Im Frühsommer soll der erste Hopfensaft in Hausen fließen. Bis dahin hat der ehrgeizige Braumeister aber noch eine Menge Arbeit vor sich. Das Anwesen in der Hausener Hauptstraße beherbergte bis 1965 über viele Jahrzehnte Brauereien mit wechselnden Besitzern sowie eine Mälzerei und eine Gaststätte, die bis vor vier Jahren noch geöffnet war.
Zurück auf Null
„Ich muss dort alles installieren. Es ist gar nichts mehr drin“, erklärt Ulrich Martin. „Es gibt gerade noch fließendes Wasser an der Wand, aber es gibt keine Brauereimaschinen mehr, die werde ich alle neu einbauen. Dabei kommt mir natürlich zugute, dass ich knapp fünf Jahre lang im Brauereianlagenbau tätig war. Das ganze Gemäuer ist sanierungsbedürftig – vom Dach bis zu den Grundmauern.“
Ulrich Martin hat es wieder in die alte Heimat zurück gezogen. Obwohl er zuletzt sogar ein „lukratives Angebot“ hatte, fürs Hofbräuhaus nach Shanghai zu gehen. Martin sagte ab: „Das entspricht nicht meinen Vorstellungen. Ich will in Franken meinen Traum verwirklichen, mein eigenes Bier zu brauen.“ Und zwar klassisches Vollbier – das ist vergleichbar mit einem süffigen Lagerbier. Auch Pils will Martin brauen, schließlich sei die größte Gruppe der Biertrinker immer noch die Pilstrinker. Weißbier und saisonal Bockbier ergänzen die geplante Produktpalette.
„Mir ist wichtig, dass man mich kennt und dass ich die Leute kenne“, erklärt Ulrich Martin seine Entscheidung, sich in Hausen niederzulassen. „Nur so kann ich den Geschmack treffen und eine Nische besetzen. Ich komme aus Mainberg, das genauso wie Hausen ein Teil der Großgemeinde Schonungen ist. Hier herrscht ein sehr gutes Flair mit netten Menschen und ich glaube, die dortigen Konsumenten passen sehr gut zu mir.“
2000 Hektoliter Bier will der ehrgeizige Brauer im Jahr brauen. Das Bier soll vorrangig in der angeschlossenen Brauereigaststätte verkauft werden. Jeder kann sich das Bier aber auch in Flaschen oder Fässern nach Hause mitnehmen. Später soll es auch bei ausgewählten Getränkehändlern in Schweinfurt verkauft werden.
Wie das kleine Unternehmen heißen wird, steht schon fest: „Brauerei Ulrich Martin“, so wie ihr Besitzer. Und damit ganz in der Tradition des Hauses, sagt der Brauer. Alle Vorbesitzer haben die Brauerei nach ihrem Vor- und Nachnamen benannt: Brauerei Lorenz Fratz, Georg Weinig oder Ernst Gehling. Und das Bier? Das soll beim Vollbier schlicht und einfach Ulrich Martin auf dem Etikett tragen, Martins Pils oder Martini Bock heißen.
Angst vor Namensgleichheit mit Mitbewerbern wie Martinsbräu aus Marktheidenfeld hat Martin nicht. „Der Name darf existieren“, erklärt er. „Es gibt ja auch verschiedene Löwenbräu. Oder Hofbräu gibt es zum Beispiel in Würzburg, Stuttgart oder München. Der Name ist mein Name und mit dem kann ich firmieren, wo und wann ich will. Das hat den großen Vorteil, dass mich die Leute vor Ort kennen und wissen, von wem das Bier ist. Das interessiert die Menschen in Stuttgart oder Hamburg natürlich nicht, da werde ich aber auch nicht hinliefern.“
Rohstoffe aus der Region
In ganz Deutschland sterben kleine Brauereien gerade wie die Fliegen. Auch in Unterfranken sind viele Betriebe in finanziellen Schwierigkeiten, müssen schließen oder werden von großen Konzernen übernommen. Beeindrucken lässt sich Ulrich Martin davon nicht. „Das sind alles Brauereien, die in anderen Größenordnungen kämpfen und eine große Vielfalt an Bieren anbieten.“ Vielfalt schon, aber oft keine eigene. „Das Weißbier wird zum Beispiel von einer anderen Brauerei gebraut und billig eingekauft. Das ist genau dasselbe, das 20 andere Brauereien auch verkaufen, es ist nur ein anderes Etikett drauf. Das honoriert der Kunde nicht mehr. Ich mache Bier aus Rohstoffen, die nur aus der Umgebung kommen, und das dadurch einen eigenen Charakter hat.“
Zur Person
Ulrich Martin Gelernt hat der 39-Jährige sein Handwerk bei der Brauerei Göller in Zeil am Main und anschließend ein Jahr als Biersieder und Maischer bei Becks Bier in Bremen gearbeitet. Nach einem Studium an der Fachakademie Doemens, einer staatlich anerkannten internationalen Meisterschule für Brauwesen in Gräfelfing bei München wurde Martin mit dem Bayerischen Meisterpreis ausgezeichnet. Erfahrung und Routine sammelte Martin für das Hofbräuhaus in Thailand und verschiedene mittelständische Brauereien in Deutschland.