Was genau bedeutet Bestandsschutz für ein Gebäude? Das ist Dreh- und Angelpunkt bei einem Bauantrag für den Umbau eines alten Wohnhauses, über den der Gemeinderat Sennfeld entscheiden musste. Das 1935 gebaute Haus im Bereich der privaten Gartenanlagen weit außerhalb von Sennfeld und in der weiteren Zone des Wasserschutzgebiets gelegen, will ein Unternehmer sanieren und in seiner Dachform verändern.
In der Gemeinderatssitzung folgte auf eine äußerst ausführliche Stellungnahme der Gemeindeverwaltung zum Bauantrag des Sennfelder Unternehmers eine ebenso lange Diskussion unter den Räten. Der Geschäftsmann hatte 2017 das bewohnte Gebäude im Häckerspfad gekauft. 2020 hatte er eine Bauvoranfrage an die Gemeinde gestellt, in der er einen größeren Ersatzneubau an der Stelle errichten wollte, was der Gemeinderat ablehnte. Damals wurde ein Umbau in Form eines Bauunterhalts in Aussicht gestellt.
Landratsamt: "Er schließt bauliche Erweiterungen aus."
In einer Stellungnahme zum aktuellen Bauantrag erläutert das Landratsamt Schweinfurt, was grundsätzlich unter baulichen Bestandsschutz zu verstehen ist: "… nur die Erhaltung des Gebäudebestands in der Form von Reparaturen beschädigter Gebäudeteile und Instandhaltungsarbeiten. Er erfasst grundsätzlich nicht Bestands- oder Funktionsänderungen; er schließt bauliche Erweiterungen aus."
Im aktuellen Bauantrag ist nun anders als bisher ein neues Satteldach mit durchlaufendem First von Nord nach Süd und mit Dachgauben geplant. Auch ein bestehender Flachdachanbau soll entgegen des jetzigen Zustands vollständig mit dem Dach überbaut werden, um Wohnraum zu schaffen. Die bisherige Wohnfläche von 219 Quadratmetern würde nach dem Umbau um drei Quadratmeter vergrößert.
Barrierefreier Umbau geplant
Nach Angaben des Bauherrn soll mit der energetischen Sanierung und der Anpassung der Dachform ein barrierefreier Umbau einhergehen. Denn er wolle bei Bedarf seine pflegebedürftige Mutter dort unterbringen und pflegen.
Was die Erschließung des Grundstücks anbelangt, so erfolgt die Wasserversorgung des Wohnhauses über zwei eigene Brunnen auf dem Grundstück. Über diese beiden Brunnen wird sowohl Trinkwasser wie auch Wasser zum Bewässern gewonnen. Was so bleiben soll, allerdings mit Einbau einer Wasseruhr und regelmäßiger Prüfung der Wasserqualität, mahnte die Gemeinde an. Für die Entsorgung des Abwassers müsste eine neue Hauskläranlage eingebaut werden. Und wegen der jetzigen Zufahrt über einen geschotterten Flurweg dürfte der Bauherr keine Ansprüche an die Gemeinde stellen. Für alle diese Anliegen müsste ein Erschließungsvertrag mit dem Bauherrn geschlossen werden.
Schömig: "Unser Wasserschutzgebiet, unser Interesse"
Mit Vehemenz sprach sich in der Diskussion Gemeinderat Gerold Schömig gegen das Bauvorhaben aus. Das Anwesen liege im erweiterten Wasserschutzgebiet, oberhalb der Schutzzone 3 der gemeindeeigenen Trinkwasserversorgung, aber im Zustrom des Wassers. Damit bestehe Gefahr oder eine Beeinträchtigung für das Trinkwasser. "Das ist unser Wasserschutzgebiet, unser Interesse", sagt er.
Aufgrund der Wohnfläche würden künftig auch eher vier als zwei Personen dort wohnen, entsprechender Verkehr, und damit Gefährdungspotential, sei zu erwarten. Selbst wenn Sonderverträge zur Erschließung mit der Gemeinde abgeschlossen würden, sei das keine Gewähr, dass nicht im Nachhinein Klagen auf die Gemeinde zukämen, etwa durch künftige Besitzer oder bei anderen Ansprüchen, meinte Schömig.
Christian Birkmeyer kritisierte, das Landratsamt überlasse es dem Gemeinderat, über den Bauantrag zu entscheiden. Aber bei den Fachbehörden und beim Wasserwirtschaftsamt arbeiteten doch die Fachleute, die beispielsweise über das Thema Wasser entscheiden könnten, meinte er. Dagegen verwies Verena Wachter-Spiegel darauf, dass für sie die Definition von Bestandsschutz eigentlich keine Genehmigung erlaube.
Für Steffen Reichert und für Daniela Geyer war eine veränderte Kubatur des Hauses dagegen kein Grund für eine Ablehnung des Bauantrags mit der Begründung des Wasserschutzes. Zumal das Gebäude bereits bewohnt werde.
Nachdem im Beschlussvorschlag ausdrücklich stand, dass das Landratsamt Schweinfurt das Bauvorhaben im Rahmen des Bestandsschutzes bewertet und entscheidet, gab der Gemeinderat sein Einvernehmen zum Bauantrag. Nur Gerold Schömig verweigerte dies ausdrücklich.
In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Wohnhaus und Grundstück werden über einen Brunnen auf dem Nachbargrundstück versorgt. Tatsächlich erfolgt die Wasserversorgung aber über zwei eigene Brunnen auf dem Grundstück. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
Peter Ebner