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SCHWEINFURT
Disharmonie-Chor: Schnaufen wie die Druckmaschine
Beim neuen Chor der Disharmonie wird nicht nur gesungen, auf viele andere Weise aber laut gegeben. So wie das bei Druckerfest der Fall war. Links der junge Chorleiter Theodor Spannagel.
Foto: Hannes Helferich | Beim neuen Chor der Disharmonie wird nicht nur gesungen, auf viele andere Weise aber laut gegeben. So wie das bei Druckerfest der Fall war. Links der junge Chorleiter Theodor Spannagel.
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 02.07.2017 02:58 Uhr

„Experimentieren mit Rhythmus“ ist so eine Ansage, wenn der noch junge Chor der Kulturwerkstatt Disharmonie probt. Vorher laufen die Sängerinnen und Sänger dann auch mal zur Auflockerung im Kreis herum. Dann werden die Gesichtsmuskeln gedehnt. So ganz normal ist eigentlich nichts bei diesem Kreis Sangeswilliger, was in der Disharmonie so sein soll, aber auch viel mit dem jungen Chorleiter und Musiker Theodor Spannagel zu tun. Er studierte Kontrabass, beherrscht aber auch das Klavier perfekt und kommt zu jeder Probe eigens aus Giebelstadt angereist.

„Welturaufführung“ eines besonderen Druckerlieds

Beim Johannisfest für die Buchdrucker und Schriftsetzer im WerkDruck traten die Disharmoniker nun erstmals öffentlich auf (wir berichteten). Das hatte auch damit zu tun, dass WerkDruck-Leiter Werner Enke Mitglied im Chor und dort so eine Art Organisationschef ist.

Einstudiert haben die mittlerweile gut 20 Sängerinnen und Sänger idealerweise ein Geburtstagslied zu Ehren von Johannes Gutenberg, dem Erfinder der Buchdruckerkunst. Sehr passend auch das als Welturaufführung angekündigte Druckerlied, eine Eigenkomposition von Chorleiter Spannagel.

Schon der Einstieg ist genial. Zischen, Knattern, Schnalzen, eine Druckmaschine im Betrieb stellt man sich vor. Das Werk besteht nur aus dem Satz von Georg Christoph Lichtenberg, nach dem das Blei die Welt mehr verändert hat als das Gold.

Jedes Lied ist auch ein bisschen Inszenierung

Dann ein Lied aus der Gegend, aus Theres. Franz Ludwig von Ditfurth sammelte im 19. Jahrhundert über 400 weltliche und 180 geistliche hier in Franken gesungener Lieder, Handwerker – wie sie Drucker und Setzer ja sind – sangen sie nach. Sicher auch das dargebrachte Lied „Bruder was führst Du in Deinem Sinn“. Der Refrain heißt jedes Mal: „Lasst das Glas uns heben“. Auch das passte zum Johannisfest.

Die schon jetzt sehr begeisterten DruckWerk-Besucher hören danach die Kinderhymne, ein Gedicht Bertolt Brechts von 1950, im Herbst desselben Jahres von Hanns Eisler vertont. Brecht schrieb seine Hymne bewusst als Gegenstück zur bundesdeutschen Nationalhymne, die für ihn durch den Nationalsozialismus korrumpiert war. Das Versmaß der Kinderhymne entspricht dem des Deutschlandliedes und nahezu dem der Nationalhymne der DDR. Alle drei Texte können (und wurden) daher auch auf die Melodien der jeweils anderen gesungen werden. Wer den Disharmonie-Chor hört, erfährt also auch Historisches.

Zweimal im Monat Probe, das nächste Mal am 10. Juli

Das Finale ist Zeitgeschichte: „Fatoume“ heißt der Schlager aus dem arabischen Raum, ein Liebeslied, das der Chor im Kanon in Originalsprache singt, begleitet von Trommelschlägen, Klatschen, Flötentönen, wie das zu diesem ein klein wenig verrückten Chor passt. Viel Beifall für die experimentierfreudige Sangesfreunde und -freundinnen und als Zugabe der Hinweis auf die monatlich zwei Proben jeweils am Montag ab 18.30 Uhr. Das nächste Mal am 10. und 24. Juli. Neulinge auch ohne Notenkenntnis sind immer willkommen.

 
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