Das hört man doch gern: „Ihr seid kurz davor, Krefeld zu schlagen.“ Wer wollte das nicht. Das Lob kommt von Tom Krimi, neben Nora Tschirner und Erik Lautenschläger Mitglied des Kerntrios der Band „Prag“, die am Donnerstag in der Disharmonie das Mainbühnen-Programm zur Landesausstellung eröffnet hat. Wegen des Hochwassers aber eben nicht auf der Mainbühne, sondern drinnen, „in diesem coolen Wohnzimmer mit Balkon“, wie Nora Tschirner angetan feststellt.
Das Lob gilt dem Publikum, das zum Schluss des knapp zweistündigen Konzerts seinen dreistimmigen sängerischen Aufgaben in „Schicht im Schacht“ offensichtlich besonders engagiert und kompetent nachkommt. Krimi: „Diese Fülle untenrum ist fantastisch.“ Besser als Krefeld eben.
Das Trio Tschirner/Krimi/Lautenschläger an Gitarren, diversen Perkussionsinstrumenten und Stimme wird ergänzt um Trompete, Keyboards, Schlagzeug, Bass, Geige, Bratsche und Cello, so dass sich zehn Leute die kleine Bühne teilen. Nora Tschirner: „Wir haben extra für euch die Situation im Tourbus nachgestellt.“
„Prag“ machen laut Ankündigung „cineastischen Breitwand-Pop“, was es ganz gut trifft. Der Geist der (Film-)Schlager der 50er bis 70er trifft auf die Offbeat-Dynamik des Ska, eine Prise Elektro-Musette, ein wenig Balkan-Beat, Country und eine ordentliche Portion Deutschpop. Das ist vielleicht nicht ganz so einzigartig, wie die PR verspricht, aber durchaus originell, sauber musiziert und ziemlich mitreißend.
Nora Tschirner steuert wohlgesetzte Einsprengsel auf der – tiefer gestimmten – Danelectro-Bariton-Gitarre, der Riesenmundharmonika und diversen Schlaginstrumenten bei, vor allem aber spontane und witzige Zwischentexte.
Angesichts der drückenden Hitze sind Balkontür (also die Tür zur Feuertreppe) und mainseitige Fenster offengeblieben, weswegen man die vorbeifahrenden Züge gut hören kann.
Tschirner: „Ah, deswegen war die Wohnung so billig.“ Lautenschläger und Krimi tragen eigenwillig gemusterte Anzüge, die möglicherweise den Bandnamen ironisieren, die ziemlich schwangere Nora Tschirner ein Matrosenkleid – „das mit dem umgeschnallten Kissen funktioniert echt super“.
Und während das Publikum kollektiv ein klein wenig verliebt ist in Nora Tschirner, singt Erik Lautenschläger „wir waren alle so verliebt in Sophie Marceau“. Seine Texte – soweit in der nicht eben optimalen Abmischung verständlich – vereinen Poesie („Ihr Schweigen ist gekonnt“), dekorative Nachdenklichkeit („nutz' die Zeit, ich kann es nicht“), einen Hauch durchaus sympathischen Selbstmitleids („die Erde dreht sich immer fort von mir“), gutmütig subversiven Witz („der Einkauf war wieder mal ganz wunderbar“) und praktische Lebensweisheit: „Schau den Tatort mal im Bett, das beruhigt die Nerven.“
Überhaupt hat der Abend erheblichen praktischen Wert. Als wieder mal ein Zug vorbeifährt, klärt sich auch der tiefere Sinn des Titels „Main und Meer“ der Landesausstellung. „Das klingt wie eine große Welle am Meer“, schwärmt Nora Tschirner.
Darauf Erik Lautenschläger: „So ist das gemeint, jetzt verstehe ich das erst.“