Die große Schweinfurter Fangemeinde des zeitgenössischen Tanzes scheint dem Theater auch im Evangelischen Gemeindehaus treu zu bleiben. Und diese Treue – fast ausverkauft am Samstag – wurde belohnt: Das Gastspiel von "DanceWorks Chicago" bot eine packende, furiose Tanzperformance, die schon im Opening "Mutter Matters" das Publikum in ihren Bann zog.
Es ist eine Vorstellungsrunde der drei Tänzerinnen und der drei Tänzer, eine spielerische Kommunikation durch Bewegung und Ausdruck. Zu den Klängen von "Blue and Sentimental" und "C Jam Blues" im Up-Tempo verwandelten die jungen Künstler (zwischen 17 und 22 Jahre) die Jazzklänge erst zu sanft-langsamen, dann fließend-schnellen Bewegungen.
"DayDream" gehört den Solisten Mia Philippon und Angel Khaytyan. Zu der Fantasie Impromptu von Frédéric Chopin interpretierte das Paar einen Pas de deux im Modern Dance-Stil: keine Unterstützung des Partners für das Gleichgewicht, keine Hebungen in die Luft, keine innige Zweisamkeit. Nähe entstand durch die Lust und die Begeisterung der beiden am gemeinsamen Tanz, durch ihre kunstvolle Umsetzung der Klaviermusik mit ihren wirkungsvollen Lautstärken- und Tempowechseln.
Eigenheiten bei der Technik des Modern Dance
In "Purigado" zeigte das Ensemble einige Eigenarten des Modern Dance: Bewegungen im Gleichgewicht, aber auch in der Off-Balance, in der der Tänzer außerhalb der Körperachse dreht oder springt. Auch das Tanzen am Boden und das "Zu-Boden-Fallen" gehören zu dieser speziellen Technik. All das präsentierte die Compagnie mit Eleganz, vorwärts drängender Kraft, Ausdauer und Leichtigkeit.
Julie Nakagawa, die künstlerischen Leiterin der Compagnie gründete nach ihrer aktiven Zeit als Tänzerin zunächst 1997 das Unternehmen "Hubbard Street 2". 2007 rief sie mit ihrem Ehemann, dem deutschen Choreografen Andreas Böttcher, dann die Compagnie "DanceWork Chicago" ins Leben.
"Wir möchten die Jugendlichen unterstützen, erwachsen zu werden – als Tänzer und als Mensch. Tänzerinnen und Tänzer haben nicht nur Arm- und Beinmuskeln: Auch Kreativität, Mut, Neugier und Gemeinschaft sind Muskeln, die trainiert werden wollen", so Nakagawa.
Uraufführung in Schweinfurt
Eine Reflexion über Mozarts "Requiem" ist hingegen das Werk "1792" von Katlin Michael Bourgeois. Auch die Männer erschienen in einer Tutu-Andeutung, passend dazu das zunächst klassische Bewegungsmuster. Menschentrauben formierten sich zu erstarrten Monumenten, Zweiergruppen gestalteten die Fuge. Faszinierende Kontrapunkte entstanden zwischen getragener Chormusik in Moll und lebensprühenden Tanzfiguren.
Danach folgte "Run it one more time", eine Comedy-Nummer, die der Choreograf Matt Wenckowski zu einem Solo verarbeitet hat. David Anthony Scheuerman tanzte als Uraufführung diese skurrile Geschichte über die Unzulänglichkeiten des Lebens mit erstaunlicher Ausdruckskraft. Man spürte die Unruhe des Tänzers, sein Scheitern, seine Verzweiflung, seine Abwehr, sein "Nichts-sehen-wollen", seine Überforderung bis hin zum Zusammenbruch.
Zum Schluss ein tänzerischer Spaß mit "Swans" zu Auszügen aus Tschaikowskis "Schwanensee". Schon der "Tanz der drei kleinen Schwäne" geriet zum Fagott-Stakkato etwas außer Kontrolle. Dass man im Schwanensee auch gut schwimmen kann, verriet eine Slapstick-Nummer. Erfrischend dann die große Gymnastik-Parade, in der sich clowneske Mimik und Körpersprache mit Poesie und Grazie verbanden. Die jungen Tänzerinnen und Tänzern wurden mit Jubel, Pfiffen und einem langen herzlichen Applaus belohnt.