Die Band hat einen Vorschlag, in den proppevollen, ausverkauften Gaden: „Es wird manchmal getanzt, wenn wir Blues machen“. Nein, heute besser nicht: „Es ist zu warm.“ Das Wasser, dass oben schön melancholisch durch die Decke tropft, in die Eimer, trägt nur vorübergehend zur Abkühlung bei. Es darf ansonsten ruhig ein bisschen feuchtwarm und glibberig zugehen, beim Clubkonzert mit „Jelly Blue“, zur Geldersheimer Blues Night. Musik mit schwarzer Seele ist schließlich ein Kind des heißen Südens. Der blaue Gelee im Bandlogo steht dabei für alle möglichen Arten von Süßigkeiten, die im Leben darauf warten, möglichst gefühlvoll vernascht zu werden. Was einige Assoziationen zulässt. Eine „Blue Jellyfish“ wäre allerdings eine Qualle. Manchmal sorgen zarte Berührungen auch für Qualen.
Rasche Gefühlsschwankungen zwischen Liebe, Frust, Lust und Leid sind das ureigenste Thema von Blues, Swing, Jazz, Ragtime und R&B. Um gebrochene Herzen geht es so ziemlich von Anfang an. Beim coolen Bob Dylan ist gleich alles zerbrochen, „everything is broken.“
Wenn man mal was Schönes im Publikum erspäht, bleibt das wunderbare Geschöpf unerreichbar nah. So wie bei Keyboarder Mats Drescher, der eine solche Begegnung in einer lässigen Eigenkomposition verarbeitet hat, mit „A sight for the gods“, „ein Anblick für die Götter“. Die gereiften Musiker von „Jelly Blue“ versammeln 300 Jahre handwerklicher Erfahrung aus verschiedenen regionalen Bands. Frontmann Pit Belz etwa könnte man von der „Flat Head Blues Gang“ kennen, Schlagzeuger Klaus Friedel ist unter anderem bei „4ForFun“ dabei. Bassist Eugen Breininger spielt bei den „Stammheimern“, Lupper Schaub in der Ochsenfurt Bigband.
Let the good times roll
Unter dem Motto „Let the good times roll“ werden die guten alten Blues-Zeiten ausgerollt. „All of me“ dreht sich um einen Mann, der das Gefühl hat, dass er seine Körperteile nicht mehr braucht: weil keine(r) mehr davon Gebrauch macht, etwa von seinem Herzen. Außer in der glühenden Hitze des Gewitter-Juni 2018 darf das Publikum auch beim schmalzigen „What a difference a day makes“ dahinschmelzen: Schon in 24 Stunden kann sich einiges verändern, zwischen Mann und Frau. Aber aufgepasst: Manch vermeintliches niedliches kleines Mädchen enthüllt sich schnell als „spooky“. Wenns nicht spuckt, so spukt es doch manchmal im Kopf herum.
Howlin? Wolf, Blues-Alphatier aus den Staaten, „is „a scho dod“, hat aber Standards wie „Who?s been talking?“ hinterlassen. Ein Mann trauert seiner Verflossenen hinterher, die im Zug abrauscht. Hinterher kommt beim „Heulenden Wolf“ raus: Der Kerl war der Dreggsagg. Zum Glück kann man auch am Nachmittag Spaß haben, wie bei „Love in the Afternoon“. Merke: „Wenn Du Angst vorm Sterben hast, dann hör auf zu leben, als wärst du bereits tot.“ Nigel Watson und die „Splinter Group“ hat es immerhin geschafft, den britischen LSD-Barden Peter Green aus dem Sumpf zu holen: etwa für einen „Downsize Blues“, ein Loblied aufs Abnehmen und das Austreiben persönlicher Dämonen.
Belebendes in der Fachwerk-Sauna
Neben Klassikern wie Willie Dixons frivolem „Hoochie Coochie Man“, gibt es auch noch einen Ausflug in den Punk Rock. Bevor als Zugabe Duke Ellington zum Fischen einlädt und mit „Ain?t nobody?s business“ ein Loblied auf die Privatsphäre gesungen wird, zwischen Kirchgang und Cabaret. Außen heiß, innen cool: Am Ende war das Wechselbad der Gefühle in der Fachwerk-Sauna ganz schön belebend.