
Sogar die kleine Paula traut sich ein paar Schritte ins kalte Wasser, beim traditionellen Dreikönigsschwimmen der Sennfelder Wasserwacht. Der mutige junge Jagdhund apportiert fleißig Stöckchen, während ein Geschwader Rettungsschwimmer in einigen Meter Entfernung an dem Vierbeiner und einem munter prasselndem Lagerfeuer vorbeiflösselt und -krault.
Acht Wasserwachtler treten hier zur Winterübung an, die von Leiterin Anette Kohler-Ebner an der Wachstation eröffnet wurde: Zum 33. Mal stürzen sich hier „Iron Men“ in die etwa drei Grad kühlen Fluten des Sennfelder Sees. Es war schon wärmer, aber auch wesentlicher kälter zu Jahresbeginn, mitunter lag dichter Schnee. „Eisschollen haben wir keine“, feuert Kohler-Ebner ihre Mannen an. Strömung oder Wellengang seien auch nicht zu befürchten. Sonnige Baywatch-Atmosphäre herrscht allerdings nicht gerade, als die Schwimmer am Publikum vorbei aus der Umkleide eilen. Der See an der Schweizerstraße ist schon im Sommer ein schattiges Gewässer.
Acht von 15 Bewerbern sind übriggeblieben, die nun am Sandstrand, im dicken Neoprenanzug, teilweise mit zusätzlicher Eisweste, in schwere Geräteflossen schlüpfen, ihre Schnorchel an den Gesichtsmasken befestigen und Spucke auf den Gläsern verreiben, um ein Beschlagen der Brille im Wasser zu verhindern.
Dann geht's beherzt hinein ins Trübe, mit eigenem Notfallhelfer für die Wasserretter, auf dem neuen, roten Schwimmbrett: Das ist gerade erst für rund 1500 Euro angeschafft worden. Dafür gibt es ein Extralob für Bürgermeister Emil Heinemann, der unter den zahlreichen Schaulustigen am Ufer weilt, darunter auch viele Kinder.
Der Schwarm schnorchelt einige hundert Meter los, Richtung Pfinz-Teich, zieht im grünlich-graubraunen, etwa drei Meter tiefen Wasser einige Wellen hinter sich her. Einer scheidet auf dem Rückweg aus der Formation aus. Zu kalt? „Keine Luft mehr“, sagt der Landgänger. Die eng anliegenden Kopfhauben sind wohl nicht ideal fürs schnelle Kraulen mit Flossenschlag.
„Frisch wars schon“, heißt es, als die Übrigen dem See am Ausgangspunkt wieder entsteigen: aber die Luftschicht zwischen Gummihaut und echter Haut halte warm. Wenn nicht gerade wieder ein eisiger Schwall in den Anzug strömt.
Zum Abschluss gibt es noch eine Schauübung. Die Wasserwachtler tragen jetzt teilweise Kunststoffhelme und Auftriebswesten. Zwei Streithansel befördern sich gegenseitig in den See. So lautete das angenommene Szenario. „Hilfe, Hilfe!“
Mit dem Brett wird der eine herausgezogen. Dann rauscht das Schlauchboot herbei, mit Blaulicht, fischt den zweiten heraus, schnallt ihn auf der Trage fest. Am Ufer wird der Gerettete erst einmal in Wärmefolie und eine Decke gewickelt. Das Zittern sieht sehr realistisch aus.
Schlussapplaus. Dann dürfen Parwies Klingele, Felix Bandorf, Roland Moller, Matthias Hammer, Bastian Beck, Andreas Gundermann, Claus Schenk und Jürgen Grös sowie Bootsführer Alexander Ebner ins Trockene. „Es geht hier schon um die Übung, die Gewöhnung an Einsatzverhältnisse“, betont Kohler-Ebner.
Ein „trauriges Jahr“ sei 2013 gewesen, heißt es in der Runde, als das Mikro aus ist – mit acht Ertrunkenen, dazu kam der Einsatz in den niederbayerischen Hochwassergebieten. Im langgestreckten See selbst gab es Ende Januar 1861 eine regelrechte Schiffskatastrophe, mit 22 Opfern, gekenterte Kahnfahrer aus Sennfeld.
Der ehrenamtliche Bergungs- und Rettungsjob im nassen, dunklen, launischen Element nimmt wenig Rücksicht auf persönliche Emotionen, geschweige denn Außentemperaturen: Allen Wasserrettern gehe es da gleichermaßen ums Helfen, sagt Vorsitzende Anette Kohler-Ebner, gleich ob Wasserwacht (als Teil des Bayerischen Roten Kreuzes) oder DLRG.
Wasserwacht
Die Wasserwacht blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück und stellt mit 120 000 Mitgliedern eine der stärksten Rotkreuz-Gemeinschaften. Zwei Millionen Stunden leisten die Mitglieder jährlich. Deutschlandweit gibt es über 1200 Wach-Stationen.