, eine Umgebung zu haben, in der der Mensch nie einsam wird, sagte er einmal.
Dass das Alleinsein rasch beginnt, wenn ein Mensch keine Heimat mehr hat, hat Ottmar Wolf früh genug am eigenen Leib erfahren. Er hat Gerolzhofen mit elf Jahren verlassen, war im Internat eines Würzburger Gymnasiums. Dann die Zeit als Luftwaffenhelfer, der Einsatz in Tschechien in den letzten Kriegsjahren, die Gefangenschaft im berüchtigten Lager Bad Kreuznach. „Wenn ich damals die Hundehütte gehabt hätte, die bei uns am Elternhaus stand, wäre ich glücklich gewesen“, sagte der jetzt Gestorbene kurz vor der Verleihung der Ehrenbürgerwürde.
Als ein Mann, der es in seinem Leben zu Ansehen und Wohlstand gebracht hat, wusste er also, was Entbehrung und Heimatlosigkeit bedeuten. Im Sommer 1945 kam er mit einem Molkereifahrzeug nach Gerolzhofen zurück. „Meine Mutter Antonia hat mich nicht erkannt, so abgemagert war ich“, erinnerte er sich.
Geistesmensch und Philosoph
Ottmar Wolf war im Grunde auch ein Geistesmensch, ein Philosoph. Im Dezember 1945 ging er wieder weg aus Gerolzhofen, begann an der Universität Würzburg Germanistik, Geschichte und Theologie zu studieren. Er wollte über den aus Gerolzhofen stammenden Dichter Ludwig Derleth promovieren, der 1948 gestorben war. Doch Derleths Witwe Christine war nicht sehr kooperativ, als der Gerolzhöfer sie in San Pietro di Stabio im südlichen Tessin besuchte. So promovierte Ottmar Wolf mit „Magna cum laude“ zum Doktor der Philosophie über ein literaturhistorisches Thema der Goethezeit. Dem Dichter Derleth ist er aber immer treu geblieben. Zusammen mit Altbürgermeister Franz Stephan und dem Germanisten Norbert Finster hat er dafür gesorgt, dass das Andenken an den Dichter des „Fränkischen Koran“ in Gerolzhofen nicht verloren geht.
Wolf hatte eigentlich vor, Journalist zu werden, schrieb für das eben wieder erschienene „Volksblatt“ erste Rezensionen über Aufführungen im Torturmtheater Sommerhausen.
Doch wieder wollte es das Leben anders. Der Vater erkrankte, Sohn Ottmar wurde daheim in der Kaufmannsfamilie der Gebrüder Wolf & Sickenberg gebraucht.
Für 200 Mark Monatslohn tauchte der Doktor der Philosophie in eine für ihn völlig neue Welt ein. Ehrenbürger Dr. Ottmar Wolf kam auch in der Welt des Handelns mit Agrarprodukten, mit Nahrungs- und Genussmitteln hervorragend zurecht. Schritt für Schritt arbeitete er sich in Führungspositionen ein, stand schließlich ganz an der Spitze der ständig expandierenden und erfolgreichen Unternehmen.
Vereine und Stiftung gegründet
Von da an begann sich Wolf für seine Heimatstadt zu engagieren. Er war bereits Mitglied in vielen Vereinen, doch 1981 gründete er selbst den Historischen Verein mit und stand diesem insgesamt 18 Jahre vor. Gleiches galt für den Verein der Freunde und Förderer der Geomed-Klinik 1999, dessen Vorsitzender Wolf drei Jahre lang war. 2004 gehörte er auch zu den Mitbegründern des neuen Rotary-Clubs Gerolzhofen-Volkach.
Ein Glücksfall für die Stadt ist die Dr.-Ottmar-Wolf-Kulturstiftung, die der Förderer 2001 gründete. Aus der Stiftung fließen Mittel an alle Kulturschaffenden innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen, die sich dem Heimatgedanken im weitesten Sinne verschrieben haben. Zuletzt förderte er die Aufführung des Wandeltheaters „Du musst dran glauben“.
Für alle sichtbar sind die unaufdringlichen, kleinen Tafeln an wichtigen historischen Gebäuden in Gerolzhofen mit den wesentlichen Informationen über die Bauwerke und das von Dr. Wolf gestiftete Stadtmodell am Steigerwalddom.
Schließlich ging noch eine Vision in Erfüllung. Seit der Gründung seiner Stiftung war es das große Ziel von Ottmar Wolf, eine umfassende und aktuelle Chronik von Gerolzhofen zu schaffen und zu finanzieren. „Als ich das erste Exemplar in Händen hielt, war ich einfach nur stolz“, beschrieb der Mäzen seine Gefühlslage beim Erscheinen der neuen Stadtchronik im Jahr 2012. 26 Autoren haben dafür 48 Kapitel geschrieben.
Seit 1973 war Ottmar Wolf mit seiner Frau Dietlinde, geborene Haderlein aus Gerolzhofen, verheiratet. Zur Familie gehören Tochter Sabine und Sohn Oliver.