Jedes Jahr verlieren in Deutschland zahlreiche Jungtiere während der Mähsaison ihr Leben. Besonders in der Zeit von Ende April bis Mitte Juni "setzen" und brüten die meisten Wildtiere in den Wiesen und anderen Feldfutterbeständen. Laut deutschem Jagdverband sind die Tiere – vor allem Rehkitze – in den ersten Lebenswochen besonders gefährdet. Sie haben keinen Fluchtinstinkt und bleiben bei Gefahr regungslos liegen. Dieser Instinkt helfe bei Gefahr durch Raubtiere, nicht jedoch bei heranfahrenden Mähwerken.
"Jedes Jahr, wenn die Mähsaison beginnt, blutet mir das Herz", sagt Claudia Fella aus Wülfershausen. Die Familienmutter beschäftigt sich mit dieser Problematik seit dem Tag, an dem sie Zeugin eines Wildunfalls durch eine Mähmaschine wurde. Damals beobachtete sie aus ihrem Auto eine trauernde Rehmutter auf offener Flur. Sie stand neben ihrem kürzlich getöteten Kitz. "Sie tun instinktiv genau das Richtige für ihren Nachwuchs, doch die Mähmaschinen der Menschen haben sie nicht auf der Rechnung", so Fella. Sie müssten mit ansehen, wie das Kitz den Messern zum Opfer fällt. Dabei seien Jungtiere nicht immer sofort tot, müssten bis zum Ende stark verstümmelt leidend. Doch die 45-jährige Fella setzt sich nun für eine praktikable Lösung ein, um das zu verhindern.
Fella spricht von Drohnen, die mithilfe von Wärmebildkameras Wildtiere aus der Luft aufspüren. So könnten die Liegestellen gezielt angelaufen und das Tier herausgetragen werden, bevor dort gemäht wird. Die Tiere, betont Fella, dürfen dabei keinesfalls mit menschlichem Geruch in Verbindung kommen. Andernfalls würde das Muttertier das Jungtier nicht mehr annehmen. Einmalhandschuhe sollen dabei helfen.
Die Jagdgenossenschaft finanzierte die Drohne
Im vergangenen Jahr stieß Fella auf die Homepage des Jagdverbandes Marktheidenfeld. Dort wird diese Maßnahme zum Schutz der Wildtiere seit einigen Jahren von Jägern und Tierschützern praktiziert. "Es verleiht ein Glücksgefühl, zu wissen, dass das Tier unausweichlich vermäht worden wäre und man es doch vorm sicheren Tod bewahrt hat", sagt Fella. Um noch mehr über Flora und Fauna in der heimischen Natur zu erfahren, machte Fella, die als Diabetesberaterin im Schweinfurter St. Josef Krankenhaus arbeitet, einen Jagdschein.
Mit viel Engagement versuchte sie, auch die Jagdgenossenschaft Wülfershausen von der Anschaffung einer rund 5000 Euro teuren Drohne zu überzeugen. Mit Erfolg. Noch vor dem Lieferstopp aus China traf das Paket ein, erzählt Fella. Nun mache sich eine Gruppe engagierter, freiwilliger Helfer mit der Handhabung vertraut, um erste Probeflüge durchzuführen. "Der Kontaktabstand bleibt dabei gewahrt. Wir sind in der freien Flur unterwegs und können großzügigen Abstand zueinander halten", bekräftigt Fella. Die Kommunikation zwischen Piloten und Läufern, die die gefährdeten Tiere in Sicherheit bringen, erfolge ohnehin über ein Funkgerät."
Auf die Hilfe der Landwirte angewiesen
Für Fella wächst nun der Wunsch, möglichst viele Kitze vor dem unnötigen Tod zu retten. Es sei wichtig, dass die Landwirte mithelfen und sich rechtzeitig beim zuständigen Revierjäger melden. "Einmal kurz den Telefonhörer in die Hand nehmen und Bescheid geben, das dürfte doch kein Problem sein", hofft Fella. Das Ausmähen der Jungtiere zu vermeiden sei schließlich immer schon die Aufgabe gewesen. Fellas Drohnen-Gruppe benötige einen Vorlauf von zwei Tagen, um sich für die Rettungsaktion zu rüsten. "Unser Ziel ist es natürlich, mit der Aktion eine gewisse Vorreiterrolle für andere Ortschaften zu übernehmen."
Deshalb tausche sie sich aktuell auch mit dem Jagdverband Schweinfurt aus. Fella verweist zudem auf das Netzwerk "Rehkitzrettung Unterfranken e. V.", über das sich Interessierte und Engagierte über vergleichbare Aktivitäten auch in anderen Gegenden austauschen können.