Es ist für jeden halbwegs vernunftbegabten Menschen ein Rätsel, wie es passieren konnte, dass in den vergangenen Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, Frauen als Künstlerinnen so wenig Beachtung fanden. Die gesellschaftlichen Konventionen nicht nur in Deutschland und Europa sorgten systematisch dafür, dass Frauen als Künstlerinnen keine oder viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Auch wenn sich in der Gegenwart viel verändert hat, es mehr Künstlerinnen als Künstler in Akademien und bei Ausstellungen gibt, ist es noch ein langer und beschwerlicher Weg, bis man von echter Gleichberechtigung sprechen kann – und vor allem davon, dass man darüber spricht, was das Kunstwerk aussagt und nicht, dass es von einer Frau ist. Als ob das ein definierender Faktor wäre.
Die Zahlen sind bekanntlich niederschmetternd: Die Galerie im Lenbachhaus in München hat gut 28.000 Kunstwerke im Bestand. Nur ein Prozent der Werke, die bis 1900 entstanden, sind von Frauen. Nimmt man die bis Ende des Zweiten Weltkriegs Entstandenen dazu, sind es sechs Prozent. Zwischen 1946 und 2015 erhöhte sich der Wert auf elf Prozent. Schon 1989 griffen die Guerilla Girls das Thema provokant auf, um darauf hinzuweisen, dass im berühmten Museum of Modern Art in New York damals nur fünf Prozent der Werke von Künstlerinnen waren, dafür aber 85 Prozent der Porträts nackte Frauen zeigten.
Nun, mit der Neugestaltung des MoMA zu Beginn der 2020er Jahre hat sich das zum Glück geändert. Und sehr positiv ist natürlich, dass das Thema Sichtbarkeit von Künstlerinnen auch in Schweinfurt gelebt wird. Im vergangenen Jahr war das auf der Triennale zu erleben, nun in der beachtenswerten Ausstellung „InformELLE“ in der Großen Halle der Kunsthalle, die mit 80 Objekten von 16 Künstlerinnen einen ganz anderen, ebenso wichtigen Blickwinkel dieser vor allem für die deutsche Kunstgeschichte der 1950er und 1960er Jahre bedeutenden Richtung Informel zeigt. Die ausgestellten Werke sind von Künstlerinnen, die auch auf der Documenta oder der Biennale Werke zeigten. Sie nun mit dieser großen Werkschau bis Ende Juni zu würdigen, ist ein wichtiger Schritt, ihnen die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie verdienen.
Ab März beginnen auch die Schweinfurter Frauenwochen, die in diesem Jahr ebenso eine besondere Kooperation mit dem Schweinfurter Theater eingegangen sind. So wichtig es ist, Künstlerinnen mit ihren Werken in Ausstellungen zu zeigen, so wichtig ist es, dass Theaterleiter Christof Wahlefeld Stücke über starke Frauen ins Programm genommen hat, die Bemerkenswertes geleistet haben in Zeiten, wo das nicht selbstverständlich war. Eines ist zum Beispiel „Marie Curie“ am 13. März, ein anderes „Selfie“ am 18. und 19. März mit dem Fokus auf junge Erwachsene in modernen Zeiten.