Die Große Strafkammer am Landgericht Schweinfurt ist davon überzeugt, dass eine 35-jährige Angeklagte im Keller eines Hauses in der Euerbacher Straße in Schweinfurt einen Brand gelegt hat. Dabei wollte sie sich an Victor N. rächen, dem sie die Schuld am Tod ihres Bruders gibt.
"Mit der Brandlegung hat die Angeklagte den Tod von 19 Menschen zumindest billigend in Kauf genommen", stellt das Gericht in seiner Urteilsbegründung fest. Sie habe das Mordmerkmal des Handelns mit gemeingefährlichen Mitteln durch das Anzünden von Kleidungsstücken im Keller des Victor N.s erfüllt.
Kleiderstapel in Keller angezündet
Anders als die Staatsanwaltschaft sieht das Gericht die weiteren Mordmerkmale der Heimtücke und des niedrigen Beweggrunds zumindest nicht als ausreichend nachgewiesen an. Das alles rechtfertige die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit verschiedenen Brandstiftungs- und Körperverletzungsdelikten zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren.
Das Gericht folgte den Ausführungen der Angeklagten nicht, die ein allenfalls fahrlässiges Handeln beim Rauchen eingeräumt hatte. Es schloss sich vielmehr den Aussagen der Zeugen an. Zwar seien diese aufgrund der eigenen Alkoholisierung, Ungenauigkeiten bei den Zeitangaben und einem geringen Erinnerungsvermögen "schwierig" gewesen, dennoch reichten dem Gericht ihre Angaben aus, um sich ein klares Bild vom Tatgeschehen zu machen.
Die Angeklagte sei, erheblich alkoholisiert, mit ihrem Freund in den Keller des Victor N. gegangen, um diesem wohl wieder Vorhaltungen wegen des Todes ihres Bruders zu machen. Schon dort habe sie einen Kleiderstapel angezündet. Ihr Freund habe den Brand aber umgehend gelöscht. Später sei sie allein in den Keller zurückgekehrt und habe dort erneut einen Brand gelegt.
Als wichtiges Indiz für die Täterschaft der Angeklagten sieht die Kammer ihr von Zeugen geschildertes Verhalten, das sie nach der offenbar erneuten Rückkehr aus dem Keller in die Wohnung eines Bekannten in Tatortnähe gezeigt habe. Zunächst habe sie gefragt: "Hört ihr Schreie?". Danach habe sie das Fenster geöffnet und gefragt "ist da schon Rauch?".
Angeklagte hat bereits mehrere Vorstrafen
"Dass Sie an den vier Sitzungstagen oft sehr entspannt und heiter der Verhandlung gefolgt sind, hat mich bei dem Tatvorwurf schon sehr erstaunt", kommentierte die Vorsitzende die Gemütslage der Angeklagten. Gegen Ende der Urteilsbegründung brach die 35-Jährige angesichts der Höhe des Strafmaßes dann aber doch in Tränen aus.
Bei der Festlegung des Strafmaßes sprachen nicht viele Gesichtspunkte zu Gunsten der Angeklagten. Lediglich der Umstand, dass es nicht zu einem vollendeten Mord an den 19 Menschen gekommen sei, war für das Gericht Anlass, die lebenslange Strafandrohung zu mildern.
Eine weitere Einschränkung des Strafrahmens habe sich dadurch ergeben, dass der Gutachter der alkoholabhängigen Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert habe. Im Rahmen dieser Milderungen habe sich das Strafmaß allerdings an der oberen Grenze orientiert. Dies begründete die Kammer mit der Vielzahl an gefährdeten Personen, der extremen Höhe des Sachschadens und den erheblichen strafrechtlichen Vorbelastungen der Angeklagten.
Bevor die 35-Jährige wegen ihrer Alkoholabhängigkeit in den Maßregelvollzug kommen wird, muss sie zunächst nach Anordnung des Gerichts eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten im Gefängnis verbüßen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass aus anderen Straftaten noch offene Berufungen widerrufen werden. Die Angeklagte werde also voraussichtlich viele Jahre in Haft verbringen müssen.